JudikaturOGH

1Ob92/03s – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Urbanek/Lind/Schmied/Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen 486.142,38 EUR sA und Feststellung (Streitwert 36.336,42 EUR) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2003, GZ 14 R 99/02k-21, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies die Amtshaftungsklage ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist unzulässig.

1. Das Erstgericht traf im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus den Urkunden Beilagen ./1 (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. 1. 1992 91/05/0195, dem Bescheide der Verwaltungsbehörden erster und zweiter Instanz in Kopie angeschlossen sind), ./2 (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 7. 9. 1993 93/05/0074, dem ein Bescheid der mitbeteiligten Partei in Kopie angeschlossen ist) und ./4 (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. 9. 1992 92/05/0091 und 20. 6. 1995 93/05/0139, dem die Bescheide der belangten Behörde und Bescheide der mitbeteiligten Partei in Kopie angeschlossen sind) die in dritter Instanz nicht nachprüfbare Feststellung, die "Bescheide der Vorinstanzen" hätten "das jeweilige Gemeindesiegel, den maschingeschriebenen Zusatz 'der Bürgermeister' oder 'Für den Gemeinderat' und jeweils eine unleserliche Unterschrift" enthalten. Nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs ist überdies evident, dass der Mangel leserlicher Unterschriften nicht zum Anlass genommen wurde, Erledigungen der Verwaltungsbehörden - wegen einer Verletzung des § 18 Abs 4 AVG idF BGBl 1982/199 - als absolut nichtige Verwaltungsakte zu qualifizieren.

2. Die klagende Partei verficht den Standpunkt, die Vorstellungsbehörde im Baurechtsverfahren hätte - angesichts jeweils unleserlicher Unterschriften auf den Bescheiden der Baubehörden erster und zweiter Instanz - nicht erst im zweiten Rechtsgang (Bescheid vom 22. 4. 1996), sondern schon im ersten Rechtsgang (Bescheid vom 2. 12. 1994) die mangelnde Bescheidqualität wegen einer Verletzung des § 18 Abs 4 AVG in der damals geltenden Fassung aussprechen müssen. Ohne einen solchen Ausspruch habe die klagende Partei auf die Bescheidqualität der betroffenen Verwaltungsakte trotz des Mangels leserlicher Unterschriften vertrauen dürfen. Die widersprüchlichen Begründungen im ersten und zweiten Rechtsgang seien grob sachwidrig und deshalb unvertretbar.

Die Vorinstanzen beurteilten die den Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 2. 12. 1994 implicite tragende Rechtsansicht zur Bescheidqualität des angefochtenen Verwaltungsakts als vertretbar, weil es zur Auslegung des § 18 Abs 4 AVG idF BGBl 1982/199 in der im Anlassfall maßgebenden Frage an einer gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gemangelt habe. Darin liegt - angesichts der getroffenen Feststellungen - zumindest keine gravierende Verkennung der Rechtslage bei Beurteilung der Vertretbarkeit eines Organverhaltens als Voraussetzung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision. Soweit das Berufungsgericht in diesem Kontext auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. 10. 2000 2000/05/0162, in dem zur Frage nach der Bescheidqualität eines Verwaltungsakts ohne leserliche Unterschrift des handelnden Organwalters Stellung genommen wurde, verweist, ist allerdings anzumerken, dass diesem Erkenntnis die erst seit dem 1. Jänner 1999 geltende Fassung des § 18 Abs 4 AVG (BGBl I 1998/158) zugrunde liegt, die den Passus "unter leserlicher Beifügung des Namens" nicht mehr enthält.

Der Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 22. 4. 1996 kann dem geltend gemachten Amtshaftungsanspruch - entgegen der Ansicht der klagenden Partei - schon desehalb nicht als taugliche Grundlage dienen, weil er, wie aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. 6. 1997 96/05/0160 fogt, nicht rechtswidrig war.

Soweit der Klageanspruch auch noch im Revisionsverfahren auf den im dritten Rechtsgang ergangenen Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 10. 3. 1999 gestützt wird, ist den Revisionsausführungen bloß zu entgegnen, dass die Behörde nicht gehindert sein konnte, die Frage nach der Gebäudehöhe aufzugreifen, mangelte es doch nach der im zweiten Rechtsgang getroffenen Entscheidung an einer Baubewilligung. Abgesehen von dem Hinweis, die Gebäudehöhe sei zuvor nicht beanstandet worden, enthält die Revision insofern auch keine weiteren Ausführungen. So werden keine Gründe ins Treffen geführt, weshalb der Bescheid der Vorstellungsbehörde vom 10. 3. 1999 auf einer unvertretbaren Auslegung der maßgebenden Bestimmungen der NÖ Bauordnung beruhen soll.

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