15Os45/01 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hartmann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Erwin P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 28. Februar 2001, GZ 8 Vr 286/00-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die vom Verteidiger ausgeführte und die vom Angeklagten selbst verfasste Nichtigkeitsbeschwerde werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch des Angeklagten enthält) wurde Erwin P***** der Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (I) und des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, 148 zweiter Fall StGB (V) sowie der Vergehen der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB (II), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (III) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung - (zu I) teils allein, teils mit der abgesondert verurteilten Martina H***** nachstehenden Personen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 25.000 S nicht übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle in der Absicht begangen hat, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1) im Jahre 1998 in Bad F***** mit der abgesondert verurteilten Martina H***** einer unbekannten Person 170 DM (S 67 und 69/I),
2) im Jahre 1998 in Bad F***** mit der abgesondert verurteilten Martina H***** in mehreren Angriffen unbekannten Personen jeweils einen Koffer mit Kleidungsstücken und drei CD-ROM (S 69 bis 71/I),
3) im Jahre 1998 in R***** mit der abgesondert verurteilten Martina H***** Verfügungsberechtigten des A***** 1.000 S Bargeld (Faktum 5 der S 15/I),
(4) im Jahre 1998 in Bad G***** unbekannten Personen Bargeld)
5) im Jahre 1998 in Bad F***** einer unbekannten Person 50 S (S 73/I),
6) am 13. November 1998 in Bad F***** einer unbekannten Person 300 DM (S 83 bis 85/I),
(7) am 14. Oktober 2000 in K***** Verfügungsberechtigten der Billa Waren-Handel AG Gebrauchs- und Konsumartikel im Wert von ca 60 S).
Die vom Verteidiger am 29. März 2001 beim Erstgericht eingebrachte, gegen den Schuldspruch I 1), 2), 3), 5) und 6) aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde zuwider wurden die Aussagen der in der Hauptverhandlung am 28. Februar 2001 als Zeugin vernommenen Martina H*****, wonach sie erst nach dem Einbruch des Z***** in die Wohnung der Ehegatten P***** näheren Kontakt zu den Ehegatten P***** hatte, und sie nicht mehr sagen könne, ob die Diebstähle in Bad F***** und R***** vorher oder nachher waren, ohnedies zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) erörtert.
Bei ihrer Vernehmung als Zeugin erklärte diese, sie könne nunmehr keine genauen Daten mehr nennen. Sie wisse weder, wann sie das Ehepaar P***** kennengelernt habe, noch wann der Diebstahl in der Wohnung des Ehepaares P***** gewesen sei, noch wann und wo sie mit dem Angeklagten gemeinsam gestohlen habe. Bei ihren Vernehmungen durch die Gendarmerie und den Untersuchungsrichter habe sie das alles noch gewusst. Was sie dort gesagt habe, sei richtig und entspreche der Wahrheit (S 151 ff/II).
Alle diese Aussagen der Zeugin H***** werden in den Entscheidungsgründen ausführlich erörtert und in einer kritischen Gesamtschau auch anderer Beweise (Aussage der Zeugin Gertraud P*****; Verantwortung des Angeklagten, der vor der Gendarmerie zum Diebstahl I 6) noch geständig war) sowie unter Verwertung des von diesen gewonnenen Eindrucks in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) mit zureichender und denkmöglicher Begründung für glaubwürdig und als ausreichend beurteilt, die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers zu widerlegen (vgl US 8 bis 11).
Entgegen einem weiteren Beschwerdeeinwand durfte das Tatgericht mangels verlässlicher Beweise zu den exakten Zeitpunkten der Diebstähle in F***** (I 3) bis 5) auch diese auf Basis der erhobenen Beweistatsachen und in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen in freier Beweiswürdigung als "im Jahre 1998" begangen feststellen. "Dass es hier völlig an einer Begründung mangelt", ist urteilsfremd. Davon abgesehen berührt der genaue Tatzeitpunkt der inkriminierten Diebstähle - fallbezogen - keinen entscheidenden (also weder für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Gesetz noch für die Anwendung eines bestimmten Strafsatzes maßgebenden) Umstand.
Nach Inhalt und Zielrichtung des Beschwerdevorbringens trachtet der Nichtigkeitswerber damit bloß in Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen und seiner leugnenden Verantwortung doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.
Die vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß § 285d Abs 1 Z 2 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, dass die Entscheidung über die zudem erhobene Berufung in die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz fällt (§ 285i StPO).
Punkt 1. der Rechtsmittelanträge geht zwar dahin, der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, die Hauptverhandlung zu vernichten und "die Sache" zur nochmaligen Verhandlung vor das zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen, andernfalls "das angefochtene Urteil" aufzuheben ...... (S 212/II). Zum Schuldspruch I
4) und 7) sowie II bis V des Urteilssatzes enthalten die Rechtsmittelausführungen jedoch keine deutlich und bestimmt bezeichneten Umstände, denen zufolge auch dieser Schuldspruch nichtig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO sein soll. Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285a Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO zurückzuweisen.
Die vom Angeklagten selbst verfasste Eingabe betreffend "Nichtigkeit, sowie Berufung wegen zu hoher Strafe" vom 15. März 2001 (ON 66) war, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, als unzulässig zurückzuweisen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht und der Nichtigkeitsbeschwerde des Verteidigers (gleich, in welcher Reihenfolge die Schriftsätze einlangen) stets der Vorzug zu geben ist (Mayerhofer StPO4 § 285 E 36 mwN; 15 Os 97/99).