JudikaturOGH

10Ob107/00h – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Walter M*****, Angestellter, *****, 2. Marianne M*****, Verkäuferin, *****, beide vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban und Mag. Andreas Meissner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei W*****-Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Aufhebung eines Kaufvertrages und Zahlung (Streitwert S 343.000 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15. März 2000, GZ 6 R 275/99z-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 8. Oktober 1999, GZ 3 Cg 148/98v-14, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei führt zur Zulässigkeit ihrer außerordentlichen

Revision aus: Das Berufungsgericht sei selbst davon ausgegangen, dass auch im Anwendungsbereich des § 9 KSchG nur für Leistungen Gewähr zu leisten sei, die geschuldet würden. Vor Anwendung des § 9 KSchG sei daher jedenfalls zu klären, ob eine bemängelte Vertragsklausel eine Leistungsbeschreibung oder einen Gewährleistungsausschluss darstelle. Dass diese Abgrenzung schwierig sei, werde auch vom Berufungsgericht zugestanden. Es gäbe keine oberstgerichtliche Judikatur zu der hier entscheidenden Frage, wie entsprechende Klauseln in Liegenschaftskaufverträgen auszulegen seien. Der Frage, wie diese Abgrenzung zwischen einer (zulässigen) Leistungsbeschreibung und einem (bei Konsumenten unzulässigen) Gewährleistungsausschluss zu ziehen sei, komme eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. In der Sache selbst vertritt die beklagte Partei die Ansicht, der hier zu beurteilende Kaufvertrag enthalte keinen Gewährleistungsausschluss, sondern eine zulässige Leistungsbeschreibung; die beklagte Partei habe daher - abgesehen von Geldlasten - eine generelle Lastenfreiheit nicht geschuldet.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (RIS-Justiz RS0042936, RS0042776) nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde. Dies ist hier nicht der Fall:

Die beklagte Partei übernahm im Punkt V. des Kaufvertrages als Verkäuferin "keine wie immer geartete Haftung für einen bestimmten Zustand des den Käufern bekannten Kaufgegenstandes, ebenso nicht für ein bestimmtes Flächenausmaß." Sie haftete "allerdings dafür, dass diese Liegenschaft frei von allen bücherlichen und außerbücherlichen Geldlasten ist, soweit sie nicht in diesem Vertrag erwähnt sind."

Festgehalten wurden im Kaufvertrag zwei bücherlich einverleibte Dienstbarkeiten des Gehens und Fahrens, die ohne Anrechnung auf den Kaufpreis mitzuübertragen waren, und ein Leitungsrecht zu Gunsten des Telegrafenbauamtes. Nach den Feststellungen hatte ein für die Liegenschaften zuständiger Dienstnehmer der beklagten Partei den Klägern vor Vertragsabschluss ausdrücklich mitgeteilt, dass ihm neben den bücherlich eingetragenen keine sonstigen Lasten bekannt seien. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, mit den Formulierungen des Vertrages werde für einen Konsumenten keineswegs ein möglicher Zweifel über die Eigenschaft der Liegenschaft dahin beseitigt, dass er damit rechnen müsse, auf ihr würden eben andere als Geldlasten haften. Die Kläger haben die Liegenschaft ganz offenkundig nicht zu dem Zweck erworben, anderen Personen das Ablagern von geschlägertem Holz und die Durchleitung von Grubenabwässern zu ermöglichen. Bei diesen - außerbücherlichen - Belastungen handelt es sich nach der durchaus vertretbaren Auffassung des Berufungsgerichtes um ungewöhnliche (unbehebbare) Mängel, welche die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften eines Grundstückes beseitigen. Das Holzablagerungsrecht erschwere zumindest den ordentlichen Gebrauch der Grundstücke erheblich, weil es nach den Feststellungen gerade den wertvollsten, weil ebenen Bereich der Liegenschaft belaste. Die Kläger haben auch nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes klar zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Liegenschaft kaufen wollten, die keine anderen als die verbücherten Lasten aufweise. Dem Ergebnis, dass die Kläger zur Wandlung berechtigt seien, haftet keine Verkennung der Rechtslage an. Letztlich stellt sich auch nicht das in der Revision erörterte Abgrenzungsproblem: Bereits in den Materialien zum KSchG (744 BlgNR 14. GP, 29) wurde dargelegt, dass - wie eine nähere Betrachtung zeige - die gleiche Rechtslage, wie sie durch einen Gewährleistungsverzicht herbeigeführt werde, meist auch über eine entsprechende Leistungsbeschreibung allein erreicht werden könne, die mit dem KSchG erreichte Änderung der grundsätzlichen Verzichtbarkeit der Gewährleistung in eine grundsätzliche Unverzichtbarkeit also am wirtschaftlichen Ergebnis eines Vertrages nicht viel ändere.

Da das Berufungsgericht von diesen Rechtsgrundsätzen ausgegangen und ihm eine im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung des Einzelfalles nicht vorzuwerfen ist, erweist sich die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.

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