JudikaturOGH

12Os95/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Dezember 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Massimo F***** und Daniele B***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen sowie gegen Ilenia Be***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen sämtlicher Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 23. April 1999, GZ 20 Vr 2864/98-276, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, der Angeklagten Massimo F*****, Daniele B***** und Ilenia Be***** und der Verteidiger Dr. Hönel-Jakoncig, Mag. Pancheri und Dr. Lindpaintner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen wurden die italienischen Staatsangehörigen Massimo F***** der Verbrechen (A) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, (C/1.) des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB, (D) der versuchten vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel nach §§ 15, 173 Abs 1 StGB, (E) der erpresserischen Entführung nach § 102 Abs 1 StGB, (F) der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie des Vergehens (H) nach § 50 Abs 1 Z 1 und 4 WaffG, Daniele B***** der Verbrechen (A) des schweren Raubes nach §§ 142, 143 zweiter Fall StGB und (C/2.) des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB sowie der Vergehen (G) des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 269 Abs 1 StGB, (H) nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG und (I) nach § 27 Abs 1 SMG, sowie Ilenia Be***** (B) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Vom weiteren Anklagevorwurf des versuchten Mordes an Imed Ben K***** wurde Daniele B***** gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.

Nach dem Inhalt dieses Schuldspruchs haben

(zu A) Massimo F***** und Daniele B***** am 30. September 1998 in Innsbruck im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem mittlerweile verstorbenen Maurizio P***** als Mittäter Verfügungsberechtigten der Landeshypothekenbank ***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen, Bargeld in Höhe von 4,414.445,99 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie die Bankangestellten mit Schusswaffen bedrohten;

(zu B) Ilenia Be***** zu dieser Tat in Innsbruck und Italien dadurch beigetragen, dass sie Daniele B*****

(1.) im September 1998 im Wissen, dass er dort Vorbereitungsarbeiten, unter anderem eine Tatortbesichtigung und Auskundschaften von Fluchtwegen, für den Raubüberfall durchführen werde, nach Innsbruck begleitete und ihm zu dieser Fahrt ihren PKW zur Verfügung stellte;

(2.) am 29. und 30. September 1998 im Wissen der unmittelbar bevorstehenden Tatausführung ihren PKW Marke Audi A 6 Avant, italienisches Kennzeichen AF 600 WZ zum Zwecke des Transportes von zwei Fluchtfahrrädern für die Anreise von Italien nach Innsbruck zur Verfügung stellte, Daniele B***** von Italien nach Innsbruck begleitete und ihn in weiterer Folge nach Verübung der Tat am Autobahnparkplatz "E*****" wieder abholen und zurück nach Italien bringen sollte;

(zu C) am 30. September 1998 in Innsbruck andere zu töten versucht, und zwar

1. Massimo F***** RevInsp. Bernhard P***** und weitere in seinem Nahbereich aufhältige Polizeibeamte, indem er eine entsicherte scharfe Handgranate unmittelbar vor diese auf den Boden warf;

2. Daniele B***** die Polizeibeamten RevInsp. Bernhard P***** und RevInsp. Johannes H*****, indem er aus relativ kurzer Entfernung mehrere gezielte Schüsse auf sie abgab;

Massimo F***** am 30. September 1998 in Innsbruck

(zu D) dadurch versucht, einen Sprengstoff als Sprengmittel zur Explosion zu bringen und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) von RevInsp. Bernhard P***** und (über den Personenkreis zu C/1. hinaus) weitere in seinem Nahebereich aufhältige Polizeibeamte herbeizuführen, daß er eine entsicherte scharfe Handgranate unmittelbar vor diese auf den Boden warf;

(zu E) Daniel Ha*****, nachdem er dessen Einwilligung durch gefährliche Drohung erlangt hatte, entführt, um die ihn verfolgenden Polizeibeamten zur Unterlassung der weiteren Verfolgung und zur Duldung des freien Geleits zu nötigen, indem er ihn gewaltsam von hinten erfasste, ihm eine Maschinenpistole an den Hals ansetzte, eine entsicherte scharfe Handgranate vorhielt und ihn auf diese Weise zwang, mit ihm von der Buchhandlung "F*****" über mehrere hundert Meter bis in den Bereich südlich der Triumphpforte zu gehen;

