JudikaturOGH

3Ob330/99x – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Franz H*****, vertreten durch Dr. Franz Huber, Rechtsanwalt in Traun, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1.) Florian H*****, und 2.) Maria H*****, beide vertreten durch Mag. Ernst Lehenbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen Ersatzansprüchen gemäß § 394 EO und Ausfolgung von Sicherheitsleistungen, über den Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 27. September 1999, GZ 1 R 104/99s-183, womit infolge Rekurses der beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 1. Oktober 1998, GZ 2 Cg 23/96x-158, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und die hiezu von den Beklagten erstattete Beantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit seinem Beschluss vom 9. 4. 1997 (ON 121), welcher unangefochten in Rechtskraft erwuchs, hob das Erstgericht eine auf Antrag des Klägers erlassene einstweilige Verfügung gemäß § 399 Abs 1 Z 4 EO auf.

Mit Beschluss vom 1. 10. 1998 wies es nunmehr (im zweiten Rechtsgang) die Anträge der beklagten Parteien, Ersatzbeträge gemäß § 394 EO festzusetzen, das Kostenbegehren sowie das Begehren, als Sicherheitsleistung von der klagenden Partei erlegte Beträge von S 500.000,-- und S 200.000,-- an die beklagten Parteien auszufolgen, ab (Punkte 1 bis 9). Darüber hinaus wies es die Verwahrabteilung des OLG an, nach Rechtskraft des Beschlusses die eine Sicherheit, nämlich ein Sparbuch über S 200.000,-- samt abgereifter Zinsen an den Erleger (den Kläger) auszufolgen (Punkt 10). Schließlich sprach es aus, dass hinsichtlich der weiteren Sicherheitsleistung (Sparbuch mit derzeitigem Stand S 450.974,87 samt abgereifter Zinsen), gepfändet zu E ***** des BG M*****, die weitere Weisung des Gerichtes abgewartet werde (Punkt 11).

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten teilweise Folge. Während es den erstinstanzlichen Beschluss in seinen Punkten 1 bis 9 bestätigte, hob es Punkt 11 ersatzlos auf und wies den Antrag des Klägers, ihm die beiden Sicherheitsleistungen auszufolgen, ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass in Bezug auf die Entscheidung über die Ersatzansprüche nach § 394 EO der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig, in Bezug auf die Entscheidung über die Ausfolgungsanträge jedoch zulässig sei.

Was die Ausfolgungsanträge betrifft enthält die Rekursentscheidung ausführliche Erwägungen dazu, wie vorzugehen ist, wenn die gefährdete Partei eine Sicherheitsleistung gemäß § 390 EO geleistet hat und der Antragsgegner, dem rechtskräftig ein Ersatzanspruch gemäß § 394 Abs 1 EO zuerkannt wurde, auf diese greifen will. Die Beklagten hätten an den beiden Sicherheitsleistungen im vorliegenden Verfahren zufolge §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 56 Abs 3 ZPO ein gesetzliches Pfandrecht erworben (SZ 29/35; SZ 56/55; JBl 1993, 498 ua; König, Einstweilige Verfügung im Zivilverfahren, Rz 169 ua). Da die Bestätigung der Abweisung von Ersatzansprüchen nach § 394 Abs 1 EO - soweit sie nicht Kosten betreffen - zumindest noch mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs angefochten werden könne (SZ 69/114), sei die Entscheidung hierüber noch nicht rechtskräftig. Es könne daher auch nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit die Beklagten nicht doch ein gesetzliches Pfandrecht an den beiden Sicherheiten erworben hätten. Sollte sich in weiterer Folge - etwa auf Grund eines abändernden oder aufhebenden oberstgerichtlichen Beschluss - ein derartiger Ersatzanspruch und damit der Bestand eines gesetzliches Pfandrechtes der Beklagten an diese beiden Sicherheiten ergeben, werde ihnen noch (allenfalls unter Fristsetzung) Gelegenheit zu geben sein, zur Hereinbringung des zuerkannten Betrages Exekution auf den Ausfolgungsanspruch des Klägers zu führen. Erst danach seien die weiteren richterlichen Pfandrechte, die (nur) den Rang der Zustellung des jeweiligen Verfügungsverbotes an das Erstgericht hätten, zu berücksichtigen.

