11Os78/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franziska R***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten wegen Schuld und wegen des Ausspruches über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. April 1999, GZ 3b Vr 20/99-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franziska R***** der Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (A des Urteilssatzes) und der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Darnach hat sie am 21. November 1998 in Wien jeweils versucht,
(zu A) fremde bewegliche Sachen, nämlich verschiedene Waren im Werte von ca 6.000 S Verfügungsberechtigten der Firma B***** AG mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz wegzunehmen;
(zu B) den Filialleiter der B***** AG, Goran K*****, der sie wegen der zu A angeführten Straftat gemäß § 86 Abs 2 StPO festhielt, mit Gewalt, indem sie diesem einen Stoß versetzte und auf ihn einschlug, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von ihrer weiteren Anhaltung zu nötigen.
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer formell allein auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit Berufung wegen Schuld; den Strafausspruch ficht sie mit Berufung an.
Die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld war vorweg zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu:
Rechtliche Beurteilung
Worin die eingangs der Ausführungen der Mängelrüge behauptete Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit der Entscheidungsgründe gelegen sein soll, vermochte die Beschwerdeführerin nicht darzulegen. Ihre Einwendungen verfolgen vielmehr beinahe ausschließlich das Ziel, die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, indem sie trachtet, durch Hervorhebung verschiedener aus dem Zusammenhang gelöster, zum Teil nicht aktengetreu wiedergegebener Aussagepassagen und spekulative Auslegung von Verfahrensergebnissen die Glaubwürdigkeit ihrer Verantwortung zu unterstreichen, welche vom Schöffengericht als widerlegt erachtet wurde. Diese nach Art einer Schuldberufung vorgetragene Kritik ist aber im Nichtigkeitsverfahren nicht zulässig.
Soweit die Beschwerdeführerin eine Unvollständigkeit darin erblickt, dass sich das Schöffengericht mit den Angaben des Belastungszeugen K***** vor der Polizei nicht auseinandergesetzt habe, denenzufolge er das Befüllen des B***** Plastik-Sackes und das Deponieren bei der Kasse selbst nicht gesehen habe, übersieht sie dessen anderslautende Aussage vor der Polizei (S 71), welche im übrigen vor dem Untersuchungsrichter ergänzt (S 123) und in der Hauptverhandlung wiederholt und präzisiert wurde (S 175).
Der darüber hinaus erhobene Vorwurf der Undeutlichkeit und der Widersprüchlichkeit bleibt überhaupt unsubstantiiert und läßt daher eine Erörterung nicht zu.
Mit der Behauptung schließlich, sie habe, da sie sich keiner Schuld bewusst gewesen sei, die Anhaltung durch K***** als Angriff eines Ausländers gegen ihre Person und ihr Eigentum werten müssen und sich dagegen mit angemessener Gewalt zur Wehr gesetzt, versucht die Beschwerdeführerin inhaltlich in Bezug auf die ihr angelastete Nötigung den Entschuldigungsgrund der irrtümlichen Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes (§ 8 iVm § 3 StGB) für sich zu reklamieren. Dabei orientiert sie sich jedoch nicht am Urteilssachverhalt, demzufolge sie sich hinsichtlich des die Anhaltung durch K***** rechtfertigenden Diebstahls keinesfalls schuldlos fühlen konnte, sodass der mit diesem Vorbringen der Sache nach relevierte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt wurde.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig dargestellt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.