(zu F) andere durch gefährliche Drohung mit dem Tode zu Handlungen, nämlich zur Überlassung ihrer Kraftfahrzeuge zu nötigen versucht, und zwar

1. Christian R***** durch Vorhalten einer Maschinenpistole und den Zuruf: "Auto fahren, Auto fahren", wobei er ihn überdies zum Lenken des Fluchtfahrzeuges zwingen wollte,

2. und 3. Norbert M***** und einen namentlich nicht bekannten Lenker eines Kleinwagens Marke Opel Corsa, indem er eine Maschinenpistole gegen die Windschutzscheiben der von diesen gelenkten Fahrzeuge richtete und mehrmals die Worte: "Macchina, macchina!" rief;

(zu G) Daniele B***** am 30. September 1998 in Innsbruck die Polizeibeamten RevInsp. Bernhard P***** und RevInsp. Johannes H***** mit Gewalt an der Durchführung seiner Festnahme gehindert, indem er mehrere gezielte Schüsse gegen sie aus relativ kurzer Entfernung abfeuerte;

(zu H) am 29./30. September 1998 in Innsbruck unbefugt von Maurizio Pe***** übernommene genehmigungspflichtige Schusswaffen, Massimo F***** auch Kriegsmaterial, besessen und geführt, indem sie diese beim Raubüberfall, der anschließenden Geiselnahme (zu E) und der Flucht mit sich führten, und zwar

1. Massimo F***** eine Maschinenpistole Marke Skorpion, Kaliber 7,65 mm sowie eine Handgranate jugoslawischer Herkunft des Typs M 75,

2. Daniele B***** eine Pistole Marke Beretta, Kaliber 9 mm;

(zu I) Daniele B***** am 29./30. September 1998 in Innsbruck den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich ca 3 Gramm Heroin von Italien aus- und nach Österreich eingeführt und hier besessen.

Die Geschworenen haben die diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Hauptfragen (1-10, 12-20), und zwar in Ansehung des Angeklagten Massimo F***** durchwegs stimmeneinhellig, im übrigen teils (zu Punkt B/1., C/2., G) stimmenmehrheitlich (7 : 1) bejaht und die entsprechenden Eventualfragen folglich unbeantwortet gelassen.

Den dagegen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, welche Massimo F***** (nominell) auf die Gründe der Z 4, 6, 9, 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO, Daniele B***** auf jene der Z 10a und 13 und Ilenia Be***** (nominell) auf die Gründe der Z 6, 8, 9, 10, 10a, 11 lit a, 12 und 13 leg cit stützt, kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Massimo F*****:

Rechtliche Beurteilung

Ein Vorbringen, das die Annahme indizierte, dieser Angeklagte habe sich ab dem Zeitpunkt seiner Flucht in die Buchhandlung (demnach bei Begehung der Urteilstaten C/1., D, E und F) in einer psychischen Verfassung befunden, die seine Diskretions- und Dispositionsfähigkeit vorübergehend erheblich verminderte oder gar beseitigte (§ 11 StGB), lässt sich weder der Verantwortung des Beschwerdeführers noch sonst irgendeinem Beweisergebnis entnehmen. Angesichts seiner kaltblütig zielstrebigen Vorgangsweise bei Verfolgung seines Fluchtziels (vgl auch 183/IX) vermag daran auch die von der Beschwerde hervorgehobene Einschätzung der Zeugen Alfred Br***** und Wolfgang F***** nichs zu ändern, wonach der "Geiselnehmer in Panik" gewesen sei (221, 225/IX). Entgegen der Beschwerdesicht bestand daher kein Grund für eine amtswegige ergänzende Befragung des psychiatrischen Sachverständigen (der Sache nach Z 10a), und zwar umsoweniger, als den Experten auch die - in seiner Anwesenheit vorgebrachte - sinngemäß gleichgelagerte Verantwortung des Beschwerdeführers (59/IX) nicht dazu veranlasste, sein gutachterliches Kalkül in irgendeiner Weise zu revidieren (ON 210/VII iVm S 131/IX).

