JudikaturOGH

3Ob233/02i – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Juli 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Friedrich W*****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 19. Juni 2002, GZ 17 R 108/02g-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 31. Dezember 2001, GZ 14 C 601/01a-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der nunmehrige Oppositionskläger (im Folgenden nur Kläger) wurde mit vollstreckbaren Urteilen des Landesgerichts Wiener Neustadt und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht zur Zahlung von Kosten von 70.337,28 S und 11.830,56 S an den nunmehrigen Oppositionsbeklagten (im Folgenden nur Beklagter) verfällt. Diese Forderung(en) wurden auf Antrag des dort betreibenden Gläubigers Peter P***** zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 100.520 S sA mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 1. August 2000 gemäß § 294 EO gepfändet und dem betreibenden Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Diese Exekutionsbewilligung wurde dem Kläger als Drittschuldner am 4. August 2000 zugestellt; die Zustellung an den Beklagten als Verpflichteten gelang nicht. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 27. September 2000 wurde auf Antrag des Beklagten als Betreibenden antragsgemäß wider den Kläger als Verpflichteten zur Hereinbringung seiner eingangs angeführten Kostenforderung von insgesamt 82.167,84 S die Zwangsversteigerung von Liegenschaften des Klägers bewilligt, das Exekutionsverfahren jedoch wegen Nichterlags des Kostenvorschusses durch den Beklagten mit Beschluss vom 13. November 2000 eingestellt. Der Kläger erhob gegen den mit dieser Zwangsversteigerung betriebenen Anspruch am 2. November 2000 eine 1. Oppositionsklage, weil die betriebene Kostenforderung bereits gepfändet und Peter P***** zur Einziehung überwiesen worden sei; der Kläger habe die gepfändete Forderung in Erfüllung seiner Drittschuldnerverpflichtung zur Gänze bezahlt; der Anspruch sei daher erloschen. Der Kläger schränkte im Verfahren das Begehren auf Kosten ein. Mit Urteil vom 27. Juli 2001 verpflichtete die erste Instanz den Kläger zum Kostenersatz von 8.531,04 S an den Beklagten. Über Kostenrekurs des Beklagten erhöhte das Rekursgericht diese Kostenersatzverpflichtung auf 11.284,56 S. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 17. Mai 2001 wurde dem Beklagten als Betreibenden zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Kostenforderung von insgesamt 82.167,84 S die Fahrnisexekution bewilligt.

Mit der nunmehrigen 2. Oppositionsklage vom 25. Juni 2001 begehrte der Kläger beim Erstgericht den Anspruch, zu dessen Hereinbringung die Fahrnisexekution bewilligt worden sei, sei - nach Vollzahlung an Peter P***** - erloschen.

Der Beklagte wendete ein, es liege im Hinblick auf die bereits anhängige 1. Oppositionsklage das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit vor. Da der Kläger in diesem Parallelprozess sein Begehren auf Kosten eingeschränkt habe, habe er auf den Anspruch verzichtet. Dem Beklagten sei die Bewilligung der Forderungsexekution nie zugestellt worden, der Kläger sei daher nicht berechtigt gewesen, Zahlung an den dort betreibenden Gläubiger zu leisten. Überdies bestehe eine vorrangige Kostenforderung des Rechtsvertreters des Beklagten gemäß § 19a RAO, der sein Pfandrecht im Titelverfahren mehrfach geltend gemacht habe.

