12Os6/01 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsamwärterin Mag. Pripfl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alois W***** und Renate W***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Oktober 2000, GZ 35 Vr 1.707/98-250, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, des Vertreters des Finanzamtes Innsbruck Mag. Webhofer sowie der Verteidiger Univ. Prof. Dr. Rainer Sprung und Dr. Cornelia Sprung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alois und Renate W***** von der Anklage, in den Jahren 1989, 1990 und 1992 hätten Alois W***** als unmittelbarer Täter und Renate W***** als Beitragstäterin vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Einkommensteuer, Gewerbesteuer und (1992 nur) Umsatzsteuer in der Höhe von insgesamt 6,870.667 S bwirkt und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG - Renate W***** als Beitragstäterin gemäß § 11 dritter Fall FinStrG - begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dieses Urteil bekämpft das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde, der aus jenen Erwägungen Berechtigung zukommt, die schon die Generalprokuratur in ihrer schriftlichen Stellungnahme dargelegt hat und denen sich der Oberste Gerichtshof vollinhaltlich anschließt:
Der einleitenden Verfahrensrüge (Z 4) fehlt allerdings die Legitimation: Die in § 200 Abs 2 lit a FinStrG normierte Deckungsgleichheit der Anfechtungsbefugnis des Staatsanwaltes und der Finanzstrafbehörde als Privatbeteiligter betrifft auch die in § 281 Abs 3 zweiter Satz StPO genannten Voraussetzungen der Geltendmachung eines Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 2, 3 oder 4 StPO (Dorazil/Harbich FinStrG § 200 Anm 3). Die Finanzstrafbehörde als Privatbeteiligte hätte sich daher in der Hauptverhandlung durch ihren Vertreter sofort nach Ablehnung der gestellten Beweisanträge (S 233/VII) die Nichtigkeitsbeschwerde vorbehalten müssen, um zur Urteilsanfechtung aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO legitimiert zu sein. Im Sinn der Ausführungen der Generalprokuratur kommt jedoch der Mängelrüge (Z 5) Berechtigung zu:
Rechtliche Beurteilung
Dem Anklagevorwurf liegt der Verdacht zugrunde, dass der Angeklagte Alois W***** als gewerblicher Kunsthändler selbständig, nachhaltig in Gewinnerzielungsabsicht und am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnehmend Werke der am 6. August 1980 verstorbenen Malerin Prof. Hilde G***** verkaufte, dabei aber sogenannte Briefkastenfirmen vorschob, die seinem wirtschaftlichen Einflussbereich zuzuordnen sind, nämlich die M***** Anstalt und die M***** A***** Ltd, sowie ferner, dass die Angeklagte Renate W***** dazu beitrug. Als Briefkastenfirmen im wirtschaftlichen Einflussbereich des Alois W***** wurden die M***** Anstalt und die M***** A***** Ltd von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Verdacht angesehen, dass der Firmensitz der M***** Anstalt das Büro eines liechtensteinischen Treuhänders war, alle Geschäftspartner und Kaufinteressenten mit Alois W***** unter seiner Innsbrucker Anschrift und Telefonnummer Kontakt aufnahmen und sich die Bilder zu keinem Zeitpunkt am Firmensitz der M***** Anstalt in Liechtenstein oder der M***** A***** Ltd auf den Britischen Jungferninseln befanden, sondern in der an die M***** A***** Ltd vermieteten Wohnung der Renate W***** in I*****, ***** wo sie bei einer Hausdurchsuchung am 30. Mai 1994 aufgefunden wurden.
Nach (der dem Anklagevorwurf zugrundeliegenden) Ansicht der Staatsanwaltschaft stellen die Gewinne Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 (Z 1) EStG 1988 dar, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO Alois W***** zuzurechnen sind. Renate W***** habe das Verkürzungsgeschehen auf in der Anklageschrift näher bezeichnete Weise gefördert.
Das Erstgericht ging in tatsächlicher Hinsicht zwar anklagekonform davon aus, dass