Die Höhe der in diesen Exekutionen betriebenen Forderungen übersteige die Summe der beiden noch erliegenden Sicherheitsleistungen. Schon daraus folge, dass das Ausfolgungsbegehren des Klägers (§ 400 EO) jedenfalls nicht zum Tragen kommen könne. Insoweit sei der Rekurs voll berechtigt.

Voraussetzung einer Ausfolgung der Sicherheitsleistungen an die Beklagten wäre die rechtskräftige Festsetzung von Ersatzansprüchen gemäß § 394 EO und eine diesbezügliche Exekutionsführung auf die Sicherheiten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Ebenso fehle eine Zustimmung des Klägers zu einer Ausfolgung an die Beklagten.

Bei einer allfälligen künftigen Exekutionsführung der Beklagten zur Hereinbringung von allfälligen Ansprüchen gemäß § 394 EO habe das Erstgericht als Drittschuldner ohne weiteren Antrag der betreibenden Gläubiger die Überweisung bzw Ausfolgung vorzunehmen. Eine weitere Entscheidung des Exekutionsgerichtes oder die Einholung einer Weisung des Exekutionsgerichtes durch den Drittschuldner sei in den §§ 290 ff EO nicht vorgesehen; § 292k EO betreffe Probleme der Lohnpfändung. Dies bedeute, dass aus Anlass des Rekurses der Ausspruch des Erstgerichtes, die weitere Weisung des Exekutionsgerichtes der Forderungsexekution abzuwarten, ersatzlos zu beseitigen und die Abweisung des Ausfolgungsantrages des [gemeint offenbar: der] Beklagten zu bestätigen sei. Das Erstgericht werde zum gegebenen Zeitpunkt seine Pflichten als Drittschuldner von Amts wegen wahrzunehmen haben.

Während im Bereich des § 394 Abs 1 EO keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen seien, seien Lehre und Rechtsprechung zu keinem einhelligen bzw klaren Standpunkt darüber gelangt, wie das gesetzliche Pfandrecht des Antragsgegners an der von der gefährdeten Partei erlegten Sicherheit zu realisieren sei. Dieser Rechtsfrage komme über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu. Insoweit liege keine den erstrichterlichen Beschluss zur Gänze bestätigende Entscheidung vor.

Diese Entscheidung bekämpft der Kläger mit seinem Revisionsrekurs insoweit, als sein Antrag, die bei der Verwahrabteilung des OLG hinterlegten Sparbücher zu Handen des Klagevertreters auszufolgen, abgewiesen wurde. Er stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass ihm die verwahrten Sparbücher zu Handen seines Vertreters ausgefolgt werden.

In der Begründung seines Rechtsmittels weist der Kläger darauf hin, dass den Beklagten Ersatzansprüche wiederholt aberkannt worden seien, weshalb der vom Rekursgericht als erheblich aufgeworfenen Rechtsfrage in der gegenständlichen Rechtssache nur mehr theoretische Bedeutung zukomme. Dagegen leide die Abweisung der Ausfolgungsanträge des Klägers an einer Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 iVm § 503 Abs 1 Z 1 ZPO. Es fehle einerseits überhaupt eine Begründung der Abweisung der Ausfolgungsbegehren des Klägers. Die gegebene Begründung, dass der Anspruch des Erlegers auf Rückzahlung der erlegten Sicherheiten gepfändet sei, könne nicht zur Begründung ausreichen, seinen Ausfolgungsanspruch abzuweisen. Damit würde die Forderungsexekution zum Verlust des Exekutionsobjektes, nämlich des Ausfolgungsanspruches selbst, führen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Rekursgericht daher den Ausfolgungsanträgen Folge zu geben gehabt.