Mit den weiters behaupteten Mängeln des Wahrspruchs (Z 9) in Bezug auf den darin festgestellten Tötungsvorsatz (zu C/1.) geht die Beschwerde schon deshalb ins Leere, weil sie sich insoweit allein auf die Niederschrift der Geschworenen bezieht, dieser Nichtigkeitsgrund aber ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden kann (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 9 E 7).

Es versagt aber auch der Einwand, die Laienrichter seien (zu C/1.) auf Grund missverstandener oder "nicht ausreichender" Belehrung einem Rechtsirrtum zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen und auch dazu unterlegen, ob der äußere Tatbestand des Verbrechens des Mordes auf Grund der in concreto nicht funktionsfähigen Handgranate erfüllt ist, sodass ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (Z 10) und eine Zusatzfrage (Z 6) nach absolut untauglichem Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) zu stellen gewesen wäre. Denn einerseits steht das Unterbleiben eines Moniturauftrages nur bei Vorliegen eines von den Geschworenen behaupteten Missverständnisses, nicht aber einem (im übrigen auch gar nicht vorliegenden) Widerspruch zwischen Niederschrift und Wahrspruch unter Nichtigkeitssanktion (Mayerhofer aaO E 2 und 3 zu § 345 Z 10), und andererseits bildet eine absolute Versuchsuntauglichkeit schon negative Begriffsvoraussetzung des strafbaren Versuchs. Diese Rechtsfrage ist demnach bereits bei der Beantwortung der betreffenden Hauptfrage zu lösen und kann nicht Gegenstand einer Zusatzfrage sein (Mayerhofer aaO E 1b zu § 313).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) ist mit der Wiedergabe der einen Tötungsvorsatz leugnenden Verantwortung dieses Angeklagten und mit dem Hinweis auf die vom Sachverständigen Kriminalinspektor Gerald W***** behauptete Funktionsunfähigkeit der Handgranate (zu C/1.) nur einseitig am Akteninhalt orientiert und demnach nicht gesetzmäßig ausgeführt, sondern als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung einzustufen. Sie lässt nämlich nicht nur eine Fülle von Beweisergebnissen ausser Betracht, die gegen die Richtigkeit der Einlassung des Beschwerdeführers sprechen, er sei von der Funktionsuntüchtigkeit der Handgranate von vornherein überzeugt gewesen und habe sie auch nicht in Richtung der Polizisten geworfen (47, 61/I; 11, 93, 105, 107/III; 193, 195, 197, 267, 271/IX), sondern ignoriert auch die im gegebenen Zusammenhang abgegebenen gutachterlichen Aussagen in ihrer Gesamtheit (205 f, 237 f/IX iVm ON 162/VI und ON 195/VII), welche keinen Zweifel daran lassen, dass die Handgranate im konkreten Fall nur auf Grund einer Verkettung mehrerer glücklicher Umstände durch zufälliges Zündversagen nicht explodiert ist (213/IX).

Schließlich verfehlt auch die Rechtsrüge (der Sache nach Z 11 lit a) eine prozessordnungsgemäße Darstellung, weil sie mit der Behauptung, der Tötungsvorsatz (zu C/1.) widerspreche den Beweisergebnissen, "verstoße gegen Logik und Denkgesetze" und sei solcherart "nicht mit den Rechtsnormen vereinbar", nicht an den in diesem Anfechtungsrahmen bindend im Wahrspruch festgestellten subjektiven Prämissen (zu C/1.) festhält, sondern diese nach Art einer Schuldberufung bestreitet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Daniele B*****:

Der Einwand mangelnder beweismäßiger Deckung der dem Wahrspruch wegen des Verbrechens des versuchten Mordes (C/2.) zugrunde gelegten entscheidenden Tatsache, dass dieser Angeklagte auf die Polizeibeamten Bernhard P***** und Johannes H***** aus kurzer Distanz mehrere gezielte Schüsse abfeuerte (der Sache nach allein Z 10a), ist unzutreffend.

