3Ob122/99h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hellmut W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei E*****, vertreten durch Dr. Johann Quendler und Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 236.290,17 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 21. Jänner 1999, GZ 4 R 239/98v-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23. August 1998, GZ 29 Cg 2/98g-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S
11.430 (darin enthalten S 1.905 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die K***** GmbH versuchte Anfang 1987 unter Beteiligung des Klägers und des nunmehrigen Geschäftsführers der beklagten Partei, Hellmut B*****, ein gemeinsames Standbauunternehmen ins Leben zu rufen. Mit Notariatsakt vom 16. 1. 1987 wurde die beklagte GmbH gegründet. Zwischen der beklagten Partei und dem Kläger, Hellmut B***** und der K***** GmbH wurden jeweils als "Werknutzungsverträge" bezeichnete Vereinbarungen über die Überlassung der Betriebsmittel und das von der beklagten Partei hiefür zu leistende Nutzungsentgelt geschlossen. Der Kläger stellt für das Jahr 1997 aus dem Titel des Bestandvertrages S 236.290,17 in Rechnung; dem liegt der Wert der im Jahr 1987 eingebrachten Fahrnisse von rund 1,4 Millionen S und später vom Kläger eingebrachter Materialien im Gesamtwert von S 1,969.084,80 zugrunde; über deren Wert bestand bei Übernahme der Fahrnisse Einvernehmen.
Der Kläger begehrt die Zahlung dieses Entgelts für das Jahr 1997.
Die beklagte Partei wendete ein, dieser Werknutzungsvertrag sei im Hinblick auf den auch mit dem Kläger vereinbarten Gesellschaftsvertrag geschlossen worden. Schon wegen des Verbotes der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG müsse sie diese Forderung nicht erfüllen. Weiters entspreche diese Entgeltregelung wirtschaftlich einem Ratenkauf oder Finanzierungsleasing, bei dem am Ende und nach Vollzahlung das Eigentum am Leasingobjekt an den Leasingnehmer übergehe. Das Vertragsverhältnis habe nach Ablauf der Restnutzungsdauer der Fahrnisse von 10 Jahren enden sollen.
Das Erstgericht gab der Klage statt; auf Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts vertrat es die Rechtsansicht, es liege eine einem Bestandvertrag sehr ähnliche Vereinbarung vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge; es sprach vorerst aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Beweisfragen im Vordergrund gestanden seien und Rechtsfragen von übergeordneter Bedeutung im Hinblick auf die bloß vorzunehmende Vertragsauslegung nicht zu lösen gewesen seien. In rechtlicher Hinsicht ging das Berufungsgericht davon aus, dass das Erstgericht ausdrücklich die Absicht der Vertragsparteien festgestellt habe, wonach nämlich die Werknutzungsverträge zur Bewerkstelligung des Vorhabens, dass die seinerzeitigen Gesellschaftsgründer Eigentümer der der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Fahrnisse verbleiben (ohne zeitliche Beschränkung!) und für die Werknutzungsverträge erst nach Ablauf von 10 Jahren die Möglichkeit einer Kündigung vorgesehen sein sollte, abgeschlossen worden sind. Den nach dem Vorbringen der beklagten Partei vermeintlich von den Vertragsparteien in Aussicht genommenen Eigentumsübergang habe das Erstgericht nicht als erwiesen angenommen. Wesentlicher Gehalt der vom Erstgericht festgestellten Vereinbarung sei eine auf unbestimmte Zeit vereinbarte entgeltliche Nutzungsüberlassung. Für einen in Aussicht genommenen Eigentumsübergang fehle jeder Titel. Von einer "fremdüblichen" Verzinsung (7 % vom fallenden Kapital) für die Zeit von 1987 bis 1996 auszugehen, widerspreche den insoweit sogar unbestrittenen Feststellungen. Nach dem Inhalt des von den Gesellschaftern gleichzeitig errichteten Gesellschaftsvertrags sei das Stammkapital ausschließlich in Geld aufzubringen. Eine zusätzliche Sacheinlagenverpflichtung stehe nicht fest. Die Vertragsparteien hätten den Wert der vom Kläger der beklagten Partei zur Verfügung gestellten, durch zumindest noch 10 Jahre nutzbaren Geräte durch Sachverständige ermittelt und ein dieser Nutzungsdauer zumindest adäquates Nutzungsentgelt vereinbart. Es stehe nicht fest und sei insoweit auch gar nicht behauptet worden, dass die nach dem Werknutzungsvertrag von der beklagten Partei zu erbringende Leistung, wie sie hier verrechnet worden sei, nicht jenem Wert entspreche, den die ihr zur Verfügung stehenden, von ihr weiter vermieteten Nutzungsobjekte für sie gehabt haben.
§ 82 GmbHG setze nicht fest, dass danach verbotswidrige Geschäfte nichtig sind. Aus dem Zweck des Verbots der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG werde nur die Nichtigkeit verbotswidriger Geschäfte nach § 879 Abs 1 ABGB abgeleitet. § 82 GmbHG beziehe sich nur auf Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter, die nicht auf einem rechtswirksamen Rechtsgrund beruhen. Dagegen dürfe die Gesellschaft Leistungen, die der Gesellschafter über die Einlage hinaus ihr gegenüber erbringe, durchaus angemessen vergüten; so dürften zB auch im Zusammenhang mit Gebrauchsüberlassungsverträgen angemessene Gegenleistungen der Gesellschaft vereinbart werden. Dass eine kapitalersetzende Leistung in der Nutzungsüberlassung vorgelegen wäre, habe die beklagte Partei nicht dargetan.
Auf Antrag der beklagten Partei erklärte das Berufungsgericht mit Beschluss vom 10. 3. 1999 die ordentliche Revision doch für zulässig, weil zur Problematik der Anwendbarkeit des § 82 GmbHG höchstgerichtliche Judikatur fehle.
Die ordentliche Revision ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Kapitalerhaltungsvorschrift des § 82 GmbHG sind auf Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht zu lösen. Die Klagsforderung ist schon deshalb nicht in dieser Richtung zu überprüfen, weil danach eine Gebrauchsüberlassung gegen ein "Werknutzungsentgelt" vorliegt, bei dem auch die unter Zugrundelegung normalen Gebrauches übliche Abnutzung abgegolten werden sollte. Ein für die Anwendbarkeit des § 82 GmbHG vorausgesetztes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (vgl SZ 69/149; Koppensteiner, GmbHG**2 Rz 16 zu § 82) liegt hier nicht vor. Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes zu § 82 GmbHG sind schon aus diesem Grund für die Beurteilung der Berechtigung der Klagsforderung irrelevant.
Soweit die beklagte Partei weiters als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung geltend macht, das Berufungsgericht hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung den "Werknutzungsvertrag" als Finanzierungsleasing qualifizieren müssen, entfernt sie sich von den Feststellungen, dass die Parteien eine Gebrauchsüberlassung, nicht jedoch eine Eigentumsverschaffung vereinbart haben. Im Übrigen stellt die Vertragsauslegung im Einzelfall keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei hingewiesen.