6Ob34/02x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. Christian R*****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Dr. Jörg H*****, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 12. September 2001, GZ 6 R 147/01m-11, womit über den Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Juni 2001, GZ 26 Cg 38/01m-6, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1000,84 EUR (darin 166,81 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Herausgeber und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "p*****". Der Beklagte war Parteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs und wurde am 30. 10. 2000 vor der Wirtschaftspolizei zur sogenannten "Spitzelaffäre", die in der Öffentlichkeit auf Grund zahlreicher Medienberichte allgemein bekannt geworden war, vernommen. Er gab an diesem Tag folgende im Fernsehen veröffentlichte Erklärung ab:
"Man hat mich jetzt soweit gereizt und herausgefordert, dass wir wirklich Ordnung machen werden in diesem Sumpf. Die Zeit ist vorbei, wo wir uns jetzt etwas gefallen lassen und ich glaube, dass die Öffentlichkeit Verständnis dafür hat, dass wir nicht mehr länger mitspielen und ich auch nicht mehr, dass das, was in den kranken Gehirnen einiger Journalisten entstanden ist, dass das quasi zum Vorwurf gegen die Politik und gegen die Freiheitlichen insbesondere unternommen wird".
Der Kläger begehrt mit seiner Unterlassungsklage und dem gleichlautenden Sicherungsantrag, dem Beklagten in Bezug auf den Kläger und die Berichterstattung im Nachrichtenmagazin "p*****" herabsetzende und unwahre Behauptungen des Inhalts zu verbieten, dass die im Zusammenhang mit der "Spitzelaffäre" gegen freiheitliche Politiker und Funktionäre verbreiteten Verdachtsmomente in den kranken Gehirnen einiger Journalisten entstanden seien sowie das Verbot inhaltlich gleichartiger Behauptungen. Der Kläger sei vom Vorwurf des Beklagten persönlich betroffen. Der Angriff richte sich gegen die vom Herausgeber bestimmte Blattlinie. Die Berichterstattung über die "Spitzelaffäre" habe massive Angriffe freiheitlicher Politiker gegen "gegnerische Medien", auch gegenüber dem "p*****" zur Folge gehabt. Der Beklagte behaupte wahrheitswidrig, dass krankhaft bzw bewusst und absichtlich unrichtige Artikel verfasst und veröffentlicht werden. Die Behauptungen seien ehrverletzend, unwahr und kreditschädigend.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Aktivlegitimation sei nicht gegeben. Der Adressat der Äußerung des Beklagten beziehe diese nicht auf den Kläger. Im Übrigen sei die bekämpfte Äußerung in ihrem Kern wahr.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte noch fest, dass die Äußerung des Beklagten im Zusammenhang mit der "Spitzelaffäre" erfolgt sei, zu der die Zeitschrift "p*****" sich in kritischer Weise mit der Rolle der FPÖ und ihrer Politiker auseinandergesetzt habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass der Kläger bescheinigen hätte müssen, welche wirtschaftlichen Nachteile ihm durch die Äußerung des Beklagten entstanden seien. Hier gehe es nicht um den wirtschaftlichen Ruf der Zeitschrift "p*****". Auch die Aktivlegitimation des Klägers sei im Provisorialverfahren nicht hinlänglich bescheinigt worden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, dass sich die Äußerungen des Beklagten gegen Journalisten gerichtet hätten und dass nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens nicht gesagt werden könne, dass der Kläger als Chefredakteur und Herausgeber des Nachrichtenmagazins betroffen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht aber insgesamt 260.000 S übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Auf Antrag des Klägers änderte es diesen Ausspruch ab und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei. Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass die einstweilige Verfügung erlassen werde.
Der Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Der Kläger beruft sich auf einen außerhalb der Fernsehsendung liegenden Gesamtzusammenhang, aus dem die persönliche Betroffenheit des Zeitungsherausgebers abzuleiten sei. Es kann durchaus eingeräumt werden, dass die bekämpfte Äußerung des Beklagten dessen Replik auf eine für die politische Partei des Beklagten ungünstige Berichterstattung darstellt. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich die einer Überprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung konkret nur auf "einige Journalisten" bezog, denen der Beklagte mit der im politischen Meinungsstreit üblich gewordenen derben Ausdrucksweise die wahrheitswidrige Erfindung strafbarer Handlungen von Parteifunktionären vorwarf. Allenfalls könnte bei einzelnen Journalisten, die vom Beklagten nicht namentlich angeführt wurden, die Aktivlegitimation bejaht werden, wenn sie etwa auf Grund bestimmter Artikel identifizierbar sein sollten (dazu RS0111732). Auch das Medium selbst könnte unter denselben Voraussetzungen als vom Vorwurf erfasst angesehen werden. Für eine persönliche Betroffenheit des Herausgebers, der für die Blattlinie verantwortlich ist (dazu SZ 64/182), müssten aber konkrete Umstände behauptet und bescheinigt sein, aus denen hervorginge, dass der ehrverletzende Vorwurf sich gegen die vom Herausgeber des Nachrichtenmagazins verfolgte Leitlinie richtete und dass dies von den Adressaten der Äußerung des Beklagten auch so verstanden wurde (dazu 6 Ob 21/99b = MR 1999, 76). Zu diesem Thema hätte es entsprechender Behauptungen nach dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang der Äußerung des Beklagten, wie sie in der Fernsehsendung wiedergegeben wurde, bedurft. Dies holt der Klägerauch im Revisionsrekurs nicht nach. Die allein ins Treffen geführte, für den Beklagten und dessen politische Partei negative Berichterstattung im Nachrichtenmagazin war zwar das unstrittige Motiv für die Äußerung des Beklagten, dieser Sachverhalt reicht aber zur Bejahung der Aktivlegitimation auch des Herausgebers des Magazins nicht aus. Über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen erheblicher Bedeutung liegen nicht vor.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 78 und 402 EO iVm §§ 41 und 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist die im Rahmen des § 10 Z 6 RATG liegende Bewertung des Klägers.