3Ob100/02f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Walter F***** vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und Mag. Herbert Weichselbraun, Rechtsanwälte in Lienz, wider die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 15.505,82 EUR (= 213.364,48 S) sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2002, GZ 3 R 173/01t-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 4. August 2001, GZ 13 Cg 62/99a-30, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einbeziehung der unangefochten gebliebenen Teile des Berufungsurteils insgesamt zu lauten hat:
"Die Klageforderung besteht mit 15.505,82 EUR sA zu Recht. Die eingewendete Gegenforderung besteht mit 13.214,38 EUR zu Recht. Die beklagte Partei ist daher schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 2.291,44 EUR samt 5 % Zinsen seit 23. Februar 1998 zu bezahlen und an Prozesskosten erster Instanz 621,90 EUR (Barauslagen) zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Prozesskosten erster Instanz 6.582,09 EUR (darin 1.087,96 EUR USt und 54,36 EUR umsatzsteuerfreie Barauslagen) und an Kosten des Rechtsmittelverfahrens 1.387,28 EUR (darin 102,13 EUR Ust und 774,53 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Eigentümerin einer Liegenschaft beauftragte mit der Ausschreibung des Projekts, darauf anstelle des bestehenden Hauses ein neues Gebäude zu errichten, einen Architekten. Eine GmbH, deren Firmenkern mit dem Namen des Klägers identisch ist, legte am 17. Februar 1995 ein Anbot über die Baumeisterarbeiten. Dieses enthält folgenden Punkt 11:
"Für Schäden, die während der Bauausführung durch Verschulden des Unternehmers an fremden Grunde und Eigentum entsteht, haftet der Unternehmer allein."
Im Leistungsverzeichnis, das Teil dieses Anbots war, findet sich die Klausel:
"Beschädigungen an Nachbargrundstücken und Gebäuden, welche durch Aushub- oder Betonierarbeiten im Grenzbereich entstehen, sind nach Fertigstellung ehestens vom Unternehmer zu beheben. Für alle anfallenden Kosten haftet der Unternehmer."
Das Leistungsverzeichnis wurde schon vor den Vertragsgesprächen von der beklagten Partei erstellt und von dieser vorgelegt. Es wurde vom Kläger [richtig wohl: der GmbH - auch im Folgenden wird hier diese Richtigstellung bei der Wiedergabe vorgenommen] akzeptiert und unterfertigt.
Die beklagte Partei war bestrebt, eine Bauführung zu wählen, die Schäden an den Nachbargebäuden tunlichst vermeidet. Es war den Werkvertragsparteien bekannt, dass es problematisch ist, eine Baulücke zu schaffen und in diese hineinzubauen. Deshalb wurde das Soil-Crete-Verfahren gewählt, das zwar teuer ist, womit sich aber Setzungen vermeiden lassen. Die beklagte Partei beauftragte die GmbH, mit dieser Methode zu arbeiten und sich mit einem Unternehmen in Verbindung zu setzen, das auf dieses Verfahren spezialisiert ist. Die beklagte Partei schloss eine Bauherrnhaftpflichtversicherung ab, wonach sich der Versicherungsschutz auf ihre Schadenersatzverpflichtungen als Versicherungsnehmer und Bauherr aufgrund der Bauarbeiten bezog. Die Versicherungssumme betrug 20 Mio S. An den Nachbarhäusern gab es bereits vor Beginn der Abbrucharbeiten diverse Schäden.
Die Abbrucharbeiten, die von einem anderen Bauunternehmen durchgeführt wurden, waren schon 1 ½ Jahre beendet, als die GmbH die Baumeisterarbeiten für den Neubau durchführte. Sie fand eine Baulücke vor, die eingeebnet war und in der zwischen den Nachbarhäusern eine Aussteifung in Form einer Pölzung angebracht wurde. Die GmbH musste bei Übernahme des Auftrags, bei dem eine tiefe Unterkellerung vorzunehmen war und gemeinsame Brandwände zu stemmen waren, damit rechnen, dass es zu Schäden an den Nachbargebäuden kommen kann, wobei der Umfang im vorhinein nicht abschätzbar war. Durch die Bauführung der beklagten Partei kam es zu im Einzelnen im Ersturteil aufgezählten Schäden an den Nachbarhäusern. Die Schäden durch Betonschlämme an einem Cafe wurden von einer Versicherung bereits abgedeckt.
