JudikaturOGH

15Os77/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Isfah D***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und 3 SMG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Feber 2000, GZ 4 b Vr 95/00-47, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gemäß § 494a Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Isfah D***** wurde (I) des Verbrechens nach §§ 28 Abs 2 und Abs 3 SMG, teils begangen in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB und (II) des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er

(I) den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgifte in einer großen Menge, nämlich Heroin und Kokain mit nicht mehr feststellbarem, zumindest aber durchschnittlichem Wirkstoffgehalt

(1) in Verkehr gesetzt, und zwar

(a) vor September 1998 durch Verkauf einer nicht mehr feststellbaren Anzahl von Heroin- und Kokainkugeln in Teilmengen an den abgesondert verfolgten Michael R*****;

(b) von Oktober 1998 bis 25. August 1999 durch Verkauf nicht mehr feststellbarer Mengen Heroin und Kokain in der Größenordnung von mehreren 100 Gramm in Teilmengen an unbekannt gebliebene Abnehmer;

(b) am 25. August 1999 in Verkehr zu setzen versucht, indem er eine nicht mehr feststellbare Anzahl von Heroin- bzw Kokainkugeln für den unmittelbaren Weiterverkauf an unbekannte Abnehmer bereithielt;

(II) am 13. August 1999 dadurch, dass er Insp. Gerhard Z*****, der im Begriff stand, von ihm Lichtbilder im Sinne des § 64 Abs 2 iVm § 65 Abs 1 SPG anzufertigen, die Sofortbildkamera aus dessen linker Hand zu schlagen versuchte und mit seinem Arm wild um sich schlug, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht.

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene - nach dem Inhalt der Rechtsmittelschrift lediglich das Faktum I bekämpfende - Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), es sei völlig unklar, wie das Erstgericht zu den Feststellungen gelangt sei, der Angeklagte hätte die Suchtgiftkugeln zum unmittelbaren Weiterverkauf bereitgehalten und es wäre ein Abnehmerkreis bereits zur Verfügung gestanden, sowie dass ihn nur das Einschreiten der Polizei an dieser Vorgangsweise gehindert hätte, ergebe sich nicht aus dem Akteninhalt, negiert die dazu getroffenen Urteilsausführungen US 14 und 15 über den Ort und die Situation der Festnahme sowie den Suchtgiftszenenhintergrund des Angeklagten. Danach stützten die Tatrichter die Konstatierungen zum Faktum I 2 auf die Angaben des am 25. August 1999 einschreitenden Bezirksinspektor Werner S*****, der eindeutige Schluckbewegungen wahrgenommen hatte, sowie aus den Erfahrungen im bezüglichen Milieu gezogenen Schlussfolgerungen, dass der Angeklagte, wie bei "Schwarzafrikanischen Suchtgiftverkäufern" üblich, mehrere Suchtgiftkugeln im Mund für den unmittelbaren Weiterverkauf aufbewahrt hatte.

Inwiefern sich die Feststellung, nur das Einschreiten der Polizei habe den Täter an dieser Vorgangsweise (Verkauf der verschluckten Suchtgiftkugeln) gehindert, nicht aus dem Akteninhalt ergebe, legt die Beschwerde nicht dar und ist mangels Substantiierung in diesem Punkt nicht erwiderungsfähig.

Die Kritik der Tatsachenrüge (Z 5a) behauptet erhebliche Bedenken gegen die auf den Depositionen des Zeugen AZ 1 beruhende Annahme einer in Verkehr gesetzten Suchtgiftmenge in der Größe von mehreren 100 Gramm Heroin und Kokain, obwohl dieser Zeuge in der Hauptverhandlung deponierte, zur Größe der weitergegebenen Menge keine persönlichen Wahrnehmungen gemacht zu haben, gegen die Feststellung gewerbsmäßiger Begehung, weil der Angeklagte zu diesem Umstand in der Hauptverhandlung nicht befragt worden sei, sowie gegen die Konstatierung, vom Angeklagten seien Suchtgiftkugeln verschluckt worden. Damit unternimmt sie aber lediglich einen unzulässigen Angriff auf die den Tatrichtern zukommende Beweiswürdigung, ohne konkret aus den Akten hervorkommende gegen die entscheidungswesentlichen Schuldfeststellungen sprechende Umstände aufzeigen zu können. Das Schöffengericht hat die Aussage der Zeugen AZ 1 und Bez. Insp. S***** umfassend gewürdigt und den Umfang der verkauften Suchtgiftmengen nicht nur auf deren Beobachtungen, sondern auch auf Schlüsse aus Erfahrungswerten gestützt (US 13, 14 f) und die Verantwortung des Angeklagten, er habe lediglich 100 Gramm Suchtgift im genannten Zeitraum verkauft und am 28. August 1999 nichts verschluckt, als unglaubwürdige Schutzbehauptung verworfen (US 11 f). Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen werden mit diesem Vorbringen nicht geweckt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sowie die Beschwerde des Angeklagten wird daher gemäß §§ 285i, 498 StPO der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

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