JudikaturOGH

11Os52/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Siegfried K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 27. Jänner 2000, GZ 14 Vr 1737/99-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Siegfried K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I) sowie der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (II), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III) und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 (§ 81 Z 2) StGB (IV) schuldig erkannt.

Danach hat er

zu I: am 20. September 1999 im Gemeindegebiet von Deutsch-Wagram bei Dunkelheit auf einem Feldweg Margaretha S***** durch zahlreiche Schläge mit den Fäusten und der flachen Hand gegen den gesamten Körper, insbesondere Gesicht, Kopf und Oberkörper, wodurch die Angegriffene eine Prellung des rechten Unterschenkels, vier Hautabschürfungen rechts gluteal, Hautabschürfungen am rechten Ellbogen und an der rechten Schulter sowie Hämatome und Prellungen des Unterkiefers sowie beider Jochbeine erlitt, und durch die wiederholte sinngemäße Äußerungen: "Hast du Angst? Ich habe dich etwas gefragt, ob du eine Angst hast? Scheißt du dir schon in die Hose? Blasen ist angesagt. Schau raus, glaubst du, dass dir irgendwer helfen kann? Wenn i di da hamdrah, dann merkt des kana. Glaubst du, dass des einem auffällt? ..", sohin durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Oralverkehrs genötigt;

zu II: am 20. September 1999 in Deutsch-Wagram einen Gendarmeriebeamten, nämlich Insp. Markus N*****, mit Gewalt, nämlich durch Zufahren mit seinem PKW, an der Durchführung einer Verkehrskontrolle gehindert;

zu III: in Wien Margaretha S***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:

1.) im September 1999 durch die Worte "Ich erschlage dich", wobei er sie würgte und auf sie einschlug, und

2.) Anfang September 1999 sinngemäß durch die Worte: "Wenn du deppert bist, dann schlitze ich dich auf!", wobei er ein Messer in den Händen hielt;

zu IV: eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeigeführt, und zwar:

1.) durch die zu II inkriminierte Tat Insp. Markus N***** und

2.) (ebenfalls am 20. September 1999) in Wien-Süssenbrunn Insp. Josef L***** durch Losfahren mit seinem PKW, als der Beamte die Fahrertür öffnete, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von alkoholischen Getränken in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte (1,79 Promille), obwohl er vorhergesehen hatte oder vorhersehen hätte können, dass ihm eine Tätigkeit, nämlich das Lenken seines PKWs, bevorstand, deren Vornahme in diesem Zustand geeignet war, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern.

Die gegen diese Schuldsprüche gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Angeklagte das Urteil auch mit (angemeldeter, aber nicht ausgeführter, ON 50 iVm 58) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft, war dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, weil ein solches im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs 1 StPO).

Der Verfahrensrüge (Z 4) genügt es zu erwidern, dass die Legitimation zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht vorliegt, weil in der Hauptverhandlung keine Beweisanträge gestellt wurden (ON 47; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 1).

Mit der Behauptung in der Mängelrüge (Z 5), die Annahme der qualifizierten Drohung zu Schuldspruch I sei nicht ausreichend begründet, übergeht der Beschwerdeführer einerseits die neben dem Wortlaut der Äußerungen festgestellten sonstigen Begleitumstände zum Tatgeschehen, insbesondere das Abzweigen auf einen Feldweg (US 8 bis 9) und andererseits die ausreichenden beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffensenates, der sich (mängelfrei) vorrangig auf die als glaubwürdig erachteten Angaben des Tatopfers stützte (US 13).

Entgegen dem weiteren Beschwerdeeinwand war die Konstatierung zu den Fakten IV, der Angeklagte habe bei seinem Alkoholkonsum das ihm bevorstehende Lenken seines PKWs vorhergesehen (US 8), nicht näher zu begründen; hat sich doch der Beschwerdeführer in Richtung der nunmehr spekulativ in der Rechtsmittelschrift angestellten Überlegungen, auf eine andere Art nach Hause zu kommen, nicht verantwortet (S 81 ff, 98 ff und 335 ff).

Während die Beschwerdekritik zum Schuldspruch IV/1 hinsichtlich des Öffnens der "hinteren" Fahrertüre nicht vom Urteilssachverhalt ausgeht, bezieht sich jene, womit fehlende (präzisere) Feststellungen zur Höhe der Fahrgeschwindigkeit und zum Seitenabstand beim Zufahren auf Insp. Markus N***** releviert werden, nicht auf entscheidungsrelevante Details, weil das Urteil ohnedies (auch im Zusammenhalt mit Faktum II) ausreichende Konstatierungen über die unveränderte Fahrgeschwindigkeit beim Herannahen an den in der Fahrlinie mit einem Anhaltestab stehenden Polizeibeamten enthält (US 10).

Soweit der Angeklagte die mangelnde Begründung von Strafzumessungsgründen moniert, macht er nicht den herangezogenen Nichtigkeitsgrund (Z 5), sondern lediglich einen Berufungsgrund geltend.

Das zu den Fakten I und III erstattete Vorbringen zur Tatsachenrüge (Z 5a) bekämpft lediglich in unzulässiger Weise nach Art einer Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung, indem die Beschwerde versucht, die zuerkannte Glaubwürdigkeit der Zeugin Margaretha S***** zu untergraben und der verworfenen Darstellung des Angeklagten doch noch zum Durchbruch zu verhelfen, ohne aber aus dem Akteninhalt erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Argumentation der Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher zum Schuldspruch I eine Verurteilung bloß nach Abs 2 des § 201 StGB angestrebt wird, geht nur vom Wortlaut der Drohungen, nicht aber von den festgestellten Begleitumständen aus. Durch das Negieren des gesamten, zum Tatablauf konstatierten Tatsachensubstrates verfehlt somit die Beschwerde die gesetzmäßige Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, die nur im Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz und dem Nachweis, dass dem Erstgericht bei der Subsumtion ein Rechtsirrtum unterlaufen sei, bestehen kann.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet, teils als nicht den Verfahrensvorschriften entsprechend bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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