11Os10/00 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12. September 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Joachim S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Joachim S***** und Helmut W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 24. August 1999, GZ 21 Vr 1213/98-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Joachim S***** und Helmut W***** der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG (Punkt 1 des Urteilssatzes) und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (2) schuldig erkannt und zu Geldstrafen verurteilt, welche unter Erteilung einer Weisung nach § 26 Abs 2 FinStrG zum Teil bedingt nachgesehen wurden.
Nach dem Inhalt des Schuldspruches haben die Angeklagten im Bereiche des Finanzamtes Linz, und zwar Joachim S***** als Abgabenpflichtiger, Helmut Wandl als Wahrnehmender für S***** vorsätzlich
(zu 1) unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichterklärung von Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb der Jahre 1988 und 1989 eine Verkürzung an Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuer sowie Abgaben für alkoholische Getränke in der Höhe von 553.973,50 S für das Jahr 1988 bewirkt und in der Höhe von 638.498,50 S für das Jahr 1989 zu bewirken versucht sowie
(zu 2) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen durch Offenlegung zu niedriger Zahllasten für die Monate Februar 1990 bis Mai 1991 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von 340.917,-- S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Dieses Urteil bekämpfen die beiden Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die Joachim S***** auf die Gründe der Z 3, 5 und 9 lit a, Helmut W***** auf jene der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO stützen. Den Strafausspruch fechten die Angeklagten mit Berufung, die erteilte Weisung mit Beschwerde an.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S*****:
Der Kritik (Z 3) des Beschwerdeführers am Strafausspruch ("Freiheitsstrafe von 500.000,-- S") wurde durch eine entsprechende Urteilsberichtigung Rechnung getragen, sodass auf diesen Beschwerdeeinwand nicht mehr einzugehen war.
Dem in der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Vorwurf der Unterlassung von Feststellungen, welche Einkünfte in den Abgabenerklärungen deklariert wurden, ist entgegenzuhalten, dass entscheidungswesentlich nicht die erklärten, sondern die nicht erklärten Einnahmen sind. Dem Vorbringen, das Erstgericht habe die sich aus dem Verlassenschaftsverfahren AZ 222/88 des BG Linz-Land ergebende, im Zusammenhang mit der Übernahme des - ein negatives Betriebsvermögen aufweisenden - gastgewerblichen Betriebes "P*****" stehende Nachlassüberschuldung unberücksichtigt gelassen, mangelt es an jeglicher Begründung, inwieweit davon die Urteilsannahmen über nichtdeklarierte Betriebseinnahmen betroffen sein sollen.
Dass die erklärten Einkünfte nicht einmal eine sparsame Lebensführung ermöglichen, ist eine beweiswürdigende Überlegung und keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache, weshalb dem Einwand, dem Beschwerdeführer sei, was unbeachtet geblieben sei, vom Miterben Karl S***** eine Summe von 774.000,-- S ausbezahlt worden, keine Relevanz zukommt.
Ein innerer Widerspruch iS dieses Nichtigkeitsgrundes liegt ferner nur dann vor, wenn der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen mit sich selbst in Widerspruch steht, wenn das Urteil verschiedene Tatsachen feststellt, die sich gegenseitig ausschließen, oder wenn die gezogenen Schlussfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 101a). Soweit der Beschwerdeführer daher erhebliche Widersprüche zwischen seiner zur Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (auch) herangezogenen Verantwortung vor dem Finanzamt Linz (US 7 iVm Bl 12 des Finanzstrafaktes), wonach er einräumte, dass im Prüfungszeitraum manchmal Einnahmen verkürzt wurden, und den beim Akt befindlichen Urkunden und Protokollen behauptet, geht seine Argumentation ins Leere, weil selbst bei Berücksichtigung der von der Beschwerde zitierten (weiteren) Angaben des Angeklagten, aber auch der - vom Schöffengericht erörterten - Aussage des Zeugen S***** der angebliche Widerspruch nicht aufgezeigt wird. Vielmehr wird mit diesem Vorbringen nur der Versuch unternommen, die Beweiswürdigung der Tatrichter, welche ihre Feststellungen nicht allein auf die Verantwortung des Angeklagten, sondern auf eine Reihe weiterer Gründe stützten (US 7 ff), nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen.