Die Gesamtsanierungskosten zur Behebung aller Schäden mit Ausnahme der Schlammeintritte im Cafe belaufen sich auf 1,062.084,77 S. Dazu kommen noch 12 % dieser Summe für Ausschreibung und Überwachung der Sanierungsarbeiten laut GOA 1999 und 20 % USt. Ein Teil dieser Schäden wurde durch die Bauführung der GmbH verursacht, wobei sich diese Arbeiten deshalb schadensträchtig für die Nachbarhäuser gestalteten, weil sie die Herstellung einer zum Teil zweigeschoßigen Unterkellerung zwischen bestehenden Häusern, die ihrerseits nur einen seichten Keller haben, beinhalteten und andererseits Arbeiten bei gemeinsamen Feuermauern vorgesehen waren, die aus Natursteinen aufgemauert waren, wodurch Ausbrüche aus ihnen sehr schwierig herzustellen sind.
Aus technischen Gründen ist es nicht möglich, nur Neuschäden bzw Schadensvergrößerungen zu beheben und alte Schäden zu belassen. Durch die Gesamtsanierungen ergaben sich auch Verbesserungen der Nachbarhäuser. Im Gesamtsanierungsbetrag sind noch etwa 200.000 S enthalten für die Sanierung einer Wohnung, in der allerdings keine durch die Bauführung der GmbH entstandenen Schäden nachzuweisen sind. Insgesamt ergaben sich Erhaltungsarbeiten [zum Preis] von 367.538 S, Reparaturarbeiten von 362.402 S und Verbesserungsarbeiten von 133.145 S, insgesamt also 862.085 S. Unter Berücksichtigung des Zustands von Anstrichen und Tapeten vor den Arbeiten ist im Schnitt zumindest ein Abschlag von 30 - 40 % von den Neuherstellungskosten als "Amortisation" oder "Neu für Alt" vorzunehmen, im Schnitt also 35 %. Dem Vorzustand zuzuordnen sind von den Erhaltungsarbeiten 128.638 S, der Rest von 65 % der Erhaltungsarbeiten ist dem Schadensfall zuzuschlagen, d.s. 238.900 S. Ebenso dem Schadensfall zuzuordnen sind die Reparaturkosten von 362.402 S. Es handelt sich dabei um jene Schäden, die nach der Gesamtbauführung auftraten und die sowohl die Abbrucharbeiten als auch den Neubau durch die GmbH betreffen als auch das Vorhandensein von Altschäden. Die Aufteilung kann mit 25 % für Altschäden, 40 % für den Abbruch und 60 % für den Neubau aufgeschlüsselt werden. Die Sanierungssumme allein für die Behebung der Schäden durch den Neubau beträgt 270.586 S netto und ohne Baubetreuung. Etwa die Hälfte der durch den Neubau entstandenen Schäden wären durch sorgfältigere Arbeit vermeidbar gewesen, die andere Hälfte war von den Gegebenheiten her unvermeidbar. Durch den Neubau war ein Sanierungsaufwand von etwa 270.586 S erforderlich. Darüber hinaus ergaben sich durch die Arbeiten noch Verbesserungen mit einem Aufwand von 132.145 S. Ob und inwieweit ein erhöhter Aufwand an Rechtsberatung erforderlich ist, kann nicht festgestellt werden.