Wenn auch die betreffenden Polizeibeamten und mehrere andere Zeugen schon allein wegen der stark eingeschränkten Wahrnehmungsmöglichkeit als Folge der für sie lebensbedrohenden Situation keine hundertprozentig sichere Beobachtung einer gezielten Schussabgabe des Beschwerdeführers machen konnten, findet die kritisierte Annahme dennoch in der Koinzidenz aller Verfahrensresultate bei Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine tragfähige Basis.

Zu den in diesem Zusammenhang nicht vernachlässigbaren Tatmodalitäten gehört zunächst schon die Art der Bewaffnung der Angeklagten (hinsichtlich Daniele B***** siehe 15/III), welche von vornherein keinen Zweifel an einer Tätergruppe läßt, für die Waffen keinesfalls in erster Linie Drohmittel zur Durchführung eines Bankraubes, sondern vor allem Mittel zur Vernichtung derjenigen Personen sind, die sich ihrer Flucht in den Weg stellen.

Dazu kommt die - entgegen der nicht näher begründeten gegenteiligen Beschwerdebehauptung durch die am Tatort aufgefundenen Patronenhülsen (23 f/III, 15/V) eindeutig feststehende - Tatsache, dass aus der Pistole des Beschwerdeführers im Widerspruch zu seiner Verantwortung insgesamt zehn Schüsse abgegeben wurden. In Verbindung mit den Angaben der Zeugen Robert P***** (237/IV iVm 147/IX), Sonja Pi***** (151/IX), Stefan W***** (163/IX), Imed Ben K***** (167/IX), Franz Wi***** (589 f/III, ON 181/VII iVm 177/IX), welche allesamt für eine - auch gezielte - Schussabgabe durch Daniele B***** gegen die beiden Polizisten sprechen, und der vom Beschwerdeführer selbst, wenn auch nur vor dem Untersuchungsrichter und dem psychiatrischen Sachverständigen, eingestandenen Tatsache, über ausdrückliche Aufforderung seines in extreme Bedrängnis geratenen Komplizen Maurizio Pe***** einen Schuss in Richtung der Polizisten abgefeuert zu haben (ON 10/I, 333/VII), geht demnach der Beschwerdeversuch fehl, erhebliche Bedenken gegen den diesem Angeklagten angelasteten Mordversuch zu erwecken.

Die weiters geltend gemachte Strafzumessungsrüge (Z 13) ist prozessordnungswidrig ausgeführt, weil sie die Annahme eines erschwerenden Umstandes unterstellt, der im Urteil gar keine Deckung findet (US 23).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Ilenia Be*****:

Das auffallende Fahrverhalten dieser Angeklagten auf der Autobahn (35 f/III), der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht nur bei ihrer ersten Befragung objektiviertermaßen die Unwahrheit sagte, sondern auch ihre weitere Verantwortung keinesfalls frei von Widersprüchen ist (119 f, 187 f/I; 39 f/III), der auf Verantwortungsharmonisierung zielende Kassiber ihres Lebensgefährten B***** an sie (ON 36/I) in Verbindung mit dem - von der Beschwerde ignorierten - polizeilichen Untersuchungsergebnis, wonach im Widerspruch zur Behauptung der Beschwerdeführerin, Massimo F***** und Maurizio Pe***** überhaupt nicht zu kennen, in ihrem Fahrzeug eine Flasche mit DNA-Spuren des Angeklagten F***** gefunden wurde, auf ihrem Handy unter der Bezeichnung "Frate" eine idente Nummer eingespeichert ist wie im Mobiltelefon des Maurizio Pe***** und beide Telefone überdies auf denselben Club in Italien zugelassen sind (37 f/III), rechtfertigt im Gegensatz zur Tatsachenrüge (Z 10a) der Ilenia Be***** durchaus den von den Geschworenen gezogenen Schluss, dass sie sich damals nicht, wie sie behauptete, auf einer Urlaubsfahrt zum Oktoberfest in München befand (9/IX), sondern in Kenntnis des wesentlichen Tatplans an der Ausführung des Bankraubes nach der Art der ihr angelasteten Beitragstäterschaft (Punkt B) mitwirkte.

