12Os38/01 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eichinger als Schriftführerin, in der Auslieferungssache des Gerard van B***** wegen Auslieferung zur Strafverfolgung an die Republik Ungarn, AZ 23e Vr 2446/01 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Auszuliefernden gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. März 2001, AZ 22 Bs 96/01 (ON 32), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Gerard van B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Der am 13. März 1950 geborene niederländische Staatsbürger Gerard van B***** wurde am 21. Februar 2001 auf Grund eines Haftbefehles der Oberstaatsanwaltschaft Budapest vom 20. Februar 2001 (Aktenseiten 55-59) in Verbindung mit der Ausschreibung im Schengener Informationssystem nach Art 95 SDÜ (AS 77-81) festgenommen.
Ihm wird vorgeworfen, in der Zeit vom 14. November 2000 bis 19. Februar 2001 gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande unter dem Vorwand, ihr Geld in Warentermingeschäfte zu investieren, von elf (in den Auslieferungsunterlagen bislang nicht namentlich angeführten) ungarischen Investoren insgesamt 94.102 US-Dollar betrügerisch herausgelockt und diesen Betrag für eigene Zwecke verwendet zu haben.
In dem zur Auslieferung des Gerard van B***** an die Republik Ungarn zwecks Strafverfolgung wegen - nach österreichischem Recht - des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB geführten Verfahren wurde über ihn am 23. Februar 2001 gemäß § 180 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 29 Abs 1 ARHG die Auslieferungshaft verhängt (ON 7). Mit Beschluss vom 7. März 2001 (ON 22) setzte die Untersuchungsrichterin diese aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr fort.
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht der dagegen erhobenen Beschwerde des Auszuliefernden unter Fortsetzung der Haft aus dem bisherigen Haftgrund nicht Folge.
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Die (teils polemisierenden) Ausführungen gegen den für die Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft erforderlichen hinreichenden Tatverdacht setzen sich darüber hinweg, dass dieser - wie bereits vom Oberlandesgericht zutreffend dargelegt - im Rahmen des Auslieferungsverfahrens nur zu prüfen ist, wenn insoweit (nach Maßgabe aussagekräftiger Entlastungsbeweise) erhebliche Bedenken bestehen (§ 29 Abs 1 ARHG iVm § 31 Abs 1 ARHG), und verfehlen schon deshalb die gebotene Ausrichtung am Gesetz.
Da den Auslieferungsunterlagen aber konkrete Angaben über den Tatzeitraum, die Anzahl der - wenn auch nicht namentlich genannten - Geschädigten, den Schadensbetrag, die zur Abwicklung der Anlagegeschäfte verwendete Bankverbindung sowie die mit den inkriminierten Transaktionen in Verbindung stehenden Gesellschaften (einschließlich der vom Beschwerdeführer geleiteten C***** GesmbH) zu entnehmen sind, ist der Tatverdacht hinreichend und damit auch unbedenklich konkretisiert.
Davon ausgehend, dass die Anlagegelder nicht für die Finanzierung von Börsengeschäften, sondern für eigene Zwecke des Tatverdächtigen verwendet wurden (S 57, 352 f), geht aber der Einwand, die jeweiligen Vertragspartner ohnehin über das mit (ordnungsgemäß abgewickelten) Warentermingeschäften verbundene hohe Risiko aufgeklärt zu haben, ins Leere.
Schließlich versagt auch der Beschwerdeeinwand gegen den Haftgrund der Fluchtgefahr, besteht doch mit Blick auf die bis zu zehn Jahre reichende Strafdrohung (S 79) in Verbindung damit, dass der Auszuliefernde lediglich einen Wohnsitz in den Niederlanden anführte (ON 6), aber seit geraumer Zeit in Österreich lebt, durchaus Grund zu der Befürchtung, er werde sich durch Flucht dem Strafverfahren entziehen. In Anbetracht der familiären und sozialen Beziehungen in die Niederlande, der Geschäftsbeziehungen zu Firmen in Übersee sowie der persönlichen Kontakte zu anderen, beispielsweise in Tschechien (S 83 f) wohnhaften, gleichfalls in das vorliegende Strafverfahren ingerierten Personen kommt eine Substitution der Auslieferungshaft durch gelindere Mittel hier nicht in Betracht.
Da somit Gerard van B***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt ist, war seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.