JudikaturOGH

7Ob162/00z – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kuras und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Norbert A*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über die prot. Firma J***** GmbH, *****, wider die beklagte Partei M***** AG, *****, vertreten durch Cerha, Hempel Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen S 584.970,-- sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. März 2000, GZ 3 R 155/99g-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21. Mai 1999, GZ 35 Cg 234/98w-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.507,21 (darin S 3.584,53 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren, binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Zwischen der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 31. 3. 1998 das Konkursverfahren eröffnet wurde, und der Beklagten wurde am 25. 3. 1993 ein "Liefervertrag" über die Lieferung von 10-Groschen-Ronden geschlossen. Dieser verlängerte sich jeweils für ein Jahr. Die Bestimmung der Liefertermine und Liefermengen erfolgte am Beginn jedes Jahres. So erteilte die Beklagte dann der späteren Gemeinschuldnerin am 29. 12. 1997 für das Jahr 1998 den Auftrag auf Lieferung von insgesamt 83 Mio Stück Ronden in 20 Teillieferungen zu genau bestimmten Lieferterminen.

Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde deren Unternehmen per 3. 4. 1998 mit konkursgerichtlicher Genehmigung an die L-***** GmbH verkauft. Diese lieferte dann am 7. 4. 1998 4 Mio Stück 10-Groschen-Ronden an die Beklagte. Sie verwies dabei auf den Auftrag vom 29. 12. 1997. Die Beklagte übernahm die Lieferung. Der Rechnungsbetrag in Höhe von S 301.920,-- wurde der Konkursmasse mit Vertrag vom 30. 5. 1998 abgetreten.

Am 8. 4. 1998 erklärte die Beklagte - nachdem sie von der Konkurseröffnung erfahren hatte -, den Vertrag über die Lieferung der Ronden mit sofortiger Wirkung für beendet. Punkt VII lit a des Vertrags sieht die Möglichkeit der sofortigen Beendigung des Vertrages im Falle des Konkurses vor. Die Beklagte verweigerte am 4. 6. 1998 die Annahme einer weiteren Lieferung, die auf Grund der Vereinbarung mit der Gemeinschuldnerin vor der Kündigung erfolgen sollte.

Nach dem Liefervertrag aus dem Jahre 1993 war die Gemeinschuldnerin auch zur Herstellung und Lagerung eines sogenannten "Pufferlagers" im Ausmaß von 15 Mio Stück 10-Groschen-Ronden verpflichtet. Dieses wurde auch bereits 1993 von der Beklagten vollständig bezahlt und in ihr Eigentum übertragen. Nach der Kündigung des Vertrages am 8. 4. 1998 begehrte die Beklagte dessen Herausgabe. Es stellte sich jedoch heraus, dass eine Aussonderung des Pufferlagers nicht mehr möglich war. Der klagende Masseverwalter stellte außer Streit, dass aus diesem Verhalten (bereits vor Konkurseröffnung) ein Schaden in zumindest der Höhe der Klagsforderung entstanden ist.

Der klagende Masseverwalter stützt sein Begehren auf Zahlung von S 584.970,-- einerseits darauf, dass ihm von der L-***** GmbH deren Anspruch aus der auf Grund einer Absprache zwischen der Beklagten und dieser Gesellschaft erfolgten Lieferung am 7. 4. 1998 auf Zahlung von S 301.920,-- abgetreten worden sei, und andererseits darauf, dass sich die Beklagte bei Annahme der am 4. 6. 1998 angebotenen Lieferung mit einem Rechnungswert von S 283.050,-- im Annahmeverzug befinde. Das gesamte Unternehmen sei an die L-***** GmbH übertragen worden. Die Beklagte habe deren Lieferung auch angenommen. Sie könne sich nicht darauf stützen, mit dieser Gesellschaft nichts zu tun haben zu wollen.