Dass aus den Beweisresultaten im Sinne der Beschwerdeargumentation auch andere, für die Beschwerdeführerin günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, ist einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen.

Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin ist insoweit aktenwidrig, als in der Hauptfrage 3 nur von ihrer Begleitung des Angeklagten B***** "im Wissen, dass er dort Vorbereitungsarbeiten ... durchführen werde", nicht aber davon die Rede ist, daß die Angeklagte die Tatortbesichtigung oder die Auskundschaftung der Fluchtwege gemeinsam mit Daniele B***** vorgenommen hat.

Soweit die Angeklagte mit dem bloßen Hinweis auf das Vorbringen der Tatsachenrüge überdies Mängel des Wahrspruchs behauptet (Z 9) und daraus die Notwendigkeit der zu Unrecht unterbliebenen Einleitung des Moniturverfahrens (Z 10) ableitet, bringt sie die genannten Nichtigkeitsgründe mangels Substantiiertung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Aus demselben Grund geht auch die Kritik an der Rechtsbelehrung (Z 8), am Fragenschema (Z 6) und an den erstgerichtlichen Strafzumessungsgründen (Z 13) fehl. Mit dem gesetzlichen Gebot einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung der nichtigkeitsbegründenden Tatumstände (§ 285a Z 2 StPO) ist es nämlich unvereinbar, die Belehrung des Geschworenen lapidar als "offensichtlich unrichtig" zu bezeichnen, jene Frage nicht anzugeben, welche nach Auffassung der Beschwerde zusätzlich noch zu stellen gewesen wären und zur geltend gemachten Nichtigkeit der Strafzumessung einfach auf die Strafberufung zu verweisen.

Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) ist nicht am Wahrspruch orientiert und demnach ebenfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt. Darnach wird der Beschwerdeführerin nämlich nicht "widerspruchsloses Dulden der Tatausführung und bloße Anwesenheit am Tatort" angelastet, sondern im Wissen um die Art der geplanten Tat eine Unterstützung des bewaffneten Bankraubes durch Bereitstellung ihres Kraftfahrzeuges zur Anreise nach Innsbruck und zum Transport von zwei "Fluchtfahrrädern" sowie durch Begleitung des Daniele B***** zum Tatort.

Da die in der weiters inkriminierten Zusage, einem der unmittelbaren Täter nach Vollendung des Raubes Fluchthilfe zu leisten (B/2.), gelegene intellektuelle Förderung der Tat nach dem Wahrspruch vor ihrer Begehung, und zwar zu einem Zeitpunkt abgegeben wurde, als der Tatentschluss eben noch nicht endgültig gefasst worden war, versagt schließlich auch der Einwand (der Sache nach Z 12), insoweit läge lediglich das Vergehen der Begünstigung vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verurteilte nach §§ 28 Abs 1, 75 StGB Massimo F***** zu lebenslanger und Daniele B***** zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe. Über Ilenia Be***** verhängte es nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es bei allen Angeklagten die ganz oder teilweise Tatbegehung in Gesellschaft von Mittätern (zu A), die Verwendung von zur Abgabe von scharfen Schüssen geeigneten Waffen beim Raub (teils durch Mittäter, teils durch unmittelbare Täter), die hohe Raubbeute sowie das professionelle Vorgehen durch lange Planung und Vorbereitung des Raubes als erschwerend; bei Massimo F***** und Daniele B***** überdies die einschlägigen Vorstrafen, den Umstand, dass der Mordversuch (C), bei F***** auch die versuchte vorsätzliche Gefährdung durch Sprengmittel (D), zum Nachteil mehrerer Personen begangen wurde, weiters die Wiederholung der Taten (C, F und G) sowie des Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen. Darüberhinaus lastete das Erstgericht dem Angeklagten F***** die Begehung der strafbaren Handlungen trotz eines anhängigen Verfahrens wegen schweren Raubes nach langer Untersuchungshaft ebenso erschwerend an wie Daniele B***** die beim Schusswechsel entstandenen Sachschäden und Verletzungen.

