JudikaturOGH

4Ob98/02v – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei Q***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Februar 2002, GZ 3 R 194/01x-14, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat sich schon in seiner Entscheidung vom 12. 9. 2001, 4 Ob 165/01w, mit dem Versandhandelsverbot des § 50 Abs 2 GewO auseinandergesetzt und dazu ausgeführt:

"Die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. Juni 2001, G 74/01-10, für nicht berechtigt erkannt und den in dieser Rechtssache gestellten Antrag des Obersten Gerichtshofs, das Wort "Verzehrprodukten", in § 50 Abs 2 GewO 1994 als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat sein Erkenntnis damit begründet, dass das Versandhandelsverbot für Verzehrprodukte dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdung diene und damit im öffentlichen Interesse liege. Es sei auch geeignet und adäquat, den öffentlichen Interessen des Konsumentenschutzes und des Gesundheitsschutzes zu dienen, weil die für Verzehrprodukte besonders notwendige lebensmittelrechtliche Kontrolle und Aufsicht bei deren Vertrieb nicht nur nicht hinreichend gewährleistet erscheine, sondern häufig umgangen werde. Der vom Verfassungsgerichtshof damit bejahte Schutzzweck des Versandhandelsverbots schließt nicht nur die Verfassungswidrigkeit, sondern auch den von der Beklagten behaupteten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht aus: Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen Handelshemmnisse aufgrund nationaler Regelungen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes (Cassis-de-Dijon-Urteil, Slg 1979, 649). Auch wenn daher das auf In- und Ausländer unterschiedslos anwendbare Versandhandelsverbot für Verzehrprodukte Ausländer insoweit benachteiligt, als sie gezwungen sind, über eine inländische Verkaufsstelle zu verfügen (s EuGH Slg 2000 I-0151), steht ihm Art 28 EG dennoch nicht entgegen, weil das Versandhandelsverbot durch zwingende Erfordernisse des Gesundheits- und Verbraucherschutzes gerechtfertigt ist (s Müller-Graff in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag5 Art 30 Rz 208, 214). Angesichts der klaren Rechtslage erscheint es nicht erforderlich, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen."

Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht im Ergebnis dieser Rechtsprechung, von der abzuweichen die Rechtsmittelausführungen keinen Anlass bieten. Da im Versandhandel nur eine erschwerte behördliche Kontrollmöglichkeit gegenüber einem stationären Verkauf im Inland besteht, erscheint das Verbot insbesondere nicht unverhältnismäßig, zumal die von der Beklagten aufgezeigten Alternativen (Vorlagepflicht für Kataloge von Versandhandelsunternehmen; Vorlagepflicht für Warenmuster durch Internetanbieter) keine ebenso wirkungsvolle und vor Manipulationen geschützte Überprüfung der tatsächlich in den Verkehr gelangenden Waren ermöglichen wie ein Versandhandelsverbot.

Rückverweise