14Os79/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gottweis als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef R***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen bei der vorläufigen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Wolfgang G***** und Karl K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 9. Juli 1998, GZ 14 Vr 1.174/93-329, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten (Antrags- und Verfügungsbogen, Bände I-XV) werden dem Erstgericht vorerst mit dem Auftrag an den Vorsitzenden des Schöffengerichtes zurückgestellt, aufzuklären
1. ob bzw in welchen Fällen und auf welche Weise der Angeklagte Karl K***** persönlich von den von ihm in seiner Nichtigkeitsbeschwerde als versäumt reklamierten Verhandlungsterminen Kenntnis erlangt hatte,
2. was ihn in der Hauptverhandlung am 13. Feber 1998 (28. Verhandlungstag, ON 282) dazu veranlasste, in Abwesenheit des damals wegen Krankheit entschuldigten und damit nach § 427 StPO (iVm § 275 StPO) geschützten Angeklagten Wolfgang G***** nach § 250 Abs 1 StPO vorzugehen und in welcher Weise er dabei dafür Sorge trug, dass dadurch keine Benachteiligung des Genannten eintrat.
Text
Gründe:
Der Angeklagte Karl K***** erblickt einen mit Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) bedrohten Verstoß gegen die Bestimmung des § 427 StPO darin, dass er zufolge unterbliebener Vorladungen an 17 vollen und an zwei halben Verhandlungstagen nicht in der Hauptverhandlung anwesend war.
Zur Klarstellung der Voraussetzungen für das Vorliegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes bedarf es in Ergänzung des Berichtes des Vorsitzenden anlässlich der Rechtsmittelvorlage zusätzlicher Abklärung im Sinne der im Spruch gestellten Frage (1).
Der Angeklagte Wolfgang G***** macht in seiner Nichtigkeitsbeschwerde ebenfalls den Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO iVm § 427 Abs 1 StPO geltend, indem er darauf hinweist, dass während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit in der Hauptverhandlung am 13. Feber 1998 (28. Verhandlungstag, ON 282) ohne seine Zustimmung (§ 275 StPO) vom Vorsitzenden unter Berufung auf § 250 Abs 1 StPO die Einvernahme des Mitangeklagten Karl K***** beschlossen und tatsächlich durchgeführt wurde. Inwieweit die Voraussetzung für einen Rechtsmittelerfolg beim Angeklagten Karl G***** nach § 281 Abs 3 StPO, nämlich das Fehlen unzweifelhafter Erkennbarkeit, dass die Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss üben konnte, vorliegt, bedarf der Aufklärung im Sinne der im Spruch gestellten Frage (2). Dabei wäre - abgesehen von der Möglichkeit bloßer Umgehung der Vorschrift nach §§ 427, 275 StPO - auch von Bedeutung ob und inwieweit am 28. Verhandlungstag allenfalls nur Sachverhalte Gegenstand der Verhandlung waren, die - nachdem G***** über das in seiner Abwesenheit Vorgefallene in Kenntnis gesetzt war - in seiner Gegenwart erneut besprochen wurden oder die den Angeklagten G***** gar nicht betrafen.
Rechtliche Beurteilung
Die Einholung der angeführten Aufklärungen war nach § 285f StPO in nichtöffentlicher Beratung anzuordnen.
Bemerkt wird, dass den Verteidigern Dr. Pammesberger und Dr. Moringer sowie der Staatsanwaltschaft Ausfertigungen dieses Beschlusses bereits zugestellt worden sind.