6Ob178/02y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renata S*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Frysak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Eva Maria P*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Schirnhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.248,78 EUR (Berufungsstreitwert 5.987,54 EUR) infolge Vorlage der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2002, GZ 16 R 56/02a-18, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für St. Pölten vom 29. November 2001, GZ 4 Cg 18/00y-11, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte von der Beklagten nach Klagseinschränkung zuletzt 99.745,34 S. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete hilfsweise eine Gegenforderung von 61.379 S ein.
Das Erstgericht sprach aus, dass das Klagebegehren mit 82.390,41 S (= 5.987,54 EUR) zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe.
Es erkannte daher die Beklagte schuldig, der Klägerin 82.390,41 S (=
5.987,54 EUR) zu zahlen und wies das Mehrbegehren von 17.354,93 (=
1.261,23 EUR) ab. Der klageabweisende Teil des Ersturteils erwuchs in Rechtskraft. Gegen den der Klage stattgebenden Teil erhob die Beklagte Berufung, der das Berufungsgericht nicht Folge gab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die dagegen erhobene "außerordentliche" Revision der Beklagten legte das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise ist verfehlt.
In Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand (Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht erkannt hat) an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt, ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat (§ 502 Abs 3 ZPO). Gemäß § 508 ZPO kann allerdings in einem solchen Fall eine Partei einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist die ordentliche Revision auszuführen. Dieser Antrag verbunden mit der ordentlichen Revision ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Berufungsgericht zu behandeln. Der Oberste Gerichtshof ist in einem solchen Fall zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Revision funktionell unzuständig.
Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als "außerordentliches" bezeichnet wird (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO) und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf hierüber nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass eine ordentliche Revision doch zulässig sei. Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe entgegen, dass die im vorliegenden Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof und nicht an das Berufungsgericht gerichtet ist, hat es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen (RIS-Justiz RS0109501; RS0109620).