8Nd501/00 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Steinbauer, Dr. Rohrer und Dr. Spenling als weitere Richter in der Pflegschaftssache des ***** mj Martin G*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bludenz als Unterhaltssachwalter, wegen Unterhaltsfestsetzung gegenüber dem außerehelichen Vater Robert S*****, über den negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Bezirksgericht Favoriten und dem Bezirksgericht Bludenz gemäß § 47 JN den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Für die Entscheidung über die geltend gemachten Unterhaltsansprüche ist das Bezirksgericht Bludenz als Pflegschaftsgericht zuständig.
Text
Begründung:
Beim Bezirksgericht Favoriten war zu 2 C 288/92m ein Rechtsstreit zwischen dem Minderjährigen und Robert S***** wegen Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhalts anhängig. Mit der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bezirksgerichtes Favoriten vom 13. 8. 1999 (ON 56) wurde 1. der Beklagte als Vater des von Eveline Geiger am 12. 10. 1990 unehelich geborenen Kindes Martin Geiger festgestellt und 2. der Beschluss gefasst, das Verfahren, soweit die Zahlung von Unterhalt durch den Beklagten begehrt wurde, mangels Spruchreife in Analogie zu Art 50 Abs 7 (gemeint wohl: Art V Z 7 letzter Satz UeKindG), BGBl 342/170, ins außerstreitige Verfahren zu überweisen (ein örtlich zuständiges Gericht wurde vorerst nicht genannt).
Mit Beschluss vom 10. 12. 1999 (ON 60), gegen den ebenfalls kein Rechtsmittel erhoben wurde, überwies das Bezirksgericht Favoriten nunmehr die Rechtssache bezüglich der Unterhaltsansprüche des Minderjährigen gemäß Art V Z 7 letzter Satz UeKindG iVm § 114 JN an das zur Führung der Vormundschaft zuständige Bezirksgericht Bludenz, auf das bereits im Mai 1997 die Pflegschaftssache infolge Übersiedlung des Minderjährigen nach Vorarlberg übertragen worden war (Beschluss des BG Favoriten vom 6. 5. 1997, 1 P 26/96b-6).
Das Bezirksgericht Bludenz lehnte die Entscheidung über die geltend gemachten Unterhaltsansprüche mit Beschluss vom 2. 2. 2000, 5 P 66/97f-10, der ebenfalls in Rechtskraft erwachsen ist, mit der Begründung ab, dass die nach urteilsmäßiger Feststellung der Vaterschaft erfolgte Überweisung in das außerstreitige Verfahren nicht dem Gesetz entspräche, weil ein solches Vorgehen nach Art V Z 7 UeKindG nur bei Anerkennung der Vaterschaft, nicht aber bei urteilsmäßiger Feststellung der Vaterschaft vorgesehen sei und eine analoge Anwendung ausscheide. Daran ändere auch die Rechtskraft der Überweisung ins außerstreitige Verfahren nichts. Es lehne daher seine Zuständigkeit zur Geltendmachung der Unterhaltsansprüche des Minderjährigen gegen den festgestellten außerehelichen Vater ab.
Das Bezirksgericht Favoriten legt hierauf den Akt zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Die formellen Voraussetzungen zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt liegen vor: Die Entscheidungen sind rechtskräftig (Mayr in Rechberger, Komm ZPO2 Rz 1 zu § 47 JN); der Oberste Gerichtshof ist das den beiden Gerichten übergeordnete gemeinsame Gericht iSd § 47 Abs 1 JN.
Auszugehen ist davon, dass die Entscheidung über die Überweisung ins Außerstreitverfahren bezüglich der Unterhaltsansprüche des außerehelichen Kindes gegen seinen festgestellten Vater in Rechtskraft erwachsen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Überweisung in Analogie zu Art V Z 7 letzter Satz UeKindG (Überweisung ins Außerstreitverfahren nach Anerkennung der Vaterschaft) nach urteilsmäßiger Feststellung der Vaterschaft zulässig war, oder ob - wie das Bezirksgericht Bludenz meint - das Bezirksgericht Favoriten im streitigen Verfahren nur ein Teilurteil über die Feststellung der Vaterschaft hätte fassen dürfen und sodann selbst über die Unterhaltsansprüche hätte entscheiden müssen (in diesem Sinn Simotta in Fasching, Kommentar Zivilprozessgesetze I2 Rz 9 zu § 76c JN). Mit die Rechtskraft überdauernder Nichtigkeitssanktion bedroht und daher noch aufgreifbar ist diese Vorgangsweise keinesfalls, weil zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen Minderjähriger grundsätzlich das Bezirksgericht im Außerstreitverfahren zuständig ist (Fucik in Rechberger Komm ZPO2 Rz 10 zu Art I EGZPO mwN). Wären nicht bereits mit der Vaterschaftsfeststellungsklage auch Unterhaltsansprüche verbunden, sondern erst nach rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft erhoben worden, wäre ebenso nicht zweifelhaft, dass diese im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen wären, als auch dann, wenn später ein Unterhaltserhöhungsantrag gestellt würde.
Es ist daher davon auszugehen, dass nunmehr über die Unterhaltsansprüche des Minderjährigen gegen seien außerehelichen Vater jedenfalls im Außerstreitverfahren zu entscheiden ist.
Gemäß § 114 Abs 2 JN ist für Unterhaltsansprüche Minderjähriger gegen den außerehelichen Vater örtlich das Bezirksgericht zuständig, das die Vormundschaft führt, sofern sie im Außerstreitverfahren zu erledigen sind; letzteres ist dann der Fall, wenn die Vaterschaft anerkannt oder - wie hier - durch Urteil rechtskräftig festgestellt worden ist (Mayr aaO Rz 2 zu § 114 JN; Simotta in Fasching, aaO Rz 19 zu § 114 JN).
Da die Pflegschaft bereits 1997 vom Bezirksgericht Favoriten an das Bezirksgericht Bludenz, in dessen Sprengel nunmehr der Minderjährige wohnt, übertragen wurde, bedarf es keiner Übertragung mehr nach § 111
JN.
Hieraus folgt, dass das Bezirksgericht Bludenz zur Entscheidung über die Unterhaltsansprüche des Minderjährigen gegen seinen außerehelichen Vater im außerstreitigen Verfahren zuständig ist.