JudikaturOGH

2Ob49/01x – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Peter L*****, vertreten durch Mag. Dr. Oskar Wanka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei *****Versicherung*****, vertreten durch Dr. Michael Böhme, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 71.914 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2000, GZ 35 R 32/00s-97, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. November 1999, GZ 31 C 527/97z-66, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei und die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht änderte seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision über Antrag der klagenden Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Es begründete dies damit, es sei nicht von der Hand zu weisen, dass eine nicht völlig ausgeschlossene Subsumtion des Sachverhaltes unter die Bestimmung des § 18 Abs 3 StVO eine für den Kläger günstigere Verschuldensteilung herbeiführen könne.

Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht zu beurteilen. Der Kläger hat nämlich seinen Schadenersatzanspruch nicht darauf gestützt, dass der Lenker des Fahrzeuges mit deutschem Kennzeichen gegen § 18 Abs 3 StVO (Verpflichtung zum Freihalten von Kreuzungen) verstoßen hätte, sondern diesem ausschließlich vorgeworfen, er sei bei rotem Lichtzeichen in die Kreuzung eingefahren. Es wurden auch keine Tatsachenbehauptungen aufgestellt, aus denen ein Verstoß gegen § 18 Abs 3 StVO abgeleitet werden könnte. Die Behauptungs- und Beweislast für ein Verschulden des Beklagten trifft aber nach ständiger Rechtsprechung den Kläger (RIS-Justiz RS0022560), weshalb sich die Frage, ob ein Verstoß gegen § 18 Abs 3 StVO vorliegt, nicht stellt. Darüber hinaus kann ein Verstoß gegen § 18 Abs 3 StVO nur dann angenommen werden, wenn der Lenker in eine Kreuzung einfährt, in deren Verlauf vor ihm befindliche Fahrzeuge bereits angehalten haben. Das Einfahren in eine Kreuzung, während sich die Kolonne noch in Bewegung befindet, die dann anhalten muss, ist nicht verboten (Messiner, StVO10, Anm 7 zu § 18). Einen für die Anwendung dieser Gesetzesstelle erforderlichen Stillstand der vor ihm befindlichen Kolonne im Zeitpunkt des Einfahrens in die Kreuzung durch den Lenker des gegnerischen Fahrzeugs hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.

Aber auch sonst werden in der Revision des Klägers keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dargetan. Bloßen Ermessensentscheidungen - wie über die Teilung oder Schwere des Verschuldens - kommt im Allgemeinen keine über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung zu. Dass das Berufungsgericht von einer in ständiger Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung extrem abgewichen wäre, was aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit wahrzunehmen wäre (Kodek in Rechberger, ZPO**2, Rz 3 zu § 502 mwN), wird in der Revision gar nicht behauptet, vielmehr entspricht die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung der Judikatur (vgl ZVR 1980/223; so auch ZVR 1980/11, insoweit aber nicht veröffentlicht).

Die Revision der klagenden Partei war deshalb zurückzuweisen.

Der Beschluss, mit dem das Berufungsgericht aussprach, die ordentliche Revision sei doch zulässig und der beklagten Partei mitteilte, dass ihr die Beantwortung der Revision freigestellt werde, wurde dem Vertreter der beklagten Partei am 22. 12. 2000 zugestellt. Dieser gab am 31. 1. 2001 eine an das Erstgericht gerichtete Revisionbeantwortung zur Post. Das Erstgericht legte diese dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor; dieser übermittelte die Revisionsbeantwortung dem Berufungsgericht, wo sie am 7. 2. 2001 einlangte. Gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO ist die Revisionsbeantwortung aber beim Berufungsgericht einzubringen, wenn dieses - wie im vorliegenden Fall - dem Revisionsgegner nach § 508 Abs 5 ZPO freigestellt hat, eine Revisionsbeantwortung einzubringen. Gemäß § 89 GOG werden zwar die Tage des Postenlaufes in gesetzliche oder richterliche Fristen grundsätzlich nicht eingerechnet, dies gilt aber nur dann, wenn das Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert ist, widrigenfalls eine befristete Prozesshandlung nur dann als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn sie noch innerhalb der offenstehenden Frist beim zuständigen Gericht eingelangt ist (Gitschthaler in Rechberger, ZPO**2, Rz 16 zu § 126 mwN). Im vorliegenden Fall ist die Revisionsbeantwortung aber außerhalb der Notfrist von vier Wochen (§ 507a Abs 1 ZPO), die mit der Zustellung der Mitteilung des Berufungsgerichtes, dass dem Revisionsgegner die Beantwortung der Revision freigestellt werde, beginnt (§ 507a Abs 2 Z 2 ZPO), beim Berufungsgericht eingelangt, weshalb sie wegen Verspätung zurückzuweisen ist.

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