7Ob87/02y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Dr. Johannes Hochleitner und Mag. Bernd Thiele, Rechtsanwälte in Eferding, gegen die beklagte Partei Mag. Harald P*****, wegen EUR 8.096,34 sA, infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13. Februar 2002, GZ 11 R 23/02g-14, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 15. November 2001, GZ 12 C 1016/01g-9, als verspätet zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgeleitet, die zur Prüfung der Rechtzeitigkeit der Berufung der beklagten Partei notwendigen Erhebungen durchzuführen und hernach die Akten erneut dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über das vorgelegte Rechtsmittel vorzulegen.
Text
Begründung:
Der beklagte Rechtsanwalt wurde mit Urteil des Erstgerichtes im Sinne des Klagebegehrens zur Zahlung von S 111.408 sA verurteilt. Dieses Urteil wurde ihm laut Rückschein am Montag, dem 19. 11. 2001, zugestellt. Seine dagegen erhobene, mit 17. 12. 2001 datierte, am 19. 12. 2001 beim Erstgericht eingelangte und laut Vermerk des Bediensteten der dortigen Einlaufstelle am 18. 12. 2001 (laut Originalkuvert im Akt) zur Post gegebene Berufung wurde mit Beschluss des Berufungsgerichtes als verspätet zurückgewiesen. Letzter Tag der vierwöchigen Berufungsfrist wäre nämlich bereits Montag, der 17. 12. 2001, gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richtet sich der (erkennbar) auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte und von den Vorinstanzen ohne weitere Erhebungen dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichtes aufzuheben. Unter Vorlage einer Kopie aus dem "Postbuch" der Kanzlei wird dies damit begründet, dass die Postaufgabe tatsächlich bereits am 17. 12. 2001, sohin rechtzeitig, durch persönliche Überreichung des Poststückes durch den Beklagten beim Postschalter erfolgt sei.
Vorauszuschicken ist, dass ein gegen die Zurückweisung einer Berufung wegen Verspätung erhobener Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne die Beschränkung auf wesentliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist (RIS-Justiz RS0042770); dieser Rekurs ist auch ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig (RIS-Justiz RS0043893). Aus der dem Rechtsmittelschriftsatz beigeschlossenen "Postabfrage" ergibt sich ua, dass am 17. 12. 2001 zu "PostNr 29074" in der "causa 114297" eine Berufung an das "Bg Linz" in der Sache "P***** Harald - Diverse" zur Aufgabe gelangt sei(n soll). Eine korrekte und zweifelsfreie Zuordnung zur gegenständlichen Rechtssache lässt sich allerdings (mangels Anführung auch ua etwa des Aktenzeichens oder Anschließung des Originalpostaufgabescheines) hieraus jedoch - jedenfalls derzeit - nicht ableiten - dies umso weniger, als am Orignalkuvert der Postaufgabestempel das Datum "18. 12." trägt. In einem derartigen Fall sind aber dann die erforderlichen, zur zweifelsfreien Aufklärung notwendigen Erhebungen bereits vom Erstgericht (amtswegig) durchzuführen (§ 469 Abs 1 letzter Satz ZPO; Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 1 zu § 469). Erst dann kann nämlich über die Richtigkeit der Annahme der Verspätung der Berufung durch das Gericht zweiter Instanz (samt allfälliger Behebung dessen Zurückweisungsbeschlusses und Auftrag zur Sachentscheidung:
RIS-Justiz RS0041391) verlässlich entschieden werden. Dem Erstgericht war daher der aus dem Spruch ersichtliche Auftrag zu erteilen; dieser wird insbesondere die Vorlage des Originals des Postaufgabescheines zu umfassen haben, unter Umständen auch eine entsprechende Vernehmung des Beklagten, erforderlichenfalls auch entsprechende Erhebungen (Anfragen) beim zuständigen Aufgabepostamt bei Widerspruch zwischen Postaufgabevorgang und Postaufgabestempel am Kuvert des Rechtsmittelschriftsatzes.