Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Graf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert N***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Dezember 1999, GZ 4b Vr 5127/99-35, sowie über die Beschwerde gemäß § 494a Abs 4 StPO des Angeklagten nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert N***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (1) und der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (2), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (3) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (4 und 5) schuldig erkannt.
Danach hat er
zu 1/a: im Jahre 1997 in Neunkirchen, nachdem er seine am 16. September 1980 geborene Stieftochter Claudia C***** dazu überredete, in seinen PKW einzusteigen, in der Folge mit ihr in einen abgelegenen Acker fuhr und sie aufforderte, jetzt mit ihm einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, und als sie sich weigerte, ihr die Hose herunterriss und ihr sein Glied in die Scheide, in das Gesäß und in den Mund einführte, diese mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt;
b: im Spätsommer 1997 in Wien dadurch, dass er Claudia C***** gegen ihren Willen in seiner Wohnung über einen längeren Zeitraum festhielt und zumindest einmal gegen ihren Willen einen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog, sie durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischlafs genötigt;
sowie am 12. Juni 1999 in Wien
zu 2: Gabriele N*****, Claudia C***** und Tamara N***** durch die Äußerung, er werde sie umbringen, sollten sie die Wohnung nicht in Kürze verlassen (haben), wobei er gegen Gabriele N***** und Claudia C***** tätlich vorging, die Genannten mit gefährlicher Drohung und Gewalt zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen der Wohnung zu nötigen versucht;
zu 3: dadurch, dass er auf Gabriele N***** tätlich losging, diese vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr einen Bluterguss am Ellbogen zufügte;
zu 4: durch die Äußerung anlässlich seiner Festnahme in der Wohnung "Gabi, dank dir schön, und wenn ich wiederkomme, hau ich dir den Schädel ein und bring euch alle um" Gabriele N***** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;
zu 5: Gabriele N***** und Claudia C***** dadurch, dass er auf Claudia C***** zustürzte, ihr die Hände nach hinten hielt und versuchte, den Reißverschluss ihrer Hose zu öffnen, wobei er sagte: "Jetzt schustere ich dich wie damals und deine Mutter kann gleich zuschauen" durch die Androhung der Durchführung einer Vergewaltigung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und b sowie 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.
Mit der Gegenüberstellung der zu 1/a festgestellten Gewaltanwendung, die im Urteilstenor durch "Herunterreißen der Hose" (US 3) und in den Gründen durch "Ausziehen der Jeans, was das Opfer trotz Gegenwehr nicht verhindern konnte" (US 9) umschrieben wird, zeigt der Beschwerdeführer keinen inneren Widerspruch in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) auf. Ein solcher läge nämlich nur vor, wenn entscheidende Tatsachen sich gegenseitig ausschließen würden (Foregger/Kodek StPO7 § 281 S 424). Soweit der Nichtigkeitswerber aus den beiden Formulierungen eine unterschiedliche Intensität der Gewalt herausliest, spricht er damit keine entscheidende Tatsache an, weil zur Tatbestandsverwirklichung der (minderschweren) Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB jede Art von Gewalt ausreicht (Leukauf/Steininger Komm3 RN 19; Foregger/Fabrizy StGB7 Rz 6 jeweils zu § 201).
Unter diesem Aspekt versagt auch die einen Feststellungsmangel behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a), worin der Angeklagte die ausdrückliche Konstatierung der Gegenwehr des Opfers gegen das Ausziehen der Jeans (US 9) prozessordnungswidrig übergeht. Diese Überwindung des Widerstandes bedeutet eine zur Tatbestandserfüllung hinreichende Kraftanwendung, weshalb es der begehrten weiteren Feststellungen nicht bedarf.
Der zu allen Fakten mit Ausnahme des Schuldspruchs zu 1/b vorgetragenen Kritik (Z 10), wonach Konstatierungen über den tatsächlichen Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers, der zur abschließenden Beurteilung des Vorliegens des Tatbestandes nach § 287 Abs 1 StGB erforderlich sei, im angefochtenen Urteil nicht enthalten seien, ist zu entgegnen, dass in den Rechtsmittelausführungen keine Verfahrensergebnisse angeführt werden, welche die Annahme der Zurechnungsunfähigkeit nahelegen würden (§ 285a Z 2 StPO), zumal sich der Angeklagte nicht in diese Richtung verantwortet hat.
Entgegen der den Schuldspruch 1/b betreffenden Mängelrüge (Z 5) hat sich das Erstgericht hinreichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) mit den Beweismitteln, aus welchen der Beschwerdeführer seine Entlastung ableitet, auseinandergesetzt (US 11 bis 12). Die daraus gezogenen denkmöglichen Schlüsse hinwieder sind im kollegialgerichtlichen Verfahren als Akte der tatrichterlichen Beweiswürdigung nicht nach Art einer Schuldberufung bekämpfbar.
Der in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu diesem Faktum erhobene Einwand, es sei kein kausaler Zusammenhang zwischen der festgestellten Freiheitsentziehung (als Mittel der Willensbeugung) und dem Vollzug des Geschlechtsverkehrs vorhanden, geht ins Leere; hat doch das Schöffengericht bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller den Schuldspruch tragenden Konstatierungen ausdrücklich angenommen, dass der Nichtigkeitswerber die Duldung des Beischlafs dadurch erzwang, dass er seine Stieftochter gegen ihren Willen in seiner Wohnung einsperrte (US 3, 9, 13). Durch das Negieren dieses festgestellten kausalen Bezuges des Nötigungsmittels verfehlt die Beschwerde die prozessordnungsgemäße Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.
Das zu Fakten 4 und 5 erstattete Vorbringen (Z 9 lit b), wonach infolge verspäteter Erteilung der Ermächtigung ein Verfolgungshindernis bestanden habe, entspricht ebenfalls nicht den Verfahrensvorschriften, weil es zum einen die vor dem Beginn der Hauptverhandlung abgegebenen, auf die angezeigten Delikte (ON 2) bezogenen, als Ermächtigung geltenden (§ 2 Abs 5 StPO) Privatbeteiligtenanschlüsse (S 31; ON 19 und 20) und zum anderen die erst am 15. November 1999 nach (nochmaliger) ausdrücklicher Ermächtigungserteilung vorgenommene Anklageausdehnung wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohungen (S 273 f) übergeht.
Es war daher die teils unbegründete, teils nicht prozessordnungsgemäße Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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