12Os80/01 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. September 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler und Dr. Adamovic als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Emsenhuber als Schriftführerin, in dem beim Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 23b Vr 9894/00 anhängigen Verfahren zur Unterbringung der Marlene K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (§§ 15, 142 Abs 1 StGB) über die Grundrechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 13. August 2001, AZ 18 Bs 212/01 (= ON 38), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Marlene K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde gegen die Betroffene mit Beschluss des Untersuchungsrichters vom 1. Juni 2001 die Voruntersuchung wegen Verdachtes der Begehung des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen eingeleitet und mit Beschluss vom 8. Juni 2001 (ON 20) gemäß § 429 Abs 4 StPO in Verbindung mit § 180 (Abs 1 und) Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO deren vorläufige Anhaltung angeordnet.
Zuletzt wurde die vorläufige Anhaltung mit untersuchungsrichterlichem Beschluss vom 20. Juli 2001 mit Wirksamkeit bis längstens 20. September 2001 (ON 33) fortgesetzt.
Der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 13. August 2001 (ON 38) nicht Folge, ordnete die Fortsetzung der vorläufigen Anhaltung an und sprach aus, dass dieser Beschluss bis 13. Oktober 2001 wirksam ist.
Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist festzuhalten, dass weder die Annahme dringenden Tatverdachts noch das Vorliegen hinreichender Gründe für die Annahme der Voraussetzungen des § 21 Abs 1 StGB (§ 429 Abs 1 StPO) Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens waren, sodass auf deren erstmalige Problematisierung im Grundrechtsbeschwerdeverfahren mangels Erschöpfung des Instanzenzuges (Hager/Holzweber GRBG § 1 E 28) nicht näher einzugehen war.
Als nicht zielführend erweist sich die Beschwerde aber auch, soweit sie darüber hinaus eine vorläufige Anhaltung nur für zulässig erachtet, "wenn dringend zu befürchten ist, dass Marlene K***** strafbare Handlungen mit schweren Folgen begehen wird".
Denn die - der Überprüfung im Grundrechtsbeschwerdeverfahren entzogene (§ 1 Abs 2 GRBG; 13 Os 102/99) - in § 21 Abs 1 StGB normierte - hier relevierte - Befürchtung, dass der Betroffene sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde, ist als eine von mehreren Einweisungsvoraussetzungen nicht notwendig Prämisse einer nach § 429 Abs 4 StPO anzuordnenden vorläufigen Anhaltung ("Liegt einer der im § 180 Abs 2 oder 7 angeführten Haftgründe vor, ... so ist seine vorläufige Anhaltung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder seine Einweisung in eine öffentliche Krankenanstalt für Geisteskrankheiten anzuordnen.").
Abgesehen davon war aber vorliegendenfalls die dem hier aktuellen Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB vom 2. August 2001 (ON 36) zugrunde liegende Tat der Betroffenen, die ihr, wenn sie zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen wäre, als (mit Freiheitsstrafe von einem bis zehn Jahren bedrohtes) Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB zuzurechnen gewesen wäre, - entgegen der Beschwerde - nach allen konkreten Tatauswirkungen und im Hinblick auf ihren schon in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Störwert mit schweren Folgen verbunden (SSt 48/2; 14 Os 91/95; 11 Os 131/97; 14 Os 19/97).
Da der Gerichtshof zweiter Instanz ferner die Gefahr, die Betroffene werde auf freiem Fuß eine Tat mit schweren Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist, wie die ihr angelastete Tat mit schweren Folgen - abermals entgegen der Beschwerde aktenkonform und ungeachtet der (als komplexe Rechtsfrage der medizinischen Fachbewertung entzogenen und damit unbeachtlichen, vom Beschwerdeführer relevierten) Beurteilung (allein) des Grades der Tatfolgen durch den Sachverständigen - aus dessen Gutachten mängelfrei ableitete, wonach unter dem Einfluss der Erkrankung der Betroffenen "weitere mit Strafe bedrohte Handlungen, ähnlich den jetzt behandelten zu befürchten ... sind" (145), erweist sich der angefochtene Beschluss als nicht gesetzwidrig.
Mangels Grundrechtsverletzung war daher spruchgemäß zu entscheiden.