JudikaturOGH

11Os123/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Podrazil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rainer Markus P***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 1 und Abs 4 SMG sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 18. Jänner 1999, GZ 39 Vr 1355/97-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch A I und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rainer Markus P***** des Verbrechens nach § 28 Abs 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A) und des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er A.

in Salzburg und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge ausmachte, nach Österreich eingeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar

I. im Herbst 1995 rund 8000 Stück Ecstasy-Tabletten (laut US 5 zu ergänzen: aus den Niederlanden aus-, durch Transitländer durch- und) nach Österreich eingeführt und von Ende 1995 bis 22. Juli 1996 davon 6000 Stück durch Überlassen an im Urteil namentlich genannte Personen in Verkehr gesetzt,

II. von Oktober 1995 bis Ende 1996 in mehreren Angriffen insgesamt 340 Gramm Kokain durch Übergabe an namentlich bezeichnete Personen in Verkehr gesetzt;

B. am 26. April 1998 den Gendarmeriebeamten Abteilungsinspektor Gerhard S***** während einer Amtshandlung durch Versetzen einer Ohrfeige tätlich angegriffen.

Die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte, nur gegen den Schuldspruch A. I. gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Das Schöffengericht hat zu den importierten und in Verkehr gesetzten Ecstasy-Tabletten "Playboy" lediglich festgestellt, dass diese den Wirkstoff "MDE" enthalten. Diesem komme nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes AZ 12 Os 47/97 Suchtgiftqualität zu.

Wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, war nach der bis 2. Juli 1997 (also auch zu den Tatzeitpunkten) geltenden Rechtslage (vor der Novelle 1997 zur Suchtgiftverordnung 1979, BGBl II 177/1997) der Stoff MDE als solcher nicht als Suchtgift erfasst. Ungeachtet dessen wären Tatsachenfeststellungen dahin zu treffen gewesen, ob es sich bei dieser Substanz um ein Isomer, einen Ester oder Äther, eine Molekülverbindung, ein Salz oder ein Salz eines Isomers, Esters, Äthers, einer Molekülverbindung oder einer Zubereitung der in den Anhängen zur Suchtgiftverordnung angeführten Suchtstoffe handelt (vgl Einführungserlass zum Suchtmittelgesetz 2.7.1.; 13 Os 170/97). Erst nach Klärung dieser Tatfrage kann die Rechtsfrage gelöst werden, ob es sich bei der Substanz um ein Suchtgift im Sinne des Gesetzes handelt oder nicht.

Da das Erstgericht derartige Feststellungen unterlassen hat, ist das Urteil mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund behaftet, weshalb sich eine neue Hauptverhandlung nicht vermeiden lässt. Die Entscheidung war daher im angefochtenen Umfang und damit auch im Strafausspruch bereits bei der nichtöffentlichen Sitzung aufzuheben.

Im erneuerten Verfahren wird das Schöffengericht zunächst zu klären und festzustellen haben, um welchen chemischen Inhaltsstoff es sich bei dem als "MDE" bezeichneten tatsächlich handelt und dann die Rechtsfrage im Sinn der in den Tatzeitpunkten geltenden Rechtslage neu zu beurteilen haben.

Durch die Aufhebung des Strafausspruches ist der zudem erhobenen Strafzumessungsrüge (Z 11) der Boden entzogen. Zu ihr bleibt aber anzumerken, dass die Tatrichter zutreffend nicht auf das zitierte Urteil gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen haben, weil es zum Zeitpunkt der Fällung der vorliegenden Entscheidung noch nicht rechtskräftig war. Im neuen Rechtsgang wird das Schöffengericht (bei unveränderter Sachlage) aber auf dieses zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsene Urteil Bedacht zu nehmen haben.

Rückverweise