Am 12. September 1998 erstellte die GmbH die Schlussrechnung. Es steht nicht fest, wann die Übernahme und Rechnungsprüfung erfolgte; jedenfalls am 4. Februar 1999 langte die vom Architekten geprüfte und korrigierte Schlussrechnung bei der beklagten Partei ein.
Der Versicherer der beklagten Partei leistete für Schäden an Nachbargrundstücken durch das gesamte Bauvorhaben Zahlungen von 350.000 S, 80.000 S und 114.238 S. Welche Schäden damit abgegolten sind, steht nicht fest. Mit dem Zeitpunkt der Zahlung zedierte der Versicherer seine Regressforderungen der beklagten Partei. Die GmbH zedierte ihre aus der Schlussrechnung über 12,955.509,67 S brutto noch offene Werklohnforderung von 213.364,48 S dem Kläger. Dieser begehrte nach Klagseinschränkung die Zahlung dieses Betrags und erstattete dazu folgendes wesentliche Vorbringen:
Nach Ansicht seines Haftpflichtversicherers handle es sich bei den der GmbH angelasteten Schäden um bei einem solchen Bauvorhaben unvermeidbare. Die GmbH habe die von der beklagten Partei geforderte Sanierung, abgelehnt, weil ein Großteil der Schäden nicht von ihr verursacht bzw von ihr zu vertreten gewesen seien. Im Übrigen sei der durch austretenden Injektionsmörtel im Zuge von Bodenstabilisierungen entstandene Schaden vom Haftpflichtversicherer eines Subunternehmers bezahlt worden. Für allenfalls seinerzeit nicht angebrachte Abstützungen im Zuge des Abbruchs könne die GmbH keine Warnpflicht treffen. Die Verstärkung vorhandener und zusätzlicher Risse im kleineren Umfang sei bei einer Baulückenverbauung praktisch unvermeidlich. Es sei ein Eingriff in die vorhandenen Grenzmauern notwendig und planlich vorgesehen gewesen. Die nunmehr noch offenen Beträge hätten durch die von der beklagten Partei abgeschlossene Versicherung bezahlt werden müssen.
Die beklagte Partei gestand zu, dass der Klagebetrag (als Restwertlohn) noch offen sei. Sie habe ihn aber aus gerechtfertigten Gründen nicht bezahlt. Es habe beim Abbruch und beim Wiederaufbau des Gebäudes Schäden an den Nachbargebäuden gegeben, für die sie gegenüber den Nachbarn aufgrund nachbarrechtlicher Bestimmungen einstehen habe müsse. Diese Vorgangsweise habe den allgemeinen und besonderen Vertragsbedingungen entsprochen, die zwischen der beklagten Partei und der GmbH vereinbart worden seien. Da ein anderes Unternehmen den Abbruch des Altbestands durchgeführt habe und auch daraus Schäden an den Nachbargebäuden entstanden seien, seien von den Gesamtkosten von 1,265.669,95 S durch einen Ziviltechniker der GmbH letztlich 213.364,77 S zugeordnet worden. Für die aufgewendeten Sanierungskosten sei die GmbH in der angelasteten Höhe verantwortlich, weil versäumt worden sei, entsprechend den Regeln der Technik bei Abbruch und Neubau vorzugehen. Bei Arbeitsbeginn habe die GmbH Warnpflicht verletzt, weil sie nicht auf die fehlenden Abstützungen durch das Abbruchunternehmen hingewiesen habe. Weitere Setzungen habe die GmbH zu verantworten, weil nicht mit der klassischen Unterfangungsmethode vorgegangen worden sei. Das Eindringen von Zementschleim in die Nachbargebäude wäre bei Einhaltung der entsprechend gebotenen Sorgfalt vermeidbar gewesen. Auch in die bestehenden Nachbarwände habe die GmbH massive Eingriffe getätigt. Im Leistungsverzeichnis sei ausdrücklich vermerkt worden, dass Beschädigungen an Nachbargrundstücken und Gebäuden durch Aushub oder Betonierarbeiten im Grenzbereich nach Fertigstellung ehestens vom Unternehmer zu beheben seien. Für alle anfallenden Kosten hafte der Unternehmer.
