3Ob276/00k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Irene E*****, vertreten durch Dr. Werner Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W*****, vertreten durch Dr. Vera Scheiber, Rechtsanwältin in Wien, wegen Erbringung einer unvertretbaren Leistung und Feststellung (Gesamtstreitwert 200.000 S = 14.534,57 Euro), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Juli 2000, GZ 14 R 86/00w-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. Februar 2000, GZ 23 Cg 11/97z-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:
Die Klägerin hat sich im Zusammenhang mit der beim beklagten Verein, einer (von mehreren und somit nicht monopolistischen) privaten (und offenbar auch staatlich anerkannten - siehe Beilage 5) Ausbildungseinrichtung(en) iSd PsychotherapieG BGBl 1990/361, gesuchten und begonnenen Ausbildung zur Psychoanalytikerin bzw -therapeutin dessen Ausbildungsordnung (zunächst idF von 1986 [Beilage A], dann idF von 1993 [Beilage 4]) unterworfen. Sie musste daher von Anfang an damit rechnen, dass sie iSd in diesen Ausbildungsordnungen dargelegten Bestimmungen überhaupt nicht zur Ausbildung oder - bei erst späterem Hervorkommen eines Ausbildungshindernisses - nicht mehr zur weiteren Ausbildung zugelassen werden und damit diese Ausbildung auch nicht abschließen kann, wenn der im Ausbildungsvertrag zur Entscheidung dazu befugte Lehrausschuss der beklagten Partei einstimmig eine derartige Entscheidung trifft. Damit wurde im vorliegenden Ausbildungsvertrag als Vertrag sui generis ausdrücklich geregelt, was sonst als von beiden Parteien unterstellte Voraussetzung, somit als Geschäftsgrundlage iSd § 901 ABGB (Eignung zur Erreichung des Ausbildungsziels, in casu: als Psychoanalytikerin bzw -therapeutin Patienten erfolgreich behandeln zu können) in Wegfall kommen kann. Das Erstgericht stellte nach einem umfangreichen Beweisverfahren über den Verlauf der Ausbildung der Klägerin fest, dass der Lehrausschuss der beklagten Partei aus in der Person der Klägerin gelegenen und dieser auch mehrfach mitgeteilten Gründen (insbesondere wegen ihrer mangelnder Fähigkeit zur Empathie [= Einfühlungsvermögen]) und damit wegen mangelnder Eignung, als praktische Psychoanalytikerin tätig zu sein, zuletzt am 5. Juni 1996 beschlossen hatte, die Klägerin nicht mehr zur praktischen Ausbildung im Rahmen der beklagten Partei zuzulassen.
Schon in der Berufung gegen das klageabweisende Ersturteil und nunmehr neuerlich in der Revision wendet sich die Klägerin dagegen, dass die Vorinstanzen bei ihren Entscheidungen die aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen (SV) aus dem Fachgebiet der Psychologie getroffenen (erstgerichtlichen) Feststellungen, wonach aus psychologischer Sicht bei der Klägerin keinerlei Beeinträchtigung im Bereich der höheren Hirnleistungen und der Persönlichkeit bestünden, die eine psychotherapeutische bzw psychoanalytische Ausbildung verhindern würden, nicht ausreichend beachtet hätten. Dieser Vorwurf ist indessen gegenüber dem Berufungsgericht verfehlt, zumal dieses die aufgrund des psychologischen SV-Gutachtens getroffenen Feststellungen in vertretbarer Weise schon deshalb als unerheblich bezeichnete, weil auch andere als psychiatrische Defizite als Grund für eine mangelnde Eignung zum praktizierenden Psychoanalytiker bzw -therapeuten in Frage kämen. Hat aber die beklagte Partei - durch ihren Lehrausschuss - iS ihrer Vertragsinhalt gewordenen Ausbildungsordnung nach der vorgesehenen Überprüfung mit entsprechend dargelegter Begründung die weitere praktische Ausbildung der Klägerin abgelehnt, so kann entgegen der Auffassung der Revisionswerberin keine Rede davon sein, ihr werde von der beklagten Partei in rechtswidriger Weise rein willkürlich und somit sittenwidrig iSd § 1295 Abs 2 ABGB die weitere Ausbildung verweigert. Die Rechtsauffassung der Vorinstanz(en), der Klägerin stehe bei dieser Sach- und Rechtslage kein klagbarer Anspruch auf weitere Ausbildung im Rahmen des beklagten Vereins zu, ist demnach mit guten Gründen vertretbar und keinesfalls als Verkennung der Rechtslage anzusehen, die vom Obersten Gerichtshof im Wege einer Sachentscheidung korrigiert werden müsste.
Da es sich im vorliegenden Fall - erneut entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - geradezu typischerweise um eine Entscheidung im konkreten Einzelfall handelt, kommt der Lösung dieses Falls auch keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu. Demgemäß ist die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision nicht hingewiesen und auch deren Zurückweisung nicht beantragt hat, konnte ihre Rechtsmittelgegenschrift nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung beurteilt werden.