JudikaturOGH

12Os26/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. April 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Graf als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann A***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 9. Dezember 1999, GZ 12 Vr 746/99-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbewerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Johann A***** wurde des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 10. Juli 1996 in S***** - soweit tatbestandsessentiell sinngemäß zusammengefasst - als Gendarmeriebeamter und Leiter der Grenzkontrollstelle M*****, somit als mit der Strafverfolgung betrautes Organ, mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich an ihrem Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbrauchte, dass er von gebotenen Erhebungen gegen einen alkoholisierten PKW-Lenker, der sein Fahrzeug in der Mitte des rechten Fahrstreifens der Landeshauptstraße ***** abstellte und seinen Kopf gegen das Lenkrad lehnte, Abstand nahm und den den Dienstwagen lenkenden Beamten Karl M***** durch die Worte "Gib Gas und fahr, bevor uns wer sieht. Ich will mit diesem Trottel keine Hack'n haben, komm schleich ma' uns, damit uns hier niemand sieht" aufforderte, weiterzufahren.

Dagegen richtet sich - nach Rückziehung der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld - nur mehr die aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht traf folgende entscheidungsrelevante Feststellungen:

"Am Abend des 10. 7. 1996 fuhren der Angeklagte und VB/S Karl M***** zwischen 21.00 und 22.00 Uhr auf der ***** Streife. Der Angeklagte saß als Fahrzeugkommandant auf dem Beifahrersitz, während VB/S Karl M***** das Gendarmeriefahrzeug lenkte.

Im Ortsgebiet von S***** auf einer unbeleuchteten Straße trafen die beiden im Zuge ihrer Streife auf einen am rechten Fahrstreifen mit Standlicht abgestellten PKW.

M***** wich mit dem Streifenwagen auf die linke Fahrspur aus und hielt es über Aufforderung von A***** neben dem stehenden Fahrzeug an. Er brachte das Dienstfahrzeug dabei so zum Stehen, dass sich A***** am Beifahrersitz unmittelbar neben dem abgestellten Fahrzeug auf derselben Höhe des Lenkers befand.

Der Lenker des am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeuges saß, den Kopf auf das Lenkrad gestützt, und bemerkte die Gendarmeriestreife nicht. A***** kurbelte sein Fenster hinunter und rief zu dem Lenker, dessen Fenster schon einen Spalt offen war, warum dieser auf der Fahrbahn stehe. Er fragte ihn sinngemäß, ob er betrunken sei. Daraufhin hob der Lenker träge seinen Kopf vom Lenkrad und schaute A***** verwundert an. Der Lenker gab A***** keine Antwort.

Anschließend sagte A***** zu M***** sinngemäß: 'Gib Gas und fahr, bevor uns wer sieht. Ich will mit diesem Trottel keine Hack'n haben, komm schleich' ma uns, damit (richtig:) uns hier niemand sieht.'

Daraufhin setzte M***** das Streifenfahrzeug wieder in Bewegung und fuhr weiter."

In rechtlicher Hinsicht folgerten die Tatrichter daraus, dass der Angeklagte verpflichtet gewesen wäre, den durch das konstatierte Verhalten aktualisierten Verdacht der Alkoholisierung des in Rede stehenden PKW-Lenkers zu überprüfen (US 9).

Damit ist aber bei gebotener Gesamtbetrachtung des sprachlich insgesamt unscharf gefassten Spruchs und der Gründe des angefochtenen Urteils die erstrichterliche Annahme eines - wenn auch unter Umständen in weiterer Folge entkräfteten - Alkoholisierungsverdachtes (dazu Messiner StVO10 § 5 bis 5b E 10, 290 bis 314) und damit einer Verwaltungsübertretung, die entgegen der Beschwerdeauffassung gemäß § 25 Abs 1 VStG jedenfalls von Amts wegen zu verfolgen gewesen wäre, unmissverständlich klargestellt.

Die auf das Fehlen von Feststellungen zur "tatsächlichen Alkoholisierung des Lenkers" abstellende Beschwerdeargumentation (nominell Z 5) kann somit auf sich beruhen.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) dieses Vorbringen der Mängelrüge wiederholt und darüber hinaus den (hier) gemäß § 5 Abs 1, Abs 2 Z 1 StVO manifesten Verdacht, wonach der PKW-Lenker in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt haben könnte, durch Darlegung von Interpretationsvarianten zu dessen Verhalten zu problematisieren trachtet, geht sie von urteilsfremden Prämissen aus und verfehlt damit eine gesetzmäßige Darstellung.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO).

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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