Das Erstgericht gab der Oppositionsklage - unter unbekämpfter Abweisung eines hier nicht relevanten Mehrbegehrens - statt; der Anspruch des Beklagten sei wegen der im früheren Forderungsexekutionsverfahren erfolgten Pfändung erloschen. Streitanhängigkeit liege nicht vor, weil die beiden Oppositionsklagen verschiedene Exekutionsverfahren beträfen. Die Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht betreffe nur das 1. Oppositionsverfahren. Ein Kostenpfandrecht nach § 19a RAO müsse der berechtigte Rechtsanwalt selbst geltend machen.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil infolge Berufung des Beklagten auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil zu den hier behandelten Rechtsfragen (a. Überweisung zur Einziehung als Oppositionsgrund bei unterbliebener Zustellung der Exekutionsbewilligung im Forderungsexekutionsverfahren sowie b. Einfluss des Rechtsanwaltspfandrechts auf ein derartiges Oppositionsverfahren) keine bzw. keine aktuelle Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestehe.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz im Wesentlichen aus, da die 1. Oppositionsklage nicht unter Anspruchsverzicht zurückgenommen worden sei, stehe der neuerlichen, auf dieselben Gründe gestützten 2. Oppositionsklage nicht das Prozesshindernis der res iudicata entgegen. Das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts gemäß § 19a RAO bewirke nicht den Übergang der Kostenforderung an den Rechtsanwalt; Gläubiger bleibe die Partei. Auf das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts sei nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen. Der Beklagtenvertreter habe zwar die Erklärung nach § 19a RAO abgegeben, aber sein Vorzugspfandrecht bisher nicht geltend gemacht. Gemäß § 294 Abs 1 EO erfolge die Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten durch Pfändung und Überweisung. Für die Begründung des Pfandrechts maßgeblicher Zeitpunkt sei allein die Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner. Die mangelnde Zustellung der Exekutionsbewilligung an den in der Forderungsexekution Verpflichteten (Beklagten) sei für den Erfolg im Drittschuldnerprozess ohne Bedeutung. Solange Zahlungsverbot und Überweisungsbeschluss wirksam bestünden, müsse der Drittschuldner dem Überweisungsgläubiger zahlen. Der Kläger, an den als Drittschuldner die Exekutionsbewilligung zugestellt worden sei, habe sich an den Überweisungsbeschluss zu halten. Der Drittschuldner könne mit Oppositionsklage geltend machen, dass die Berechtigung des Titelgläubigers zur Durchsetzung des Anspruchs gehemmt sei, solange der Anspruch rechtswirksam einem anderen zur Einziehung überwiesen sei. Da hier die der Forderungsexekution zugrundeliegende Exekutionsbewilligung dem (dort) Verpflichteten bisher nicht zugestellt worden sei, könne - sollte dieses Exekutionsverfahren nicht wegen der behaupteten, aber vom Erstgericht nicht festgestellten Zahlung des Drittschuldners bereits beendet sein - nicht ausgeschlossen werden, dass ein Rekurs des Verpflichteten zu deren Beseitigung und damit auch zu jener der Forderungsüberweisung führe. Das ändere aber nichts daran, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Rechtszuständigkeit zur Durchsetzung des gepfändeten und überwiesenen Anspruchs nicht beim Beklagten liege, dessen Berechtigung zur Anspruchsdurchsetzung daher gehemmt sei. Ein derartiger Urteilsspruch wäre im Verhältnis zum begehrten Anspruchserlöschen ein minus. Sollte sich aber die Behauptung des Klägers, er habe bereits (als Drittschuldner) Zahlung geleistet, als zutreffend herausstellen, werde der Oppositionsklage im Umfang des noch offenen Begehrens stattzugeben sein. Daher bedürfe es einer Verfahrensergänzung durch das Erstgericht, das auch den Zeitpunkt einer allfälligen Zahlung zu erheben habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei gegen diesen Aufhebungsbeschluss ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die zweite Instanz konnte sich bei der Lösung der von ihm als erheblich bezeichneten Rechtsfragen auf vorhandene Rsp stützen.

a) Die Geltendmachung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderung im Wege eines erst nach der Überweisung zur Einziehung vom Gläubiger der gepfändeten Forderung (Verpflichteter der Forderungsexekution) beantragten Exekutionsverfahrens kann sich der Drittschuldner (als Verpflichteter des letzten Exekutionsverfahrens) durch Einwendung nach § 39 EO zur Wehr setzen (EvBl 1976/199 ua E in RIS-Justiz RS0001056). Diese Ansicht wird auch in der jüngeren Lehre gebilligt (Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 51; Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 308 Rz 28; vgl auch Zechner, Forderungsexekution, § 308 EO Rz 5, wonach auf die Überweisung der Forderung zur Einziehung von Amts wegen Bedacht zu nehmen sei). Der Umstand, dass die Bewilligung der Forderungsexekution dem dort Verpflichteten noch nicht zugestellt wurde, kann daran nicht ändern, weil die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen ist (§ 294 Abs 3 EO) und die Überweisung die Rechtskraft der Pfändung nicht voraussetzt (3 Ob 34/86; Zechner aaO § 303 Rz 1).

b) Jedenfalls mit der Rechtskraft des Kostenzuspruchs wird das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts (§ 19a RAO) begründet (SZ 67/143). Das Pfandrecht bewirkt nicht den Übergang der Kostenforderung an den Rechtsanwalt. Gläubiger dieser Forderung bleibt nach wie vor die Partei. Solange daher der Anwalt nicht die Bezahlung der Kosten an sich gefordert hat, kann auch an die Partei wirksam bezahlt werden (RS0072064). Dabei entspricht es der zu billigenden Rsp (SZ 26/98; RIS-Justiz RS0000330), dass auf dieses gesetzliche Pfandrecht nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist, sondern es dem betreffenden Rechtsanwalt als Pfandgläubiger überlassen bleibt, seine Rechte geltend zu machen. Dies ist hier nach dem Aktenstand bisher nicht geschehen.

c) Auch die im Rekurs als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob es zulässig sei, nach Einschränkung einer Oppositionsklage auf Kosten eine neuerliche, auf denselben Oppositionsgrund gestützte Klage einzubringen, hat nicht die Qualifikation des § 502 Abs 1 ZPO. Hier erfolgte die Klagseinschränkung auf Kosten wegen Einstellung einer früheren Exekution; die 2. Oppositionsklage wurde erst nach Bewilligung einer weiteren Exekution eingebracht. Für einen derartigen Fall entspricht es der stRsp, dass die Klagseinschränkung nicht als Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht aufzufassen und daraus nicht bereits die materiellrechtliche Wirkung einer Entsagung iSd § 1444 ABGB abzuleiten ist (RIS-Justiz RS0033962, RS0039573 und RS0039593). Die Klagseinschränkung auf Kosten erfolgte ja nicht nach Prüfung des behaupteten Oppositionsgrunds, sondern deswegen, weil die Liegenschaftsexekution, gegen die sich die Oppositionsklage gewendet hatte, eingestellt worden war.

Demnach ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rekurses hingewiesen.

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