JudikaturOGH

1Nc83/03a – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Februar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Engin-Deniz, Reimitz, Schönherr, Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) "W*****" ***** GmbH, *****, 2.) Ing. Karl Hans P*****, 3.) H***** Co Gesellschaft mbH, *****, 4.) Friederike P*****, 5.) Johann H***** GmbH, ***** und 6.) Johann H*****, alle vertreten durch Held, Berdnik Astner Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung, Einwilligung in eine Löschung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren EUR 32.740,-) die mit außerordentlichem Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 3. Oktober 2003, GZ 6 R 175/03g, 6 R 176/03d-31, zu 4 Ob 234/03w dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde, über die Anzeige des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Erich Kodek über Befangenheitsgründe vom 10. Dezember 2003 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Befangenheitsanzeige wird stattgegeben.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz mit Revision vorgelegte Akt in der Rechtssache AZ 10 Cg 30/03b ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs im 4. Senat angefallen, dessen Vorsitzender, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Erich Kodek, gemäß § 22 GOG seine Befangenheit anzeigte. Er sei nach Abschluss eines den im Wesentlichen gleichen Streitgegenstand betreffenden Wettbewerbsverfahrens von einem Rechtsberater einer der dort unterlegenen beklagten Parteien telefonisch kontaktiert und gefragt worden, ob bei einer bestimmten anderen Sachverhaltskonstellation ein anderer Verfahrensausgang möglich sei. Er habe darauf geantwortet, dass eine verbotene Werbeaussage bei Änderung der Verhältnisse zulässig werden könne, dass er jedoch zu den konkreten Voraussetzungen, bei deren Vorliegen dies der Fall sei, nichts sagen könne und wolle. Die Beklagten hätten sich nun im außerordentlichen Revisionsrekurs im vorgelegten Akt auf diese telefonische Auskunft berufen, die sie verkürzt dahin wiedergegeben hätten, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Erich Kodek habe erklärt, dass sie die nun neuerlich beanstandete Bezeichnung bei Aufnahme entsprechender Produkte in ihr Sortiment führen dürften. Bei dieser Sachlage könnte der Anschein erweckt werden, dass sich Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Erich Kodek als Vorsitzender bei der zu fällenden Entscheidung nicht nur von sachlichen Erwägungen leiten lasse, sondern in Hinblick auf die angebliche Rechtsauskunft in eine bestimmte Richtung tendiere.

Für die Annahme des Vorliegens von Befangenheit genügt es, dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein entstehen könnte, der Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten (JBl 1990, 122; ArbSlg. 10.760 ua). Bei der dargestellten Fallkonstellation wäre es keineswegs von der Hand zu weisen, dass die Unbefangenheit von Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Erich Kodek in Zweifel gezogen wird, zumal Befangenheit schon grundsätzlich dann zu bejahen ist, wenn der Richter diese selbst anzeigt (RIS-Justiz RS0046053). Der angezeigte Befangenheitsgrund des § 19 Z 2 JN ist daher zu bejahen.

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