8ObA252/01v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Georg Genser und Ernst Boran als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Hans S*****, vertreten durch Dr. Amhof und Dr. Damian, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Gerald M*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 237.598,57 brutto sA, abzüglich S 58.298,-- netto sA (Revisionsstreitwert S 50.000,-- netto abzüglich S 41.739,-- brutto), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. August 2001, GZ 10 Ra 277/01f-20, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Der Beklagte bot am 14. 2. 2000 allen Mitarbeitern der GmbH, deren Geschäftsführer er war, und die am 9. 2. 2000 in Konkurs verfallen war, "die Übernahme ihrer Dienstverträge mit allen Rechten und Pflichten in sein Einzelunternehmen an, dies beginnend mit der Entgeltzahlungsperiode Februar 2000"; dieses Anbot nahm auch der Kläger an.
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Beklagte auch für offene Entgeltforderungen des Klägers gegenüber der GmbH aus der Zeit vor dem 1. 2. 2000 hafte. Es liege eine vorbehaltslose Vertragsübernahme iSd § 1405 ABGB vor; alle Ansprüche und Verpflichtungen auf Grund des Einzelvertrages sollten mit Stichtag 1. 2. 2000 übergehen, daher auch die Ansprüche auf rückständigen Lohn. Es liege kein privilegierter Fall iSd § 46 Abs 3 ASGG und keine erhebliche Rechtsfrage vor.
Gegen die Berücksichtigung offener Entgeltansprüche des Klägers aus der Zeit vor dem 1. 2. 2000, die diesem gegen die GmbH zustanden, wendet sich die außerordentliche Revision des Beklagten. Er macht die Verletzung des § 498 Abs 1 ZPO als erhebliche Rechtsfrage geltend. Trotz der Feststellung "dies beginnend mit der Entgeltzahlungsperiode Februar 2000" sei das Berufungsgericht zu Unrecht von einer vorbehaltslosen Arbeitsvertragsübernahme ausgegangen; er habe aber einen ausdrücklichen Vorbehalt in zeitlicher Hinsicht gemacht und hafte daher nicht für davor liegende offene Entgeltansprüche.
Rechtliche Beurteilung
Es handelt sich vorliegendenfalls um eine Vertragsauslegung im Einzelfall, der grundsätzlich keine erhebliche Bedeutung iSd § 46 Abs 1 ASGG zuerkannt wird, sofern sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung hält und diesem bei der Subsumtion keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist.
Eine solche ist vorliegendenfalls zu verneinen; es liegt keine Verletzung des § 498 Abs 1 ZPO vor. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass das Anbot des Beklagten auf Übernahme der Dienstverträge mit allen Rechten und Pflichten, "beginnend mit der Entgeltzahlungsperiode Februar 2000" dahin zu verstehen sei, dass die Arbeitsverhältnisse auch mit der Pflicht zur Nachzahlung allfälliger noch offener Gehaltsforderungen der Dienstnehmer übergehen sollten, ist vertretbar. Der Zusatz "beginnend mit der Entgeltzahlungsperiode Februar 2000" kann durchaus dahin verstanden werden, dass es sich hiebei um den Stichtag des Übergangs des Arbeitsverhältnisses handelt - dass also ab 1. 2. 2000 der Beklagte als neuer Dienstgeber anzusehen sei. Dafür spricht, dass der Beklagte in der Mitarbeiterversammlung ausdrücklich erklärte, die GmbH mit einem neuen Konzept aus der Insolvenz führen zu wollen; um dies zu erreichen, sollten für die GmbH keine Personalkosten mehr auflaufen. Dieses Konzept setzte aber geradezu voraus, dass der Beklagte auch offene Gehaltsansprüche vor dem 1. 2. 2000 zur Begleichung übernahm. Anderenfalls wäre eine Herausführung der GmbH aus der Insolvenz kaum zu erwarten gewesen, weil allfällige Gehaltsrückstände der Mitarbeiter nur im Insolvenzfall vom Fonds beglichen worden wären und eine Bezahlung durch die insolvente GesmbH nicht realistisch war.