Unzutreffend sei auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die Geltendmachung von neuen Ansprüchen nach Aufhebung der Entscheidung im ersten Rechtsgang nicht wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot unzulässig sei. Dem liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde. Wenngleich das Rekursgericht zutreffend vom Mangel der Kausalität der einstweiligen Verfügung für die im wiederholten Verfahren neu gestellten Ersatzbegehren ausgehe und die erstgerichtliche Abweisung dieser Ersatzansprüche als richtig bestätige, wären bei richtiger rechtlicher Beurteilung diese neuen Sachanträge infolge Verstoßes gegen das Neuerungsverbot bereits als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Ungeachtet dieser Rechtsrüge, was die Anträge nach § 394 EO betrifft, stellt der Kläger lediglich den Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass seinen Ausfolgungsanträgen stattgegeben werde.

Die Beklagten erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung, in welcher darauf hingewiesen wird, dass die Ausführungen im Revisionsrekurs für den Kläger allenfalls von theoretischer Natur seien und ihm das Rechtsschutzinteresse fehle.

Der Revisionsrekurs und die hiezu erstattete Beantwortung sind nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, deren Lösung nach Ansicht des Rekursgerichtes erhebliche Bedeutung im Sinn des hier gemäß § 78 und § 402 Abs 4 EO maßgebenden § 528 Abs 1 zukommt, nämlich die Frage der Realisierung des Pfandrechts, das den Beklagten an der vom Kläger erlegten Sicherheit zusteht, ist für die vom Obersten Gerichtshof zu treffende Entscheidung ohne Belang, weil die Abweisung der Ersatzanträge der Beklagten rechtskräftig geworden ist. Soweit sie den Kläger betrifft, findet die Entscheidung des Rekursgerichtes jedenfalls ihre Begründung in dem von diesem auch ins Treffen geführten Umstand, dass die Sparbücher dem Kläger wegen der gerichtlichen Pfändung seines Ausfolgungsanspruchs nicht ausgefolgt werden dürfen. Dies ist derart naheliegend, dass in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu lösen ist. Da dem gesamten Vorbringen des Klägers und insbesondere auch seinem im Revisionsrekurs gestellten Antrag eindeutig zu entnehmen ist, dass er ausschließlich anstrebt, die Verfügungsmacht über die Sparbücher zu erhalten, dem aber die Pfändung seines Ausfolgungsanspruchs entgegensteht, hängt die Entscheidung auch nicht von der - im Revisionsrekurs angedeuteten - Frage ab, ob in dem vom Erstgericht durchgeführten Verfahren allein über den Ausfolgungsanspruch des Klägers entschieden werden hätte müssen. Ob der Lösung dieser Frage erhebliche Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zukommt, ist daher nicht wesentlich.

Zu dem im Revisionsrekurs noch geltend gemachten Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO gibt es hinreichend oberstgerichtliche Rechtsprechung. Dass im Übrigen zum fraglichen Entscheidungsteil sehr wohl eine Begründung des Rekursgerichtes vorliegt, muss der Kläger, der sich damit auch inhaltlich auseinandersetzt, in Wahrheit selbst einräumen.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist daher wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

Unzulässig ist aber auch die von den Beklagten hiezu erstattete Beantwortung, weil kein Fall des § 402 Abs 1 ZPO vorliegt und die Gründe, die für die analoge Anwendung diese Bestimmung (zB) auch auf das Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen nach § 394 Abs 1 EO (Nachweise der Rechtsprechung bei Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung 248) sprechen, hier nicht gegeben sind. Die Entscheidung über den Ausfolgungsantrag ist keineswegs von einer Bedeutung, die mit jener der im Gesetz ausdrücklich genannten Entscheidungen vergleichbar ist, auch wird nicht wie im Verfahren nach § 394 EO über einen materiellen Anspruch entschieden.

Rückverweise