JudikaturOGH

12Os3/00 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Februar 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert K***** wegen des Verbrechens nach § 3 g VerbotsG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 27. September 1999, GZ 20 i Vr 12351/95-86, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert K***** des Verbrechens nach § 3 g VerbotsG (C) schuldig erkannt.

Demnach hat er sich

C/ auf andere als in den §§ 3a bis 3f VerbotsG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er

1. zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in den Jahren 1988 oder 1989, allenfalls 1990 in Oberschützen an einer von der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) veranstalteten Kundgebung mit Kranzniederlegung am vormaligen "Ostmark-Anschluss-Denkmal" mitwirkte und dabei die rechte Hand unter - dem Buchstaben "W" nachempfundenem - Spreizen von drei Fingern zum "Widerstand" symbolisierenden, dem Hitler-Gruß nachempfundenen Gruß erhob und

2. während eines nicht näher eingrenzbaren Zeitraumes bis zum 18. Dezember 1995 nachangeführte, jeweils einen Bezug zum Nationalsozialismus aufweisende Gegenstände (mit dem Vorsatz) angesammelt und bereitgehalten, dass sie gegebenenfalls als Anschauungs- und Propagandamaterial der Verbreitung des nationalssozialistischen Gedankens dienen, und zwar einen Reichsadler, das Hakenkreuzemblem in den Fängen haltend, ein Hitler-Porträt, zwei Hitler-Köpfe aus Bronze, einen Hitler-Kopf aus Wachs, einen Stahlhelm mit selbst angebrachtem Hakenkreuzemblem, einen Gürtel mit Hakenkreuzemblem, ein Foto, allenfalls die Wiedergabe eines Bildes, Adolf Hitler zeigend, drei neue Anstecknadeln mit SS-Emblem, drei Flugzettel, allenfalls Aufkleber, mit dem Aufdruck "Nationaler Freiheitskampf" mit Reichsadler und Keltenkreuz, eine Videokassette "Jud Süß" und eine Videokassette "Die Stadt ohne Juden".

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 345 Abs 1 Z 8, 10a und 11 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die Behauptung der Instruktionsrüge (Z 8), den Geschworenen sei eine unrichtige - nicht näher konkretisierte - Rechtsbelehrung erteilt worden, weil ihnen erklärt worden sei, dass es sich bei dem im Schuldspruch bezeichneten Denkmal um ein solches handle, das der Verherrlichung des Nationalsozialismus diene und der dort entbotene Gruß dem Hitler-Gruß nachempfunden sei, ist unzutreffend, weil die gemäß § 321 StPO verfasste Rechtsbelehrung derartige Darlegungen nicht enthält und eine allfällige (hier) Ergänzung der schriftlichen Rechtsbelehrung anlässlich der den Geschworenen vom Vorsitzenden gemäß § 323 StPO mündlich erteilten Rechtsbelehrung ebensowenig durch die Aktenlage gedeckt ist, wie eine während der Beratung der Geschworenen erforderlich gewordene zusätzliche Belehrung gemäß § 327 StPO durch den Schwurgerichtshof.

Da ausschließlich die Unrichtigkeit der angeführten Rechtsbelehrungen unter Nichtigkeitssanktion steht, erweist sich die Beschwerde im aufgezeigten Umfang als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Mit der Betonung seiner die subjektiven Tatbestandselemente des Verbrechens nach § 3g VerbotsG leugnenden Verantwortung (Z 10a) vermag der Angeklagte vor dem Hintergrund der gesamten Verfahrensergebnisse keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Verdikt der Geschworenen festgestellten Tatsachen zu erwecken.

Die verbleibende Rechtsrüge (Z 11 lit a) verfehlt (abermals) eine prozessordnungsgemäße Ausführung des bezeichneten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, die den Nachweis erfordert hätte, dass der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellte objektive und subjektive Sachverhalt rechtsirrig als gerichtlich strafbare Handlung beurteilt wurde (SSt 42/34).

Demgegenüber wird mit - auf problemfremd und inadäquat simplifizierendem Argumentationsniveau erhobenen - Einwänden, wonach - zusammengefasst wiedergegeben - die Bejahung einer Hauptfrage auf bestimmte "Ausführungen" des Erstgerichtes zurückzuführen sei, dem Beschwerdeführer weiters (insoweit aktenwidrig) nicht zur Last gelegt werde, den rechten Arm zum (Hitler )Gruß erhoben zu haben und mit dem die vom Erstgericht angenommenen Tathandlungen übergehenden bloßen Hinweis, dass die im Schuldspruchfaktum C/2. angeführten Gegenstände teils legal gehandelt würden und ihnen teils "nichts anhaftet, was geeignet wäre, Meinung zu bilden oder Überzeugungsarbeit zu leisten", der Umfang des auch den inneren Tatbestand umfassenden Verdikts der Geschworenen nicht zur Kenntnis genommen.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider umfasst der Wahrspruch der Geschworenen aber auch das in objektiver Hinsicht tatbestandsessentielle, als Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zu beurteilende, nach außen hin in Erscheinung tretende Verhalten des Angeklagten, das die auf Wiederbetätigung im NS-Sinn gerichtete Tendenz indiziert.

Die unsubstantiell in den Raum gestellte Behauptung, wonach die Kundgebung (C/1.) über den Teilnehmerkreis hinaus nicht wahrgenommen wurde, berührt, abgesehen davon, dass sie weder durch die Verantwortung des Beschwerdeführers noch durch sonstige Verfahrensergebnisse gedeckt ist, keinen für die rechtliche Tatbeurteilung entscheidenden Punkt, weil das - solcherart gesetzesfremd aus tataktuellen Publizitätsaspekten konstruierte angebliche Tatbestandskriterium der Bestimmung des § 3 g VerbotsG nicht zu entnehmen (und auch aus der von der Beschwerde zitierten Entscheidung EvBl 1994/84 nicht ableitbar) ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a, 285d, 344 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe und gegen das Einziehungserkenntnis (§§ 285i, 443 Abs 3, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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