JudikaturOGH

15Os66/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Boban M***** wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Oktober 2001, GZ 4 bVr 9501/94-107, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, sowie des Verteidigers Mag. Duensing, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Oktober 2001, GZ 4 bVr 9501/94-107, verletzt § 56 StGB. Dieser Beschluss wird (ersatzlos) aufgehoben.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf "Widerruf des Strafaufschubes" wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Oktober 1994, GZ 4 bVr 9501/94-39, wurde Boban M***** wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, welche gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mit zugleich gefasstem, entgegen dem Gesetz (vgl Mayerhofer StPO4 § 494 E 3) in das Urteil aufgenommenen Beschluss wurde dem Verurteilten gemäß § 51 Abs 1 und Abs 3 StGB die Weisung erteilt, sich einer Drogentherapie zu unterziehen und dem Gericht alle zwei Monate einen Nachweis darüber zu erbringen (S 158, 165). Da der Verurteilte nach einer Mitteilung des Vereins für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit die Therapie nach seiner letzten Behandlung am 12. Juni 1995 abgebrochen und keine Bestätigung über deren Fortsetzung bei einer anderen anerkannten Einrichtung erbracht hatte, widerrief das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 19. Oktober 2001 (ON 107) die bedingte Strafnachsicht, ohne zuvor eine förmliche Mahnung erteilt zu haben.

Dieser (Widerrufs )Beschluss konnte bisher Boban M***** nicht zugestellt werden. Er ist daher ihm gegenüber noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend anführt, steht der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Oktober 2001 mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 56 StGB darf das Gericht eine bedingte Strafnachsicht wegen Nichtbefolgung einer Weisung nur in der Probezeit widerrufen. Die (dreijährige) Probezeit der gegenständlichen Verurteilung endete nach der Aktenlage (eine im Sinne des § 49 StGB fristhemmend wirkende behördliche Anhaltung nicht aktenkundig) am 6. Oktober 1997. Der erst am 19. Oktober 2001, also nach Ablauf der Probezeit, gefasste Widerrufsbeschluss verletzt daher die angeführte Bestimmung des Strafgesetzbuches.

Diese Gesetzesverletzung wirkt sich zum Nachteil des Verurteilten aus (vgl § 496 StPO), sodass der davon betroffene Beschluss ersatzlos aufzuheben war.

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