JudikaturOGH

4Ob76/02h – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Bundesverband *****, vertreten durch Prader Plaz OEG, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Wiener Gebietskrankenkasse, Wien 10, Wienerbergstraße 15 19, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Werner Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, 2. ***** Gesellschaft *****, vertreten durch Ploil, Krepp Partner, Rechtsanwälte in Wien, 3. Verein *****, vertreten durch Dr. Christian Butschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.336,42 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 25. Jänner 2002, GZ 3 R 181/01m 16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der erst- und der drittbeklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 und § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung bildet eine Gesetzesverletzung nur dann einen Verstoß gegen § 1 UWG, wenn sie subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Ist bei unterschiedlicher Auslegung der - nach der Behauptung des Klägers - verletzten Vorschrift (§ 349 ASVG) die Auffassung der Beklagten über ihre Bedeutung durch das Gesetz so weit gedeckt, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann, dann liegt keine sittenwidrige Wettbewerbshandlung vor (4 Ob 137/93 = ÖBl 1994, 17 - Contact mwN; 4 Ob 43/01d = ÖBl 2001, 260 - Senior aktuell uva).

Die Beklagten stimmen mit dem Kläger darin überein, dass gemäß § 349 Abs 2 ASVG insoweit ein Typenzwang besteht, als die Beziehungen zu den freiberuflich tätigen Psychotherapeuten ausschließlich durch Gesamtvertrag oder durch Einzelverträge geregelt werden können. Sie berufen sich aber darauf, dass die "Vereinslösungen" durch § 349 Abs 3 ASVG gedeckt seien. Nach dieser Bestimmung können die Beziehungen zwischen den Sozialversicherungsträgern und anderen Vertragspartnern als Ärzten, Gruppenpraxen, Dentisten, Apothekern, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen bzw freiberuflich tätigen Psychotherapeuten und Krankenanstalten durch Gesamtverträge geregelt werden. Nach Auffassung der Beklagten kommt es für die Feststellung, ob es sich um einen "anderen Vertragspartner" im Sinne dieser Bestimmung handelt, auf die Rechts- bzw Organisationsform des jeweiligen Vertragspartners an. Ein mit einem Verein - und damit nicht mit den in § 349 Abs 3 ASVG erwähnten "freiberuflich tätigen Psychotherapeuten" - geschlossener Gesamtvertrag sei mit einem "anderen Vertragspartner" im Sinne dieser Bestimmung geschlossen.

Dem Argument des Klägers, die "Vereinslösung" stehe im Widerspruch zu § 135 Abs 1 Z 3 ASVG, wonach eine psychotherapeutische Behandlung durch Personen erbracht wird, die gemäß § 11 des Psychotherapiegesetzes zur selbstständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt sind, halten die Beklagten entgegen, dass § 135 Abs 1 Z 3 ASVG im Zusammenhang mit § 135 Abs 1 Satz 1 ASVG zu lesen sei. Danach wird die ärztliche Hilfe (ua) durch Vertragseinrichtungen der Versicherungsträger erbracht. Darunter sind nach Auffassung der Beklagten alle jene Einrichtungen zu verstehen, die einem Versicherten auf Grund vertraglicher Abmachung zwischen dem Träger der Einrichtung und der Krankenversicherung zur Verfügung stehen, so dass davon auch in einem Vertragsverhältnis stehende Vereine umfasst werden. Die Beklagten machen damit geltend, dass die von den Vereinen beschafften Psychotherapieleistungen aufgrund des zwischen den Vereinen und dem Sozialversicherungsverträger geschlossenen Vertrags und damit von einer Vertragseinrichtung des Versicherungsträgers erbracht werden.

Den Beklagten gelingt es damit, gute Gründe für ihre Rechtsauffassung darzulegen. Diese Gründe schließen es jedenfalls aus, der Beklagten sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG vorzuwerfen, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Rechtsauffassung der Beklagten auch tatsächlich zutrifft. Ebensowenig kommt es darauf an, ob die Einwendungen der Beklagten gegen die Aktivlegitimation des Klägers und gegen die Annahme einer Wettbewerbs /förderungsabsicht bei den Beklagen berechtigt sind.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

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