JudikaturOGH

9ObA181/02m – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. September 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Univ. Doz. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Doris H*****, Wirtschaftsberaterin und selbständige Handelsvertreterin, *****, vertreten durch Plankel, Mayrhofer, Schneider Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 11.000,--), über den Revisionsrekurs der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Mai 2002, GZ 15 Ra 45/02h-10, womit der Rekurs der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. März 2002, GZ 35 Cga 28/02t-6, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 14. März 2002 (ON 6) erließ das Erstgericht eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts:

"Der Beklagten ist es ab sofort untersagt, bis zum 31. März 2002 für Mitbewerber der klagenden Partei, insbesondere die Firma Ar***** GmbH Graz bzw die Firma A***** Marketing GmbH Graz, auf welche Weise auch immer, tätig zu werden;

Diese einstweilige Verfügung wird, soweit sie nicht ohnehin aufgrund ihres Inhalts mit dem Ablauf des 31. 3. 2002 enden wird, bis zur rechtskräftigen Beendigung des derzeit zu 35 Cga 28/02t beim Landesgericht Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht behängenden Rechtssache erlassen."

Gegen diese Entscheidung erhob die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Rekurs und beantragte die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass der Provisorialantrag abgewiesen werde.

Das Rekursgericht wies mit Beschluss vom 7. 5. 2002 (ON 10) den Rekurs zurück. Es begründete die Zurückweisung damit, dass im Zeitpunkt der Vorlage der Rechtsmittelakten an das Rekursgericht und der Entscheidung des Rekursgerichtes die Frist, während welcher die einstweilige Verfügung gültig sein sollte, bereits abgelaufen sei. Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre setze jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus, sei es doch nicht Sache der Rechtsmittelinstanz, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Die Beschwer müsse sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch noch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen. Der Entscheidung des Rekursgerichtes komme zufolge bereits erfolgtem Wegfall der Gültigkeitsdauer der bekämpften Provisorialmaßnahme keine praktische Bedeutung mehr zu; es mangle somit dem Rekurs der Beklagten an einer für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderlichen Beschwer. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000 übersteige. Infolge rechtzeitigen Abänderungsantrages der Beklagten ließ es den Revisionsrekurs zu.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Sicherungsantrag abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei brachte eine Revisionsrekursbeantwortung ein und beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung abweicht; er ist auch berechtigt. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der Klägerin und gefährdeten Partei keine Revisionsrekursbeantwortung zusteht. Es entspricht völlig einhelliger Rechtsprechung, dass dann, wenn das Rekursgericht in einem Provisorialverfahren ein Rechtsmittel ohne sachliche Prüfung aus formellen Gründen zurückweist, damit kein Erkenntnis über die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Sicherungsmaßnahme iSd § 402 Abs 1 EO vorliegt, sodass der Rekursgegner am Verfahren über den Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluss nicht zu beteiligen ist (RIS-Justiz RS0005674, zuletzt 5 Ob 20/00b).

Zur Rechtsrüge:

Entgegen der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes nimmt die Tatsache, dass ein einstweiliges Verbot wegen Zeitablaufes überholt ist, dem Antragsgegner insbesondere im Hinblick auf Ersatzansprüche nach § 394 EO noch nicht die für die Sachentscheidung über seinen Rekurs erforderliche Beschwer (stRsp RIS-Justiz RS0005521, insbesondere SZ 72/101, zuletzt 6 Ob 22/02g).

Das Rekursgericht wird daher unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund in der Sache selbst zu entscheiden haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO.

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