14Os102/01 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Albel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Antonia R***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. April 2001, GZ 10 Vr 755/01-8, sowie ihre Beschwerde gegen den Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 (§ 498 Abs 3 vorletzter Satz) StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruches über die Strafe) und die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Antonia R***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat sie am 2. Feber 2001 in Graz Gewahrsamsträgern der B*****-Filiale L***** nicht näher bekannte Artikel in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert dadurch, dass sie diese in der Innentasche ihrer Jacke verbarg und an der Kassa nicht zur Bezahlung vorwies, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen, wobei sie von der Verkäuferin Nicole Z*****, die sie anhalten und zur Rückkehr in das Geschäft auffordern wollte, beim Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen die Genannte anwendete, indem sie in ihr Mopedauto stieg und davonfahren wollte, mit beiden Händen gegen die geöffnete Autotüre stieß, an der sich Nicole Z***** festhielt, sodass diese einen Stoß gegen die Brust versetzt erhielt und einige Schritte zurücktaumelte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider stellt der Umstand, dass das Schöffengericht als Objekt des Diebstahls lediglich "nicht näher bestimmte Artikel" aus der B*****-Filiale feststellte, keinen Begründungsmangel dar. Mit diesem Einwand wird mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung (§ 285a Z 2 StPO) auch kein Rechtsirrtum (Z 9 lit a) prozessordnungsgemäß geltend gemacht. Ein solcher liegt im Übrigen auch nicht vor (§ 290 StPO), weil sich im Zusammenhang mit den Ausführungen in den Urteilsgründen eindeutig ergibt, dass es sich bei den gegenständlichen Waren aus der B*****-Filiale um Wertträger handelte, die im speziellen Fall nach den Urteilsannahmen ihrer Art nach sogar dem höheren Preisniveau angehörten (US 7 f).
Mit dem Beschwerdevorbringen, die Alarmauslösung beim Verlassen des Geschäftslokales durch die Angeklagte stelle keine ausreichende Begründung dar, wird kein Begründungsmangel geltend gemacht, sondern unzulässigerweise lediglich die Beweiwürdigung bekämpft.
Einer beweiswürdigenden Erörterung der Angaben der Zeugin S*****, wonach wöchentlich mindestens einmal im Geschäft ein ungerechtfertigter Alarm ausgelöst werde, bedurfte es mangels Erheblichkeit für den gegenständlichen Fall nicht.
Dadurch, dass die Tatrichter die Beobachtung der Zeugin Z*****, wonach die Angeklagte Waren in ihre Jacke steckte, - erkennbar in Verbindung mit den sonstigen Beweisergebnissen - dahin werteten, dass die Angeklagte die Sachen ohne Bezahlung wegnehmen wollte, verstießen sie nicht gegen Denkgesetze oder Lebenserfahrung; die diesbezüglichen Beschwerdeeinwände erschöpfen sich abermals in unzulässiger Anfechtung der Beweiswürdigung.
Nach Prüfung der Tatsachenrüge (Z 5a) anhand der Akten ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen, die die Richter vor allem auf die ihnen glaubwürdig erschienenen Angaben der Zeuginnen Nicole Z***** und Renate S***** über ihre Beobachtungen stützten.
Indem der Beschwerdeführer unter der Z 9 lit a die Konstatierung vermisst, wonach eine "Sache" weggenommen worden sei, orientiert er sich nicht am Urteilssachverhalt, in welchem die Wegnahme von Verkaufsartikeln durch die Angeklagte aus dem Drogeriegeschäft festgestellt wird; es fehlt daher an einer prozessordnungsgemäßen Ausführung der Rechtsrüge.
Das Gleiche gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), der festgestellte Sachverhalt wäre dem Tatbestand der Entwendung nach § 141 StGB zu unterstellen gewesen. Denn es fehlt an der deutlichen und bestimmten Bezeichnung (§ 285a Z 2 StPO), inwiefern eine solche Subsumtion in Betracht gezogen werden könnte, nachdem sie im § 141 StGB in den Fällen des § 131 StGB ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). In gleicher Weise war mit der im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld zu verfahren.
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe und die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung ist im § 390a StPO begründet.