Die beklagte Partei habe von ihrem Haftpflichtversicherer insgesamt 430.000 S erhalten, diese habe sie dem Kläger angerechnet, weshalb sich der auf ihn entfallende Betrag von 643.364,77 S auf 213.364,77 S vermindere. Mit dieser Gegenforderung rechne die beklagte Partei gegen die Klageforderung "aufrechnungsweise auf".
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. April 2001 brachte die beklagte Partei ergänzend vor, es habe sich bei dem von ihr abgeschlossenen Bauherrnhaftpflichtversicherungsvertrag nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter, insbesondere nicht zu Gunsten des Klägers gehandelt. Zahlungen daraus müsse sie daher nicht dem Kläger anrechnen. Die Anrechnungserklärung hinsichtlich der Zahlung von 430.000 S in einem vorbereitenden Schriftsatz werde daher ausdrücklich widerrufen. Bei der Versicherungsleistung habe es sich um die Zahlung eines Pauschalbetrags aufgrund intensiver Verhandlungen zwischen ihr und dem Versicherer gehandelt. Der Versicherer habe Ersatzansprüche aufgrund von Zahlungen zur Geltendmachung des Regresses gegen die GmbH bzw den Kläger abgetreten. Die beklagte Partei habe diese Abtretung angenommen. Der Kläger replizierte, der Bauherrnhaftpflichtversicherer habe 430.000 S für von ihm zu vertretende Schäden bezahlt. Ein Regress sei nicht durchgeführt worden. Hilfsweise werde beantragt, aus der Rückziehung der Anrechnung dieser Zahlung Kostenfolgen zu Lasten der beklagten Partei abzuleiten.
Mit seinem Urteil erkannte das Erstgericht die Klageforderung mit 213.364,48 S und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klageforderung als zu Recht bestehend und wies demnach das Klagebegehren ab. Es traf im Wesentlichen die zu Beginn der Entscheidungsgründe wiedergegebenen Feststellungen.
In seiner rechtlichen Beurteilung lastete es der GmbH ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten bei Erfüllung des Werkvertrags an. Sie habe durch mangelhafte Sorgfalt Schäden an Nachbargrundstücken verschuldet. Für den Schaden hafte die GmbH. Sie hafte jedenfalls für verschuldete Schäden, die ihr zuzuordnen seien. Darüber hinaus habe die GmbH auch die Haftung für solche Schäden übernommen, die durch ihre Arbeiten verursacht, jedoch nicht verschuldet waren. Eine solche Vereinbarung sei nicht sittenwidrig. Diese vertragliche Haftung könne nicht von dem Haftpflichtverer gedeckt sein. In diesem Falle hafte der Bauunternehmer für unvermeidbare ihm zuordenbare Schäden.