Der Einwand schließlich, das Erstgericht habe außer Acht gelassen, dass der Beschwerdeführer das Lokal "P*****" erst am 24. August 1988 durch Einantwortung übernommen habe, weshalb "für den davor liegenden Zeitraum die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen, Verkürzung von Umsatzsteuer und sonstigen Steuern und Abgaben denkunmöglich" sei, betrifft schon deshalb keine entscheidende Tatsache, weil dem Angeklagten das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG für den Zeitraum Februar 1990 bis Mai 1991 angelastet wird und er für die das Jahr 1988 betreffenden sonstigen (Jahres )Abgaben, welche erst im Jahre 1989 zu erklären waren, bereits zur Gänze verantwortlich war.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst zum einen Konstatierungen, die für die Verwirklichung der in Rede stehenden Finanzvergehen nicht erforderlich sind, zum anderen orientiert sie sich nicht am Urteilssachverhalt und wird damit nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Denn die Behauptung, es fehle an Feststellungen, inwieweit an den Angeklagten tatsächlich "Vermögensverschiebungen oder Geldflüsse stattgefunden haben", bzw dass "Geldflüsse vom Zweitangeklagten, der die Geschäfte des Nachtklubs "P*****" führte, an den Angeklagten erfolgten" ist schlicht nicht nachvollziehbar. Genug daran, dass der Beschwerdeführer nach den Urteilsannahmen als Abgabenpflichtiger die in seinem Nachtklub erzielten Einnahmen wissentlich nicht vollständig erklärte und dadurch eine Abgabenverkürzung bewirkte.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W*****:
Der in der Mängelrüge (Z 5) vertretenen Auffassung zuwider blieben die vom Erstgericht (ersichtlich gemeint: zum Urteilspunkt 1) getroffenen Feststellungen keineswegs unbegründet, bezieht sich das Schöffengericht hiebei doch ausdrücklich auf die Ergebnisse des Abgabenverfahrens, in welchem die verfahrensrelevanten Beträge nach § 184 BAO im Schätzungsweg bestimmt wurden. Der Sache nach richtet sich die Kritik des Beschwerdeführers denn auch gegen die Schätzung selbst, sieht er doch "keine wie immer geartete Handhabe" dafür, aus der den Zeitraum 1. Juni bis 19. Juni 1991 betreffenden - zugestandenen - Einnahmenmanipulation einen Schluss auf Einnahmenverkürzungen derselben Größenordnung für den übrigen inkriminierten Zeitraum zu ziehen. Mit diesem Einwand lässt der Beschwerdeführer allerdings jene Überlegungen außer Acht, auf Grund welcher die Tatrichter dieses Schätzungsergebnis grundsätzlich als richtig ansahen (US 21 ff) und lediglich zur verlässlichen Ausschaltung von jeder Schätzung innewohnenden Ungenauigkeiten zu Gunsten des Angeklagten einen (großzügigen) Sicherheitsabschlag von 50 % vornahmen. Davon, dass die strafrechtlich relevante Einnahmenverkürzung unbegründet blieb, kann demnach keine Rede sein.
Nicht verständlich und damit einer sachlichen Erwiderung unzugänglich ist das weitere Vorbringen, das Urteil sei "insofern unzureichend begründet, als es, was die für den Vorwurf der Abgabenhinterziehung notwendige subjektive Tatzeit anlangt, sich mit der inhaltsleeren Zitierung der verba legalia begnügt".
Die Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) wiederum vermögen erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen nicht zu erwecken. Mit dem Hinweis darauf, dass Hinterziehungshandlungen im Juni 1991 keinen zwingenden Beweis dafür darstellen, dass ähnliches auch Jahre vorher durchgehend geschehen ist und die dazu deponierte Verantwortung des Angeklagten nicht zu widerlegen sei, wird lediglich die Beweiswürdigung des Schöffensenates nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung angefochten.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als nicht gesetzesgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.