JudikaturOGH

15Os63/03 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich H***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4. Februar 2003, GZ 28 Hv 118/02z-178, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Lässig, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Rottner, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich H*****, über die bereits mit gesonderten Beschluss erkannt worden ist, wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der diesen Angeklagten betreffenden rechtlichen Unterstellung der in zu A 2 und 4 festgestellten Tatsachen auch unter die Qualifikation des § 145 Abs 1 Z 1 StGB und demgemäß im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Friedrich H***** hat durch die zu A 2 und 4 des Schuldspruches als erwiesen angenommenen Tatsachen die Verbrechen der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 2 Z 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für die unberührt gebliebenen Schuldsprüche wegen der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB sowie der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB nach § 145 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 ½ (fünfeinhalb) Jahren verurteilt.

Die Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und über den Verfahrenskostenersatz erster Instanz werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angeführten Urteil wurde Friedrich H***** (richtig:) der Verbrechen der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144, 145 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1 StGB (A 2 und 4) sowie der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (B), der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C) und der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (D) schuldig erkannt und nach §§ 28 Abs 1, 145 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.

Danach hat Friedrich H***** in Innsbruck

A) nachgenannte Personen durch Gewalt und durch gefährliche Drohung

zu Handlungen, nämlich zur Zahlung von Geld, zu nötigen versucht, wobei er mit dem Vorsatz handelte, durch das Verhalten der Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern und er die Erpressung gewerbsmäßig und teilweise mit Todesdrohung beging, und zwar

zu 2. am 14. Februar 2002 die Silvia T***** durch die Äußerung: "Du hast schon gehört von der neuen Regelung, einen Tausender pro Tag, sonst gibt es für dich kein langes Stehen mehr!",

zu 4. im Jänner 2002 die Birgit P***** durch die Äußerung: "Du weißt ja Bescheid, wir wollen alles drauf (gemeint: den gesamten Straßen- und Wohnungsstrich in Innsbruck), ihr müsst alle pecken, schau sonst häng ich dein Kind beim Fenster hinaus und lass es fallen, damit du deine Meinung änderst";

B) zu einem unbestimmten Zeitpunkt Anfang des Jahres 2002 mit den

abgesondert verfolgten Alois O***** und Konrad S***** eine kriminelle Vereinigung gegründet und sich an seiner solchen als Mitglied beteiligt;

C) am 11. Februar 2002 die Manuela B***** durch gefährliche Drohung,

sie solle ihren Hund wegtun, sonst würde er sie zusammen mit ihrem Hund einbuddeln, zu einer Handlung, nämlich Beiseitenehmen ihres Hundes, zu nötigen versucht;

D) am 18. Februar 2002 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit

dem abgesondert verfolgten Alois O***** den Rudolf P***** durch Versetzen von Schlägen zu verletzen versucht.

Die gegen dieses Urteil vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 26. Juni 2003, GZ 15 Os 63/03-10, zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon, dass bei der rechtlichen Beurteilung der zum Schuldspruch A festgestellten Tatsachen das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet wurde.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen traf der Angeklagte im Jänner 2002 zufällig mit Birgit P***** zusammen. Dabei sagte er zu ihr, sie wisse ja, er, Alois O***** und Konrad S***** wollen den Straßenstrich unter ihre Kontrolle bringen, sodass auch sie zu zahlen habe. Als Birgit P***** dies ablehnte, drohte er ihr, man werde schon sehen, ob nicht auch sie zum Zahlen bereit sei, wenn man ihr Kind beim Fenster hinaushalte und es fallen lasse. Zur Unterstreichung dieser Drohung deutete er an, er wisse, wo P***** wohne, und es sei ein leichtes, wenn in dieses Wohnhaus zu kommen. Sein Vorsatz war darauf gerichtet, Birgit P***** zumindest durch die angedrohte Verletzung am Körper ihres Kindes zur Bezahlung ihm nicht zustehender Geldbeträge zu bewegen (US 13/14).

Am 14. Februar 2002 sagte er zu Silvia T*****, sie werde es ohnehin schon gehört haben, aber er sage es ihr noch persönlich, ab jetzt gelte eine andere Regelung, ab Montag habe sie 1.000 S täglich zu bezahlten, ansonsten gebe es kein langes Stehen mehr (US 14). Die vom Angeklagten verwendeten Äußerungen waren als Drohung mit einer Verletzung am Körper oder Vermögen der Bedrohten oder ihnen persönlich nahestehender Personen zu verstehen und darauf gerichtet, dem Willen der Bedrohten zu beugen und sie zur Zahlung von dem Angeklagten nicht zustehenden Geldbeträgen zu bewegen (US 15). Auch in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung des Urteils führt das Erstgericht an, dass nur die von einem Mitangeklagten ausgeführte Bedrohung mit einer Waffe als Drohung mit dem Tod, die mündlichen Äußerungen aber "nur" Drohungen mit einer (erheblichen) Körperverletzung oder am Vermögen darstellen (US 27 und 29).

Dessen ungeachtet haben die Tatrichter auch dem Angeklagten H***** die Qualifikation des § 145 Abs 1 Z 1 StGB angelastet (US 5) und die zweifache Qualifikation der schweren Erpressung als erschwerend gewertet (US 31).

Nach den unbekämpft gebliebenen Urteilsfeststellungen wurde beim Angeklagten Friedrich H***** die Qualifikation des § 145 Abs 1 Z 1 StGB jedoch zu Unrecht angenommen und gereicht ihm dies auch zum Nachteil. Gemäß § 290 Abs 1 StPO war daher aus Anlass seiner Nichtigkeitsbeschwerde die rechtliche Unterstellung der festgestellten Tatsachen auch unter § 145 Abs 1 Z 1 StGB ersatzlos aufzuheben und damit auch der Strafausspruch zu kassieren. Bei der dadurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, die zahlreichen, auf der gleichen schädlichen Neigung und die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall begründenden Vorverurteilungen sowie den raschen Rückfall; als mildernd hingegen den Umstand, dass das Verbrechen der schweren Erpressung sowie die Vergehen der Nötigung und der Körperverletzung beim Versuch geblieben sind. Die vom Angeklagten begangenen Taten weisen einen erheblichen Schuldgehalt auf. Die zahlreichen Vorstrafen und der äußerst rasche Rückfall innerhalb eines Monates nach Verbüßung einer viermonatigen Freiheitsstrafe lassen auf eine Persönlichkeit schließen, die den rechtlichen geschützten Werten ablehnend gegenüber steht. Es bedarf daher aus spezialpräventiven Gründen des Vollzuges einer nicht unbeträchtlichen Freiheitsstrafe. Diese war mit 5 ½ Jahren auszumessen.

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