Für die schon vor Baubeginn vorhandene sogenannte Altschäden, hafte die GmbH nicht, ebensowenig für Verbesserungen. Die Vorteile der Geschädigten könnten dem Schädiger nicht angelastet werden. So gesehen hafte die GmbH für Schäden, deren Sanierung 270.586 S zuzüglich 12 % Baubetreuung und 20 % USt koste. Das ergebe einen insgesamt die Klageforderung übersteigenden Betrag. Die Bauherrnhaftpflichtversicherung sei kein Vertrag zugunsten Dritter. Darüber hinaus habe der Versicherer seine Regressforderungen gegen die GmbH der beklagten Partei abgetreten.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der vom Kläger erhobenen Berufung dahin Folge, dass es die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend ansah und demnach die beklagte Partei schuldig erkannte, dem Kläger 15.505,82 EUR (= 213.364,48 S) samt 5 % Zinsen seit 23. Februar 1998 zu bezahlen, ein Mehrbegehren im Zinsenbereich dagegen abwies. Die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verwarf es. Die zweite Instanz verneinte die gerügten Feststellungs- und Verfahrensmängel, sah jedoch die Rechtsrüge als berechtigt an. Durch die Erklärung, 430.000 S auf die von der GmbH zu ersetzenden Sanierungskosten angerechnet zu haben, habe die beklagte Partei materiellrechtlich die Leistung ihres Haftpflichtversicherers in diesem Umfang durch rechtsgeschäftliche Erklärung auf ihre Ersatzforderung gegen die Werkunternehmerin (GmbH) angerechnet und nicht etwa eine prozessuale Einschränkung der Aufrechnungseinrede vorgenommen. Die Entsagung (der Verzicht, Erlass) gemäß § 1444 ABGB stelle einen Erlöschungsgrund dar. Eine schlüssige Annahme des Verzichts sei im Vorbringen des Klägers in der Tagsatzung vom 26. April 2001 zu erblicken; aufgrund dieser Anrechnung bestehe die Gegenforderung nicht zu Recht. Der einmal abgegebene Verzicht könne nicht mehr einseitig zurückgenommen werden, weshalb der in derselben Tagsatzung vorgenommene Widerruf wirkungslos sei. Auch bei Bejahung der Haftung der GmbH als Werkunternehmerin für die von ihr nicht schuldhaft verursachten Bauschäden sei die Ersatzforderung der beklagten Partei von 270.586 S zuzüglich 12 % Baubetreuung und 20 % USt getilgt. Ob und inwieweit die GmbH eine vertragliche Haftung für nicht verschuldete Bauschäden getroffen habe, sei daher unerheblich. Auch aus der Zession der auf den Haftpflichtversicherer übergegangenen Forderung an die beklagte Partei sei für diese nichts zu gewinnen, weil sie diese werde materiell-rechtlich noch prozessual gegen die Klagforderung aufgerechnet habe. Dieser Erklärung hätte es für den Aufrechnungsvollzug bedurft. Daher bestehe die allein auf den Titel des Ersatzes der Verbesserungskosten gestützte Gegenforderung dem Grunde nach nicht zu Recht. Mangels Nachweises eines höheren Zinsenschadens gebührten dem Kläger lediglich die handelsrechtlichen Verzugszinsen von 5 % p.a. ab 23. Februar 1998 (Fälligkeit am 22. Februar 1998).
Bei der Frage der Rechtsnatur der Anrechnung von Leistungen des Haftpflichtversicherers des Bestellers auf seine Schadenersatzforderung gegen den Werkunternehmer und der Widerrufbarkeit der Anrechnungserklärung, insbesondere durch Prozesshandlungen handle es sich um Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz damit zugelassene Revision der beklagten Partei ist teilweise berechtigt.
Zu Recht wendet sich die beklagte Partei gegen die (im Übrigen in erster Instanz vom Kläger gar nicht ins Spiel gebrachte) Ansicht des Berufungsgerichts, bei der von ihr im Verfahren erster Instanz behaupteten "Anrechnung" von Leistungen ihres Haftpflichtversicherers auf die geltend gemachte Gegenforderung handle es sich um einen vom Kläger im Lauf des Verfahrens angenommenen materiellrechtlichen Verzicht.
