JudikaturOGH

1Ob126/03s – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Juli 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria B*****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener und Mag. Wilfried Opetnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl, Dr. Robert Lirsch und Mag. Florian Masser, Rechtsanwälte in Wien, wegen 5.813,83 EUR sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Februar 2003, GZ 36 R 434/02w-14, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 15. August 2002, GZ 3 C 457/01w-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Begründung:

Die Klägerin absolvierte vom Herbst 1996 bis Ende April 1998 ein von der beklagten Partei angebotenes viersemestriges Studium der Psychomotorik und Motopädagogik. Sie zahlte hiefür einen Studienbeitrag von insgesamt 5.813,83 EUR.

Die Klägerin begehrte die Rückzahlung dieses von ihr aufgewendeten Betrags im Wesentlichen mit der Begründung, dass ihr die beklagte Partei zugesagt habe, mit der Absolvierung dieses als "postgradualer Studienlehrgang" an einer Universität bezeichneten Lehrgangs sei die Verleihung eines akademischen Titels verbunden. Die beklagte Partei habe diese Zusage nicht eingehalten, zumal sie überhaupt nicht befugt gewesen sei, universitäre Lehrgänge abzuhalten. Der Studienlehrgang sei für die Klägerin völlig nutzlos gewesen.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe die Verleihung eines akademischen Grades nie zugesagt, die von ihr angekündigten Leistungen habe sie erbracht. Schließlich sei die Klagsforderung auch verjährt.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es legte den zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrag dahin aus, dass die beklagte Partei die Verleihung eines akademischen Grads nach Abschluss der Ausbildung zugesagt habe und stellte fest, dass dieser Zusage nicht entsprochen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist unzulässig.

Die Vorinstanzen haben den zwischen den Streitteilen geschlossenen Ausbildungsvertrag nach seinem Wortlaut unter Berücksichtigung der nicht nur der Klägerin, sondern noch 17 weiteren Lehrgangsteilnehmern zugegangenen schriftlichen Unterlagen und der mündlichen Äußerungen der von der beklagten Partei beauftragten Lehrpersonen gemäß § 914 ABGB nach objektiven Kriterien, gemessen am Empfängerhorizont, ausgelegt (RIS-Justiz RS0044358 uva). Sie sind dabei, den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Vertragsauslegung folgend (RIS-Justiz RS0017797 uva), zum Ergebnis gelangt, dass bei allen 18 Absolventen - also auch bei der Klägerin - der falsche Eindruck erweckt worden sei, es handle sich um eine Ausbildung mit universitärem Charakter und werde den Lehrgangsteilnehmern auch ein akademischer Grad verliehen werden.

Fragen der Vertragsauslegung kommt nur dann eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn von anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit abträglicher Weise abgewichen wird (RIS-Justiz RS0042742 uva). Die Tatsache, dass alle 18 Studienlehrgangsteilnehmer Klage erhoben, bedeutet nicht, dass eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen wäre, wurde doch über alle 18 Klagen bereits entschieden und in allen in Betracht kommenden 18 Fällen Revision erhoben. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kann daher keine Beispielswirkung für auf der Ebene einer der Vorinstanzen noch anhängige Rechtsstreitigkeiten über die strittigen Vertragsverhältnisse haben. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren völlig gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten die von der beklagten Partei erhobenen Revisionen mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zurückgewiesen (2 Ob 118/03x; 8 Ob 67/03s). Dabei wurden alle Argumente der beklagten Partei, insbesondere die Behauptung der Verjährung der Ansprüche der Lehrgangsteilnehmer, einer Prüfung unterzogen. Mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen ist die Revision zurückzuweisen. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO (siehe hiezu 8 Ob 67/03s).

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