Demgegenüber berücksichtigten die Tatrichter als mildernd das teilweise Geständnis der Angeklagten F***** und B*****, den Umstand, dass die von ihnen begangenen schwerwiegenden Taten teilweise (C und D) beim Versuch geblieben sind und - bei allen Angeklagten - Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Raubbeute erfolgte.

Bei Daniele B***** nahm das Erstgericht weiters eine leicht eingeschränkte Dispositionsfähigkeit an.

Der Angeklagten Ilenia Be***** hielt es zusätzlich ihre Unbescholtenheit, eine nicht auszuschließende Beeinflussung durch ihren Lebensgefährten B***** und einen untergeordneten Tatbeitrag als mildernd zugute.

Mit ihren dagegen gerichteten Berufungen strebt Massimo F***** die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe und die übrigen Angeklagten eine Herabsetzung der Strafen, Ilenia Be***** auch die Anwendung des § 41 StGB an.

Die Berufungen sind unbegründet.

Das Vorbringen sämtlicher Angeklagten ist trotz gegenteiliger Beteuerung von Verharmlosungstendenzen gekennzeichnet, die der Dimension des hier in Rede stehenden Kriminalfalls in keiner Weise gerecht werden.

Die sich aus der Aktenlage ergebenden Modalitäten hinsichtlich der generalstabsmäßigen Planung und Durchführung des Bankraubes, die Art der von den Tätern mitgeführten - teils aus der jugoslawischen Volksarmee stammenden - Waffen und deren kaltblütiger, auf Liquidierung ausgerichteter Einsatz gegen jedermann, der sie an der Flucht zu hindern versuchte, lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich hier um eine Geldbeschaffungsaktion durch eine solche Tätergruppe handelte, wie sie für die organisierte Kriminalität italienischer Provenienz typisch ist (vgl auch ON 187/VII, S 347/VIII). Derartige in letzter Zeit vermehrt zu beobachtende verbrecherische Aktionen erfordern zur Abschreckung von Tätern mit gleichgelagerten kriminellen Interessen ein so entschiedenes Signal der österreichischen Strafjustiz, wie es im erstgerichtlichen Sanktionsausspruch zum Ausdruck kommt.

Auf Grund dieses Tatbezuges zur professionellen Schwerstkriminalität sind zunächst alle Versuche der Angeklagten F***** und B***** von vornherein zum Scheitern verurteilt, sich gleichsam als Opfer des beim Schusswechsel mit der Polizei zu Tode gekommenen Maurizio Pe***** hinzustellen, indem sie behaupten, zur Mitwirkung an der Tat von diesem überredet und unter Druck gesetzt worden zu sein, sich der Ausrüstung mit den von Pe***** bereit gestellten Waffen nur widerstrebend und nachdem sie sich von deren Funktionsuntüchtigkeit überzeugt hätten, gebeugt zu haben und schließlich vom völlig überraschenden Schusswechsel mit der Polizei "überrollt" worden zu sein. Widerspricht es doch jeglicher forensischer Erfahrung, dass sich im Sinne dieser Verantwortungen ein - auch nach ihrer Einschätzung - Schwerstkrimineller wie Maurizio Pe***** bei Verübung eines riskanten Verbrechens im Ausland schon allein wegen des damit verbundenen unkalkulierbaren Risikos von Verrat und Entdeckung der Mitwirkung von in einer Bar kennengelernten Zufallsbekannten bedient (vgl 180a, 186a/I).

Massimo F***** und Daniele B***** vermögen aber auch sonst nichts aufzuzeigen, was Grund zu einer milderen Beurteilung bieten könnte.