Wie das Berufungsgericht richtig erkennt, lautete das Vorbringen der beklagten Partei, Zahlungen ihres Haftpflichtversicherers von insgesamt 430.000 S seien der GmbH als Werkunternehmerin "angerechnet" worden, sodass sich der zunächst angeführte Betrag entsprechend verringere. Nur den Saldo dieser ihrer Berechnung wendete die beklagte Partei gegenüber der sonst unbestrittenen Klageforderung (wobei dahingestellt bleiben kann, ob bedingt oder unbedingt) aufrechnungsweise ein. Nach insoweit einhelliger Ansicht handelt es sich beim Verzicht (nach § 1444 ABGB, dort: Entsagung) jedenfalls um ein Rechtsgeschäft, wobei strittig ist, ob der Verzicht durch Vertrag geschieht oder auch einseitig erfolgen kann (Nachweise bei Rummel in Rummel², § 1444 ABGB Rz 3). Auf diesem Standpunkt steht offensichtlich auch die zweite Instanz. Betrachtet man nun das Vorbringen der beklagten Partei zur "Anrechnung", so ist bereits das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Erklärung zu verneinen, wird doch bloß auf eine bereits in der Vergangenheit erfolgte "Anrechnung" Bezug genommen und keineswegs eine derartige "Anrechnung", die mit dem Einbringen des Schriftsatzes bzw dessen mündlichen Vortrags erfolgen würde, erklärt. Mangels ausdrücklicher Behauptung eines früher erfolgten Verzichts (einer Entsagung, eines Schulderlasses) könnte darin nur das Zugeständnis eines bereits vor dem Prozess erfolgten schlüssigen Verzichts gesehen werden. Unter den Umständen des vorliegenden Falls ist aber eine solche Auslegung dieser Erklärung mit den Grundsätzen des § 863 ABGB nicht vereinbar. Bei ungezwungener Betrachtung ergibt sich aus dem dargelegten Vorbringen der beklagten Partei lediglich, in welcher Form diese zu jenem Geldbetrag kommt, um den ihre Zahlung hinter dem begehrten Restwerklohn zurückblieb und den sie nunmehr zum Gegenstand ihrer Aufrechnungseinrede (allenfalls ihrer Aufrechnungserklärung im Prozess) machte. So wie die stRsp betont, dass bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichts besondere Vorsicht geboten ist (Nachweise bei Rummel in Rummel³, § 863 ABGB Rz 14), darf im Zweifel auch ein Vorbringen im Prozess nicht in der Richtung ausgelegt werden, dass eine Partei einen von ihr selbst abgegebenen stillschweigenden Verzicht behauptet bzw zugestanden hätte. Eine stillschweigende Willenserklärung setzt nach § 863 ABGB voraus, dass an ihrem Vorliegen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund übrig bleibt, daran zu zweifeln. Waren nun nach dem Vorbringen der beklagten Partei die "angerechneten" Leistungen solche ihres Haftpflichtversicherers, wobei zugleich der Standpunkt vertreten wurde, der Kläger hafte für jene Schäden, auf deren Behebungskosten die "Anrechnung" erfolgte, musste wegen § 67 VersVG berücksichtigt werden, dass der Haftpflichtversicherer im Umfang seiner Leistungen die Gegenforderung der beklagten Partei, soweit sie berechtigt waren, durch Legalzession erworben hatte. Dann durfte aber der Kläger keineswegs darauf vertrauen, die beklagte Partei habe durch ihre Prozesserklärung das Vorliegen eines Verzichts auf einen Teil ihrer Forderung ihm gegenüber ungeachtet der zumindest möglichen Legalzession behauptet. Demnach kann die mangelnde Berechtigung der eingewendeten Gegenforderung nicht auf einen Verzicht der beklagten Partei gestützt werden.
Nicht zu folgen ist allerdings der Ansicht der beklagten Partei, sie habe die eingewendete Gegenforderung um den Anrechnungsbetrag von 430.000 S ausgedehnt. Solches ist, wie vom Berufungsgericht zu Recht ausgeführt wurde, ihrem "Widerruf" der "Anrechnung" nicht zu entnehmen. Wohl aber folgt aus dieser Erklärung, dass - gerade aufgrund der behaupteten und festgestellten Zession der Regressforderungen durch den Haftpflichtversicherer an die beklagte Partei (als neuer Rechtsgrund) - dem Grunde nach die betreffende Einschränkung der Gegenforderung wegfiel. Zufolge der von der beklagten Partei angenommenen rechtsgerichltichen Zession ihres Haftpflichtwerbers ist daher in der Folge die Gegenforderung der beklagten Partei ohne Rücksicht auf die Legalzession nach § 67 VersVG zu prüfen.
