9ObA179/02t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helmut Szongott und Univ. Doz. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard P*****, vertreten durch Kindel Kindel, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 70.604,67, infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. April 2002, GZ 8 Ra 47/02x-57, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Oktober 2001, GZ 35 Cga 22/99i-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
In seinen Ausführungen zur Zulässigkeit des Rechtsmittels macht der Revisionswerber ausschließlich geltend, dass die Vorinstanzen eine von ihm vorgelegte Urkunde (Dienstzettel Beilage ./F) unter (teilweiser) Missachtung der Bestimmung des § 266 ZPO "materiellrechtlich" unrichtig rechtlich beurteilt und die Zivilverfahrensgesetze bei ihrer Beurteilung unrichtig rechtlich angewendet hätten. Bei Berücksichtigung dieser (nach Ansicht des Revisionswerbers inhaltlich unbestrittenen) Urkunde hätte sich eine andere materielle Beurteilung seiner Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zur beklagten Partei ergeben.
In der Sache macht der Kläger geltend, dass die Vorinstanzen eine verfahrensrechtliche Vorschrift unrichtig angewendet hätten und deshalb zu einer unrichtigen Tatsachengrundlage gelangt wären. Mit einem solchen Vorwurf wird der Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ausgeführt. Dabei übersieht der Revisionswerber jedoch, dass nach ganz herrschender Judikatur (siehe dazu nur die Nachweise bei Kodek in Rechberger2, Rz 3 zu § 503 ZPO) ein Verfahrensmangel erster Instanz - auch im Verfahren nach dem ASGG (RZ 1989/15) - in der Revision nicht mehr gerügt werden kann, wenn sich schon das Berufungsgericht mit dem Vorwurf der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens befasst, den behaupteten Verfahrensmangel jedoch verneint hat. Mit dem Vorwurf einer unterlassenen Anwendung des § 266 ZPO durch das Erstgericht hat sich das Berufungsgericht in seiner Entscheidung eingehend auseinandergesetzt, sodass eine neuerliche Geltendmachung dieser Umstände in der Revision nicht mehr in Betracht kommt. Im Übrigen bildet die Auslegung des Prozessvorbringens einer Partei grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage, weil deren Bedeutung regelmäßig über den Einzelfall nicht hinausgeht (RZ 1994/45, MietSlg 48.603 ua).
Soweit der Revisionswerber die Auffassung vertritt, der Berufungssenat habe verkannt, dass das erstinstanzliche Urteil nach § 477 Abs 11 (richtig wohl Abs 1) Z 9 ZPO nichtig sei, weil das Erstgericht keine Tatsachenfeststellungen über die Höhe der vom Kläger verdienten und an ihn ausbezahlten Provisionen getroffen habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach herrschender Rechtsprechung Nichtigkeiten des Verfahrens erster Instanz in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (Nachweise bei Kodek, aaO Rz 2) können, deren Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat; insoweit liegt ja ein gemäß § 519 ZPO unanfechtbarer Beschluss des Berufungsgerichts vor.
Nicht verständlich ist der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 6 MRK ("fair trial") durch das Erstgericht im ersten Rechtsgang, der zu seinem Ablehnungsantrag geführt hatte. Darauf ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil der Revisionswerber nicht einmal behauptet, dass das erstgerichtliche Verfahren auch nach Aufhebung der seinerzeitigen Entscheidung mangelhaft abgeführt worden wäre. Der Ablehnungsantrag wurde rechtskräftig verworfen.
Schließlich zeigt die Revision auch in ihrem der Sache nach dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden Teil keine unrichtige Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 46 Abs 1 ASGG durch das Berufungsgericht auf. Soweit diese Ausführungen darauf abzielen sollten, dass nach Ansicht des Revisionswerbers die Vorinstanzen richtigerweise von einem insgesamt erworbenen Provisionsanspruch in Höhe von S 1,326.384,90 auszugehen gehabt hätten, genügt es darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht (unbekämpft) dargelegt hat, dass dem Kläger aus seiner Tätigkeit für die beklagte Partei insgesamt Beträge in einer Höhe von S 1,487.832,50 zugekommen sind. Auch unter Berücksichtigung der Revisionsausführungen verbleibt sohin keine offene Differenz zu Gunsten des Klägers, zumal die Vorinstanzen von der Feststellung ausgegangen sind, dass eine Anrechnung der monatlichen Akontozahlungen auf die erworbenen Provisionsansprüche vereinbart worden war und dem Kläger über die Provision hinaus kein weiteres Entgelt zustehen sollte. Auf die zur Begründung seines Klagebegehrens über Provisionsansprüche hinaus geltend gemachten weiteren Anspruchsgrundlagen kommt der Kläger in seiner Revision nicht mehr zurück.