JudikaturOGH

11Os137/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dietmar H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 29 Vr 2725/97, Hv 114/98, des Landesgerichtes Innsbruck, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Oktober 1998, GZ 29 Vr 2725/97-77, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Oktober 1998, GZ 29 Vr 2725/97-77, auf Widerruf der bedingten Entlassung, die Dietmar H***** mit Beschluss jenes Gerichts vom 3. Juli 1996, AZ 21 BE 366/96, gewährt worden war, verletzt § 56 StGB.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und der bezughabende Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen.

Text

Gründe:

Dietmar H***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Oktober 1998, GZ 29 Vr 2725/97-77, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 und 148 zweiter Fall StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB nach §§ 28 Abs 1, 148 zweiter Strafsatz StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Mit zugleich gefasstem Beschluss wurden die dem Genannten zu den AZ 21 BE 317/95 und 21 BE 366/96 des Landesgerichtes Innsbruck gewährten bedingten Entlassungen aus Freiheitsstrafen (offene Strafreste zwei Monate und neun Tage sowie sechs Monate) widerrufen. Das Urteil und die Widerrufsbeschlüsse sind seit dem 21. Oktober 1998 rechtskräftig.

Der Beschluss vom 21. Oktober 1998 auf Widerruf der bedingten Entlassung, die Dietmar H***** gemäß Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 3. Juli 1996, AZ 21 BE 366/96, mit Wirkung vom 20. August 1996 gewährt wurde, steht - wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die im Entlassungsbeschluss mit einem Jahr bestimmte Probezeit endete gemäß §§ 49 und 68 StGB mit Ablauf des 20. August 1997, zumal - nach der Aktenlage - eine behördliche Anhaltung des Verurteilten im fraglichen Zeitraum nicht erfolgt ist (siehe S 191/II).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 56 StGB kann das Gericht eine Widerrufsentscheidung nur in der Probezeit, wegen einer während dieser Zeit begangenen strafbaren Handlung (§ 43 Abs 1 StGB) jedoch auch innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Probezeit oder nach Beendigung eines bei deren Ablauf wegen der widerrufsbegründenden Tat (vgl Jerabek in WK2 § 56 Rz 5) gegen den Rechtsbrecher bei Gericht anhängigen (aaO Rz 4) Strafverfahrens treffen.

Im konkreten Fall erfolgte die neue Verurteilung unter anderem auch wegen am 16. Dezember 1996 und 9. Jänner 1997 - somit innerhalb der Probezeit - begangener strafbarer Handlungen (Faktum I 1 des Schuldspruchs). Diesbezüglich hat zwar der Bezirksanwalt noch am letzten Tag der Probezeit, nämlich am 20. August 1997, einen Bestrafungsantrag gestellt. Dieser langte jedoch erst nach Ablauf der Probezeit, nämlich am 21. August 1997, beim Bezirksgericht Innsbruck ein, welches an diesem Tag die erste richterliche Verfügung (Beischaffung von Akten) getroffen hat (ON 1 in ON 16), sodass bei Ablauf der Probezeit noch kein Strafverfahren gegen Dietmar H***** anhängig war.

Demnach war die Widerrufsentscheidung nach jeder Fristberechnungsvariante des § 56 StGB verspätet und somit unzulässig.

Da die gesetzwidrige Entscheidung sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkte, war gemäß § 292 letzter Satz StPO der nichtige Beschluss aufzuheben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der bedingten Entlassung abzuweisen.

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