Bei dieser Prüfung ist von den Feststellungen des Erstgerichts auszugehen, die in der Berufung, auch wenn eine unrichtige Sachverhalts"darstellung" geltend gemacht wurde, in Wahrheit unbekämpft blieben. Tatsächlich wurde in der Berufung nur das angebliche Fehlen von wesentlichen Feststellungen (§ 496 Abs 2 Z 3 ZPO) gerügt. Lediglich in der Frage der Ursache des Entstehens von Beschädigungen an Nachbarhäusern könnte allenfalls die Bekämpfung jener (negativen) Feststellung des Erstgerichts liegen, wonach die durch die Arbeiten der GmbH verursachten Schäden nicht genau aufgelistet werden könnten. Die Aufhebung des Berufungsurteils zur Behandlung dieser Tatsachenrüge ist aber schon deshalb nicht erforderlich, weil die Negativfeststellung (was vom Kläger verkannt wurde) nicht ihn, sondern die beklagte Partei belastet. Wie sich aus den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts ergibt, hätte die GmbH bei ihren Arbeiten durch größere Sorgfalt 50 % der von ihr "zu vertretenden" Schäden vermeiden können. Das kann nur so verstanden werden, dass damit die Hälfte der von ihr verursachten Schäden gemeint sind, ist doch im darauffolgenden Satz von ihr "zuzuordnenden" Schäden die Rede. Insoweit ist demnach dem Kläger der ihm nach § 1298 ABGB obliegende Entlastungsbeweis gelungen. Selbst wenn man zugunsten der beklagten Partei davon ausginge, die GmbH habe eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden aus Aushub- oder Betonierarbeiten im Grenzbereich übernommen, wäre es ihre Sache gewesen, zu behaupten und zu beweisen, welcher Teil der Schäden gerade auf solche Arbeiten der GmbH zurückzuführen ist. Da insofern die dargelegte negative Feststellung getroffen wurde, geht die mangelnde Beweisbarkeit von Schäden, die auf derartige Arbeiten zurückzuführen sind, jedenfalls zu Lasten der beklagten Partei.
Daraus folgt nun: Der von der GmbH, die den Neubau errichtete, verursachte Sanierungsaufwand betrug 270.586 S. Für die Hälfte dieses Betrags ist, wie dargelegt, dem Kläger der Entlastungsbeweis gelungen. Zum Hälftebetrag von 135.293 S sind noch 12 % für "Baubetreuung" (Ausschreibung und Überwachung der Sanierungsarbeiten) und 20 % USt hinzuzurechnen. Dies ergibt 181.833,79 S, umgerechnet 13.214,38 EUR. In diesem Ausmaß besteht somit die Gegenforderung der beklagten Partei zu Recht.
Dies führt zur Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen und zum Zuspruch von 2.291,44 EUR an den Kläger. Bei der Entscheidung war auch die rechtskräftige Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens laut Punkt II.3. des Berufungsurteils zu berücksichtigen. Zufolge der Abänderung ist eine neue Kostenentscheidung für das gesamte Verfahren zu treffen, die sich jeweils auf § 43 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO gründet.
Im Ergebnis ist der Kläger nur mit 15 % seiner Forderung durchgedrungen, weshalb er der beklagten Partei 70 % ihrer Rechtsanwaltskosten und 85 % ihrer Barauslagen zu ersetzen hat. Die Bemessungsgrundlage bleibt jeweils gleich, auch wenn in ihrem Rechtsmittelverfahren lediglich die (gesamte) Gegenforderung in Höhe der Klageforderung strittig war. Für das Verfahren erster und zweiter Instanz stehen dem Kläger jeweils 15 % der von ihm zu entrichtenden Pauschalgebühr zu, im Verfahren in erster Instanz auch eine entsprechende Quote der von ihm entrichteten Sachverständigengebühren.