6Ob134/00z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josseline R*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "A***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Preslmayr Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufsandung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 23. Dezember 1999, GZ 1 R 229/99z-112, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin schloss 1971 mit einer näher genannten Bank einen umfangreichen außergerichtlichen Generalvergleich ab, in den auch die nun beklagte Tochtergesellschaft der Bank eingebunden war. Die Bank und ihre Tochtergesellschaften übernahmen das Vermögen der insolventen Schwiegermutter und des Ehegatten der Klägerin, darunter auch ein näher genanntes Forstgut um 17,5 Mio S. Für das Forstgut wurde der Klägerin ua ein Aufgriffsrecht eingeräumt. Bei dessen Geltendmachung sollte der "Wert der Liegenschaften" einvernehmlich ermittelt werden. Sollte keine Einigung erzielt werden können, war zur Ermittlung des Übernahmswertes ein Schiedsgutachterverfahren vereinbart. Die Klägerin erklärte (rechtzeitig) am 30. Oktober 1984, ihr Aufgriffsrecht auszuüben. Die Bestellung von zwei Sachverständigen (SV) ergab kein übereinstimmendes Ergebnis in der strittigen Frage des Übernahmswertes (Klägerin: 1971 von der Bank bezahlter Kaufpreis, aufgewertet nach dem Holzpreisindex - beklagte Partei: Verkehrswert), zu den weiteren im Vergleich vorgesehenen Schritten zur Ermittlung des Übernahmswertes kam es nicht, keine der Parteien vereitelte das Schiedsgutachterverfahren.
Im ersten Rechtsgang des Vorverfahrens mit identer Parteirollenverteilung, dessen Gegenstand die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung des Aufgriffsrechtes war, erkannte der Oberste Gerichtshof zu AZ 3 Ob 507/91 (= JBl 1991, 659): "... Falls das SV-Gutachten letztlich scheitern sollte, ist die Klägerin allerdings mit ihrer Auffassung im Recht, dass auch dann nicht von der Unwirksamkeit der Geltendmachung des Aufgriffsrechts ausgegangen werden könnte; sondern dann könnte die Klägerin Zug-um-Zug gegen Zahlung des dann von ihr bestimmt anzubietenden Übernahmspreises die Übergabe der Liegenschaften fordern und es müsste die Richtigkeit des von der Klägerin angebotenen Übernahmspreises im Rechtsstreit festgestellt werden. Durch die Erhebung entsprechender Eventualbegehren könnte sich die Klägerin das Recht sichern, sich nicht schon vor dieser Wertfeststellung zu ihrem Nachteil mit einem zu hoch angesetzten Übernahmspreis festlegen zu müssen ..." Im zweiten Rechtsgang des Vorverfahrens wurde dem zweiten Eventualbegehren, festgestellt werde, dass der Klägerin das Aufgriffsrecht ... nur gegen Entrichtung des dem Verkehrswert der Liegenschaften des Forstgutes ... zum Stichtag 2. November 1984
entsprechenden Übernahmspreises zustehe, durch Endurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 27. Mai 1991 (die dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 23. Oktober 1991, AZ 3 Ob 1557/91, zurück) stattgegeben.
Im vorliegenden Verfahren wiesen die Vorinstanzen das Klagebegehren ab, die beklagte Partei habe der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an den strittigen näher bezeichneten Liegenschaften des Forstgutes zuzustimmen. Ausgehend von den bindenden Erwägungen im Vorverfahren komme es auf den Verkehrswert - und nicht auf einen valorisierten Wert des seinerzeitigen Verkaufspreises - der Liegenschaften des Forstgutes zum Stichtag an. Der Verkehrswert des Forstgutes habe nach dem Gutachten des SV DI Fladl am Stichtag, aber auch 1994 (Klageeinbringung) und 1999 (Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz), mehr als das Doppelte des von der Klägerin angebotenen Aufgriffspreises von 27,369.550 S betragen. Es komme daher nicht darauf an, ob sich der im Gutachten des genannten SV festgestellte Wert seither aus verschiedenen, von der Klägerin vorgebrachten Erwägungen geringfügig erhöhe oder vermindere oder ob er zu valorisieren sei. Im Beweisverfahren ergaben sich keine Anhaltspunkte für die von der Klägerin der beklagten Partei vorgeworfene schuldhafte Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Liegenschaften.
Die außerordentliche Revision der Klägerin bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.
Rechtliche Beurteilung
Die im Rechtsmittel behauptete Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens betrifft Vorgänge des erstistanzlichen Verfahrens, sowohl die Nichtigkeit wie auch die Mangelhaftigkeit des Verfahrens (unterlassene Parteienvernehmung der Klägerin, unterlassene Beischaffung des "Wucheraktes") wurde von der zweiten Instanz mit eingehender Begründung verneint. Diese verneinten Rechtsmittelgründe können nach stRspr nicht neuerlich zum Gegenstand eines Rechtsmittels an die dritte Instanz gemacht werden.
Nach den Ergebnissen des Vorverfahrens kann die Klägerin mit ihrem Aufgriffsbegehren nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des Übernahmspreises durchdringen, sie hatte der beklagten Partei den Übernahmspreis bestimmt zu benennen. Wenn dieser Übernahmspreis dem maßgeblichen Verkehrswert zum Stichtag 1. November 1984 entsprach, was im Rechtsstreit durch Beweisergebnisse (SV) zu erhärten war, stand der Klagestattgebung nichts im Wege. Dieser bereits im Vorverfahren vom Obersten Gerichtshof dargelegten und zu billigenden Rechtsauffassung ist das Berufungsgericht gefolgt. Dass der von der Klägerin angebotene Übernahmspreis dem Verkehrswert zum Stichtag auch nicht annährend entspricht, steht nach dem den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhalt, den die Tatsacheninstanzen als erwiesen annahmen, fest. Die Revisionsausführungen entfernen sich über weite Strecken von diesen durch die zweite Instanz gebilligten Feststellungen und entziehen sich damit einer meritorischen Beurteilung durch die Revisionsinstanz. Einer nachprüfenden richterlichen Kontrolle eines durch den Dritten "grob unbillig" nach § 1056 ABGB festgesetzten Preises steht hier entgegen, dass es infolge Scheitern des im Generalvergleich vorgesehenen Schiedsgutachterverfahrens eben nicht zu einer Preisbestimmung durch Dritte (Schiedsgutachter) kam. Eventualbegehren, wie sie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung im Vorverfahren für zulässig erklärte, hat die Klägerin auch nach entsprechender Manuduzierung nicht gestellt.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).