JudikaturOGH

15Os78/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. August 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bernd L***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 12 Vr 758/99 des Landesgerichts St. Pölten, über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien gemäß § 6 Abs 1 StEG vom 24. Mai 2002, AZ 21 Ns 204/01, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Aufgrund eines wegen des Verdachts des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 StGB und des Vergehens der Kindesentziehung nach § 195 StGB aus den Haftgründen des § 175 Abs 1 Z 2, 3 und 4 StPO erlassenen Haftbefehls des Journalrichters des Landesgerichts St. Pölten vom 9. August 1999 wurde Bernd L***** am 16. August 1999 um 16.45 Uhr festgenommen und nach Einlieferung in die Justizanstalt am 19. August 1999 um 12.35 Uhr vom Untersuchungsrichter gegen Gelöbnis und Weisung enthaftet. In der Folge wurde das Verfahren wegen § 201 Abs 2 StGB gemäß § 109 StPO eingestellt, vom Vorwurf nach § 196 Abs 1 StGB wurde der Angeklagte freigesprochen und wegen eines weiteren (nicht vom Haftbefehl umfassten) Vorwurfs nach § 127 StGB durch das Bezirksgericht Tulln am 27. September 2000 rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 15 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Mit Beschluss vom 27. September 2001 rechnete sodann das Bezirksgericht Tulln die angeführte erlittene Vorhaft gemäß § 400 Abs 1 StPO auf die verhängte Strafe an.

Bereits am 28. Jänner 2000 beantragte der Beschwerdeführer eine "Entschädigung für strafgerichtliche Anhaltung gemäß § 2 Abs 1 lit a und lit b StEG". Während die Ratskammer des Landesgerichts St. Pölten rechtskräftig erkannte, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 lit b StEG wegen des Ausschlussgrundes nach § 3 lit b StEG nicht vorliegen, entschied das Oberlandesgericht Wien mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss, dass Bernd L***** (auch) aus dem Grund des § 2 Abs 1 lit a StEG Ersatzansprüche (aufgrund des Vorliegens des Ausschließungsgrundes nach § 3 lit b StEG) nicht zustehen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Genannten; diese schlägt fehl.

Denn - ungeachtet aller vom Gerichtshof zweiter Instanz zum Ausschließungsgrund der Vorhaftanrechnung (§ 3 lit b StEG) zutreffend angeführten Argumente - ist bei der gegebenen Sachlage von einer (vom Oberlandesgericht nicht erörterten, jedoch vorweg zu prüfenden) Gesetzwidrigkeit der Anordnung der Anhaltung iSd § 2 Abs 1 lit a StEG nicht die Rede.

Die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Haftbefehls vom 9. August 1999 ergibt vielmehr, dass sich der (nach § 175 Abs 1 StPO ausreichend: einfache) Verdacht einer am 2. August 1999 begangenen Vergewaltigung der 17-jährigen Korona Sch***** mängelfrei auf die diesbezüglichen belastenden Angaben der Genannten vom 9. August 1999 vor der Gendarmerie (S 61 ff) in Zusammenhalt mit der Aussage des Zeugen Murat P***** ebendort (insb S 59) stützen durfte. Der Haftgrund des § 175 Abs 2 Z 1 StPO lag vor, weil der Verdächtige flüchtig war (S 27). Die Anhaltung stand im Hinblick auf den gravierenden Vorwurf zur Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis. Die Voraussetzungen für die Erlassung des Haftbefehls waren daher gegeben, sodass sich ein Eingehen auf die weiteren im Haftbefehl genannten Gründe ebenso erübrigt, wie eine Erörterung der erst eine Woche danach erfolgten Selbststellung des Beschwerdeführers (die letztlich Grund für die folgende Enthaftung war).

Der Beschwerde war daher nicht Folge zu geben.

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