2Nd513/00 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko und Dr. Tittel als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Salzburg zu 3 P 284/98s anhängigen Pflegschaftssache der am 26. Jänner 1985 geborenen mj Anna-Katharina L*****, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Übertragung der Zuständigkeit vom Bezirksgericht Salzburg an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien laut Beschluss des erstgenannten Gerichtes vom 16. August 2000 (ON 41) wird genehmigt.
Text
Begründung:
Die Mutter der außerehelich geborenen Pflegebefohlenen ist gemeinsam mit dieser nach Wien verzogen. Dies nahm das Bezirksgericht Salzburg, bei dem ein Verfahren zur Festsetzung einer Unterhaltspflicht gegen den Vater anhängig ist, zum Anlass, die Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu übertragen. Dieses lehnte die Übernahme mit der Begründung ab, dass ein offenes Unterhaltsverfahren anhängig sei, mit welchem sich das übertragende Gericht bereits eingehend betraut habe bzw in die Sache eingestiegen sei.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Grundsätzlich ist eine Pflegschaft vom Gericht des gewöhnlichen Aufenthalts des Pflegebefohlenen zu führen, im gegenständlichen Fall also vom BG Innere Stadt Wien (EFSlg 72.819 uva). Ein offener Antrag kann zwar im Interesse des Pflegebefohlenen gegen die Übertragung der Zuständigkeit sprechen, doch ist dies in der Regel nur dann anzunehmen, wenn sich das bisher zuständige Gericht bereits eingehend mit dem offenen Antrag befasst und dazu Vernehmungen durchgeführt hat, weil die unmittelbar gewonnenen Eindrücke verwertet werden sollen (RIS-Justiz RS0047032; Fucik in Fasching**2, Kommentar, Rz 3 zu § 111 JN mwN; zuletzt 5 Nd 212/00). Im gegenständlichen Fall wurde zwar der Vater der Pflegebefohlenen bereits vernommen, doch geschah dies im Rechtshilfeweg, weshalb das übertragende Gericht keine unmittelbaren Eindrücke gewinnen konnte. Es bestehen auch sonst keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Belassung der Pflegschaftssache beim Bezirksgericht Salzburg für die Pflegebefohlene vorteilhafter wäre, als die Übertragung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, weshalb gemäß § 111 JN spruchgemäß zu entscheiden war.