Eine Aufrechnung der vor Konkurseröffnung entstandenen Schadenersatzansprüche der Beklagten mit den nach der Konkurseröffnung auf Grund der Lieferung entstandenen Forderungen der Klägerin sei unzulässig.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass sie den Vertrag entsprechend der darin vorgesehenen Beendigungsmöglichkeit per 8. 4. 1998 mit sofortiger Wirkung aufgelöst habe. Hinsichtlich der Lieferung vom 7. 4. 1998 sei sie zu einer Vertragsübernahme durch die L-***** GmbH nicht bereit gewesen und vor der Lieferung auch gar nicht darauf aufmerksam gemacht worden.

Die Annahme der weiteren Lieferung für den 4. 6. 1998 sei nicht verweigert, jedoch auf die Gegenforderung aus dem zweifach verrechneten Pufferlager verwiesen worden. Diese Gegenforderung wandte die Beklagte auch kompensando ein. Die Aufrechnung sei zulässig, da der Auftrag am 29. 12. 1997, also vor Konkurseröffnung erteilt wurde und damit die Forderung entstanden sei.

Das Erstgericht erkannte sowohl die Klagsforderung also auch die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung als zu Recht bestehend und wies demgemäß das Klagebegehren ab. Die grundsätzliche Berechtigung der Ansprüche der Klägerin ergebe sich einerseits aus der erfolgten und übernommenen Lieferung und andererseits aus dem Annahmeverzug der Beklagten bei der zweiten Lieferung. Nach stRsp könne jedoch der Werkbesteller mit einer vor der Konkurseröffnung erworbenen Forderung aufrechnen, wenn die Werklohnforderung bereits vor Konkurseröffnung begründet worden sei, dies auch dann, wenn das Werk erst nach Konkurseröffnung hergestellt und fertiggestellt wurde. Mit der Bestellung der 83 Mio Stück Ronden für das Jahr 1998 sei aber die Forderung der Klägerin bereits entstanden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, dass es nur die Teilforderung von S 301.920,--, nicht jedoch die weitere Forderung über S 283.050,-- als zu Recht bestehend feststellte. Das Berufungsgericht folgerte dabei rechtlich, dass die Forderung für die erste Lieferung schon auf Grund der mangelnden Zustimmung der Beklagten nicht auf eine Vertragsübernahme gestützt werden könne. Es sei jedoch von einer Zession der Rechte des Betriebsübergebers und Erfüllungsübernahme hinsichtlich der Pflichten auszugehen. Die Rückzession stelle keinen "neuen Forderungserwerb" der Masse dar.

Hinsichtlich der Aufrechnung sei davon auszugehen, dass § 19 Abs 1 KO diese im Zusammenhang mit den Erfordernissen der Gleichartigkeit und beiderseitiger Fälligkeit sowie Unbedingtheit teilweise erleichtere.