Eine untergeordnete Beteiligung des Angeklagten F***** am Bankraub etwa nur deshalb für sich zu reklamieren, weil dieser dabei weder "das Gewehr" noch die Handgranate als Drohmittel einsetzte, entspricht einer krassen Verkennung der darin gelegenen entscheidenden Sachlage, dass sich F***** bei der Beraubung des Kassiers gezielt die dabei wirksame Bedrohung mit Schusswaffen durch seine Komplizen Pe***** und B***** zunutze machte, die jeden weiteren Waffeneinsatz zur Erlangung des angestrebten verbrecherischen Ziels erübrigte.

Der Umstand allein, dass die Polizei den Fluchtbestrebungen dieses unter anderem sichtbar mit einer Handgranate ausgerüsteten Angeklagten entschiedenen Widerstand entgegensetzte, rechtfertigt es aber auch nicht, ihm für die im Rahmen seiner Gegenwehr begangenen Verbrechen, insbesondere den brutalen und nach dem Wahrspruch rein zufällig missglückten Mordversuch an mehreren Polizeibeamten, irgendeinen Milderungsgrund zuzubilligen, schon gar nicht einen "entschuldbaren Notstand", eine Tatbegehung in allgemein begreiflicher heftiger Gemütsbewegung oder unter solchen Umständen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekämen. Im übrigen findet die Behauptung, dieser Angeklagte habe sich durch das Eingreifen der Polizei in Todesgefahr befunden, keine aktenmäßige Stütze, vielmehr war darnach die Gefahrenlage genau umgekehrt. Davon abgesehen wäre es ohne weiteres in der Macht des Angeklagten F***** gestanden, den durch sein Verhalten bedingten psychischen Stress durch Aufgabe seines Fluchtplanes prompt zu beenden.

Der Einwand, F***** sei (de facto) unbewaffnet gewesen, weil er "der festen Überzeugung gewesen sei, eine funktionsunfähige Handgranate zu verwenden", erfordert als wahrspruchsfremd ebenso keine meritorische Erwiderung wie die Behauptung, der Angeklagte "habe niemanden gefährdet".

Dass sich die Autolenker zur Überlassung ihrer Kraftfahrzeuge im konkreten Fall nicht bewegen ließen, die Nötigung daher beim Versuch geblieben ist, wurde dem Angeklagten ohnehin als mildernd zugute gehalten.

Dem weiteren Berufungsvorbringen zuwider ist Massimo F***** nicht einmal, sondern zweimal wegen eines einschlägigen Deliktes vorbestraft (183/IV).

Es trifft schließlich auch die - im übrigen gänzlich unbegründet gebliebene - Beurteilung nicht zu, die Straffälligkeit dieses Angeklagten während eines in Italien anhängigen Strafverfahrens wegen eines vollkommen gleichgelagerten strafbaren Verhaltens nach Verbüßung langer Untersuchungshaft (105/II; ON 187/VII; 347 f, 363/VIII) sei bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 14a).

In gleicher Weise versagen die gegen die Strafhöhe gerichteten Einwände des Angeklagten B*****.

Soweit sie nicht überhaupt aktenwidrig sind, etwa in Ansehung der Behauptung, Daniele B***** habe sich vor der Tat davon überzeugt, dass aus der von ihm verwendeten Maschinenpistole das Magazin entfernt worden sei (während er in Wahrheit bei einer Ladung mit vierzehn Stück Munition zehn tatsächlich verschossen hat (23 f/III, 15/V), beruhen sie entweder auf einer Beschönigung oder einer Verkennung der maßgebenden Umstände des konkreten Falles. Dies trifft nicht nur auf den - auch ohne schwere Vorstrafen dieses Angeklagten zum Scheitern verurteilten (siehe oben) - Versuch zu, die hauptsächliche Verantwortung für die Tatfolgen auf den beim Fluchtversuch ums Leben gekommenen Maurizio Pe***** abzuwälzen, sondern auch auf die Reklamation eines Milderungsgrundes durch Einnahme von Heroin kurz vor der Tat, diente diese Maßnahme doch nach der eigenen Verantwortung des Berufungswerbers nur dazu, sich zum vorher verabredeten und reiflich geplanten Verbrechen entsprechend psychisch aufzurüsten (186 o/I).

