JudikaturOGH

7Ob10/01y – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde D*****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei Oliver M*****, vertreten durch Dr. Ingrid Weisz, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht vom 19. September 2000, GZ 21 R 258/00i-14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das zwischen den Streitteilen bestehende Rechtsverhältnis (Nachbarschaftslage; Überbau; Behauptung einer Servitut; Vertrag mit der Rechtsvorgängerin samt Folgewirkungen auf den Beklagten als deren Rechtsnachfolger) ist typisch einzelfallgeprägt. Dies gilt sowohl für die geographische Örtlichkeit als auch den Vertragswillen zwischen der Rechtsvorgängerin (des Beklagten) und der Klägerin, jeweils im Anschluss an deren Liegenschaftserwerbe 1985 bzw im Rahmen der als solche bezeichneten "Pachtverträge" von 1988 und 1992. Ob es sich bei der verfahrensgegenständlichen "Veranda" um ein Superädifikat oder um einen unselbständigen Bestandteil des auf dem nunmehrigen Grundstück des Beklagten errichteten Hauses handelt, ist letztlich nicht entscheidend.

Gemäß § 524 ABGB kann der als Erlöschungsgrund einer Servitut anerkannte Verzicht (des Berechtigten) vollständig, partiell, ausdrücklich oder schlüssig erfolgen (Hofmann in Rummel, ABGB3 Rz 2 zu § 524). Jedenfalls hat die Rechtsvorgängerin des Beklagten durch diese "Pachtverträge" allfällige weitergehende Benützungsrechte aus einer (ersessenen, offenkundigen oder sonst wie immer begründeten) Dienstbarkeit der Benützung der unstrittig auf dem der Klägerin eigentümlichen Liegenschaft bestandenen Veranda verzichtet, was ihr im Rahmen der das Schuldrecht beherrschenden Vertragsfreiheit auch uneingeschränkt zustand. Ein Rechtsübergang eines dinglichen oder obligatorischen Rechtes, insbesondere kraft des vom Beklagten mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Kaufvertrages, fand jedenfalls nicht statt, wobei durch Punkt VII. der genannten "Pachtverträge" Derartiges sogar ausdrücklich ausgeschlossen worden war. Schließlich hätte die Genannte - wie schon das Erstgericht grundsätzlich zutreffend ausführte - Ansprüche aus dem Titel eines Servitutsbestandes unter den Voraussetzungen des § 1488 ABGB geltend machen müssen, was aber (unstrittig) nicht geschehen ist. Davon, dass das nunmehrige Klagebegehren gegen Schikane verstoße, kann damit ebenso keine Rede sein.

Dass im Sinne des Schreibens des Bundesdenkmalamtes Beilage 5 Denkmalschutz prinzipiell auch für die gegenständliche Veranda nicht ausschließbar (also möglich) ist, mag (wenngleich ein ausdrücklicher Bescheid hierüber derzeit nicht vorliegt) zutreffen, hindert jedoch nicht die urteilsmäßige Verpflichtung zur Räumung. Zwar kann - entgegen den Annahmen des Berufungsgerichtes, was im Rahmen der vorliegenden Außenbegründung dieses Zurückweisungsbeschlusses richtigzustellen ist - nicht davon die Rede sein, dass der Beklagte seiner diesbezüglichen Beweispflicht nicht entsprochen habe, weil diese Urkunde im Zusammenhalt mit seinem Vorbringen einleitend der Tagsatzung vom 15. 3. 1999 (ON 7) ja von ihm vorgelegt worden war, doch ist es keineswegs ausgeschlossen, dass eine derartige "Abtragungsbewilligung" durch die genannte Behörde dennoch erteilt wird, zumal diese mit Schreiben Beilage I die "Aussetzung" ihres diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens bis zum Abschluss des gegenständlichen Zivilrechtsstreites angekündigt hat, und das Erstgericht in S 4 seiner Entscheidung (= AS 45) ausdrücklich (und unbekämpft) festgestellt hat, dass "das Bundesdenkmalamt auf dem Standpunkt steht, dass die vorliegende Veranda nicht die im § 1 DenkmalschutzG geforderte geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung habe, die das öffentliche Interesse an ihrer Erhaltung rechtfertigen würde". Soweit dies in der Revision mit der Behauptung, die gesamte Liegenschaft der Klägerin einschließlich Veranda stehe bereits unter Denkmalschutz, in Abrede gestellt bzw von den getroffenen und wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen wird, wird die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht und muss sie schon deshalb unbeachtlich bleiben. Mit diesem Argument kann der Beklagte daher nicht im vorliegenden Erkenntnisverfahren, sondern allenfalls (und erst) in einem künftigen Exekutionsverfahren unter Umständen argumentieren (vgl Jakusch in Angst, EO-Komm, Rz 12 zu § 35; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO-Komm, Rz 65 zu § 35). Dieser Fehlgriff des Berufungsgerichtes ist daher für die vorliegende (klagestattgebende) Entscheidung letztlich nicht ausschlaggebend. Gegen das Ergebnis der berufungsgerichtlichen Entscheidung bestehen somit keine gravierenden Bedenken, die zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit aufgegriffen werden müssten (8 ObA 95/98y).

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist das Vorbringen der Klägerin in erster Instanz ausreichend, um eine rechtliche Beurteilung abschließend vorzunehmen. Auch dies berührt im Übrigen keine erhebliche Rechtsfrage (7 Ob 45/97m). Der diesbezüglich geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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