§ 20 KO schließe aber die Aufrechnung hinsichtlich Gegenforderungen, die erst nach der Verfahrenseröffnung entstanden seien oder in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Konkursschuldners in den letzten 6 Monaten vor Verfahrenseröffnung erworben wurden, aus, sofern der Gläubiger nicht zur Übernahme der Forderung verpflichtet gewesen sei. Maßgeblich sei, ob zu Beginn der Konkurswirkungen die bürgerlich-rechtlichen Voraussetzungen der Aufrechenbarkeit vorhanden waren. Der Anspruch des Unternehmers auf den Werklohn entstehe aber bereits mit Abschluss des Vertrages. § 1170 ABGB enthalte nur Regelungen über die Fälligkeit des Werklohnes. Auch der Werklohnanspruch des Gemeinschuldners sei daher vor Konkurseröffnung entstanden. Die mangelnde Fälligkeit oder Bedingtheit ändere im Hinblick auf die Aufrechnungsbefugnis hinsichtlich betagter und bedingter Forderungen nach § 19 Abs 2 Satz 1 KO nichts. Auch könne der Masseverwalter bei Erfüllung eines Vertrages gemäß § 21 KO durchaus prüfen, ob der Vertragspartner allfällige Aufrechnungsmöglichkeiten habe, bzw die Erfüllung von einer Erklärung abhängig machen, dass eine aufrechenbare Gegenforderung nicht bestehe oder auf die Aufrechnung verzichtet werde. Die neuere Judikatur des BGH (vgl ZIP 1992/48) über das Aufrechnungsverbot in diesem Zusammenhang sei auf Österreich wegen der unterschiedlichen Rechtslage nicht übertragbar. Der Kritik der Literatur sei entgegenzuhalten, dass es unbillig wäre, vom Schuldner des Gemeinschuldners volle Zahlung zu verlangen, ihm selbst aber für seine Gegenforderung nur die Konkursquote zu gewähren. Insgesamt sei der Entscheidung des Erstgerichtes nur dahingehend zu berichtigen, dass die Klagsforderung hinsichtlich der zweiten Lieferung vom 4. 6. 1998 nicht bestehe, da der klagende Masseverwalter nur gegen Zahlung liefern wollte, während die Beklagte beabsichtige, die Lieferung zu übernehmen, doch mit ihrer Gegenforderung aufzurechnen. Da sich der Rechtsstandpunkt der Beklagten als berechtigt erweise, befinde sich diese auch nicht in Annahmeverzug.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da sich der Oberste Gerichtshof mit der neueren - kritischen - Literatur zur Frage der Aufrechenbarkeit gegen Forderungen der Masse aus vor der Konkursforderung abgeschlossenen, jedoch erst nach der Konkurseröffnung erfüllten Werkverträgen, nicht befasst habe.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist im Ergebnis nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Es kann unter dem Aspekt des vorliegenden Falles dahingestellt bleiben, ob von der Rechtsprechung, dass bei Eintritt des Masseverwalters nach § 21 KO in einen vor Konkurseröffnung geschlossenen Werkvertrag die daraus der Masse zustehende Werklohnforderung mit jeder Konkursforderung kompensiert werden kann (so 5 Ob 101/62, SZ 58/169), abzugehen ist. Besteht doch schon die Klagsforderung nicht zu Recht (vgl zur mangelnden Rechtskraft der Feststellung RIS-Justiz RS0040742 mwN, zuletzt 4 Ob 242/99p).

Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger bei seiner Forderung aus der ersten Lieferung über S 301.920,-- ausdrücklich auf eine eigene Forderung der L-***** GmbH gestützt, die ihm abgetreten worden sei. Die Rückziehung der Bestreitung der Aktivlegitimation (AS 47), die sich im Übrigen auf den Einwand des Eigentumsvorbehalts bezogen hat (AS 13), ist von der Frage des Bestehens der Forderung zu unterscheiden. Die eigene Forderung der L-***** GmbH konnte aber nicht nachgewiesen werden. Dass die L-***** GmbH eine solche Forderung gegen die Beklagte gehabt hätte, die sie dem MV hätte abtreten können, hat die Beklagte nämlich immer bestritten (S 4/5 der Klagebeantwortung = AS 11 f; S 2 der Berufungsbeantwortung = AS 75). Demgemäß ist auch das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Lieferung durch die L-***** GmbH nicht auf Basis eines für diese Leistung abgeschlossenen oder durch Dreiparteieneinigung übernommenen Werkvertrages erfolgt sei (S 11 des Berufungsurteiles = AS 107). Es fehlt also die Grundlage für eine eigene Forderung der L-***** GmbH gegen die Beklagte. Eine Zession und Rückzession wurde aber nicht geltend gemacht.

Den weiters begehrten S 283.050,-- aus der angebotenen, aber nicht angenommenen Lieferung steht schon etngegen, dass sich die Beklagte berechtigt auf das im Vertrag für den Fall der Konkurseröffnung vereinbarte Auflösungsrecht berufen konnte (vgl Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger aaO § 21 Rz 28 mwN).

Im Ergebnis ist also die vom Berufungsgericht aufgezeigte und in der Revision relevierte Rechtsfrage gar nicht entscheidungswesentlich.

Es war daher die Revision des Klägers mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen.

Rückverweise