Die weiters behaupteten ungünstigen Erziehungseinflüsse kommen bei einem zur Tatzeit 29jährigen Täter von vornherein nicht als mildernd in Betracht (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 5). Abgesehen davon hielt das Erstgericht dem Angeklagten (im Widerspruch zum psychiatrischen Sachverständigengutachten - 131/IX) ohnehin eine leicht eingeschränkte Dispositionsfähigkeit zugute.

Dass der Mordversuch auf das rasche Einschreiten der Polizei zurückzuführen ist, bietet gleichfalls nicht den geringsten Grund für eine mildere Sicht, haben sich die Angeklagten doch gerade für diesen Fall durch die Art ihrer Bewaffnung vorsorglich gerüstet.

Da die Annahme des Erschwerungsgrundes des § 33 Z 2 StGB nicht von der Schwere der Vorverurteilung sondern allein davon abhängig ist, ob sie - wie hier die beiden Vorstrafen wegen Körperverletzung (187/IV) - auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, ist auch die insoweit geäußerte Kritik unbegründet.

Die vom Geschworenengericht bei Massimo F***** und Daniele B***** gefundene Sanktion beruht demnach nicht auf einer Fehlbeurteilung entscheidender Strafzumessungstatsachen, auch nicht der von den Berufungswerbern behaupteten Voreingenommenheit der Tatrichter durch die mediale Aufbereitung des Straffalles, sondern der richtigen Gewichtung der außergewöhnlich hohen tat- und täterbezogenen Schuld dieser Angeklagten, deren besondere Gefährlichkeit den Umstand in den Hintergrund rücken lässt, dass sie ihr Ziel der Tötung mehrerer Polizeibeamter um Haaresbreite verfehlten.

Sie trägt überdies den generalpräventiven Straferfordernissen gebührend Rechnung, welche es erfordern, dem in letzter Zeit verstärkt zu beobachtenden Bestreben italienischer Tätergruppen zu begegnen, ihren kriminellen Aktionsradius auf Österreich auszudehnen und hier nach Art der für die italienische organisierte Kriminalität typischen, im Inland bislang aber unüblichen Art und Weise Verbrechen zu begehen, welche eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit werden könnten.

Die dem Angeklagten F***** vom psychiatrischen Sachverständigen attestierte nicht ungünstige Prognose nach Verbüßung der Strafe (133/IX) ist demgemäß ein Umstand, der ausschließlich im Rahmen der Entscheidung über die bedingte Entlassung relevant werden kann.

Aber auch die ohnehin nur knapp über der Mindeststrafe ausgemessene Sanktion für Ilenia Be***** gestattet keine Herabsetzung.

Eine Beeinflussung durch Daniele B***** - wiewohl sie sich darauf nicht berief, sondern die Tat vollständig leugnete (9 f/IX) - und eine untergeordnete Beteiligung hat ihr das Erstgericht ohnehin als mildernd angerechnet. Dass ihr die Art des geplanten Raubes, insbesondere die Verwendung von Schusswaffen verborgen geblieben ist und die Tat ohne ihre Mitwirkung in der gleichen Weise verübt worden wäre, hat als wahrspruchsfremd auf sich zu beruhen. Die von den unmittelbaren Tätern mitgeführten Handgranaten kamen beim Raub nicht zum Einsatz und belasten demnach auch diese Angeklagte als Beitragstäterin nicht.

Selbst unter Bedachtnahme auf ihre emotionelle Bindung zu Daniele B***** kommt vor dem Hintergrund der Art der von ihr vorsätzlich geförderten Tat den festgestellten Milderungsgründen kein solches Gewicht zu, das die begehrte Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts erlauben könnte.

Die durch Unkenntnis der Landessprache und eine Schwäche der körperlichen Konstitution angeblich bedingte besondere Haftempfindlichkeit ist kein Milderungsgrund (Leukauf/Steininger aaO RN 30).

Auch den Berufungen der Angeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Rückverweise