10ObS49/99z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Siegfried W*****, Hüttenarbeiter, *****, vertreten durch Dr. Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwältin in Innsbruck, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt des Österreichischen Bergbaues, Lessingstraße 20, 8010 Graz, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Knappschaftsvollpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Dezember 1998, GZ 23 Rs 72/98d-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Juni 1998, GZ 47 Cgs 13/98k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Neue Beweise können in der Revisionsinstanz nur zur Unterstützung oder Bekämpfung der Behauptung vorgebracht werden, daß das Urteil des Berufungsgerichtes wegen einer der im § 477 ZPO bezeichneten Mängel nichtig sei, oder daß das Berufungsverfahren an einem Mangel leide, welcher die erschöpfende Erörterung oder gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern vermochte (§ 504 Abs 2 ZPO). Diese Voraussetzungen treffen auf die Urkundenvorlage des Revisionswerbers nicht zu. Eine Erweiterung der Beweisgrundlage für den Tatsachenbereich ist im Revisionsverfahren ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0041812; 10 ObS 39/99d; 10 ObS 46/99h ua). Auf die "über ausdrücklichen Wunsch" des Revisionswerbers erfolgte Urkundenvorlage kann daher nicht Bedacht genommen werden.
Die geltendgemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO und Aktenwidrigkeit nach § 503 Z 3 ZPO liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Der Revisionswerber sei jedoch darauf hingewiesen, daß schon in der Berufung behauptete, vom Berufungsgericht aber verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz nach ständiger Rechtsprechung des Senates auch in Sozialrechtssachen in der Revision nicht neuerlich mit Erfolg geltendgemacht werden können (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503; SSV-NF 4/24, 7/74, jeweils mwN), außer das Berufungsgericht hat sich mit der Mängelrüge des Berufungswerbers überhaupt nicht oder nicht auf aktenmäßiger Grundlage befaßt (RIS-Justiz RS0042963/T12). Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Die Mängelrüge wurde vom Berufungsgericht geprüft, behandelt und das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich verneint (S 6 der Berufungsentscheidung). Dies gilt auch für die Beweisrüge; auch sie wurde vom Berufungsgericht geprüft und ihre Begründetheit - ungeachtet der ebenfalls erörterten Frage der gesetzmäßigen Ausführung - inhaltlich verneint (S 8f der Berufungsentscheidung). Der Revisionswerber ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Beurteilung der Frage, ob er invalid ist, entgegen der in der Revision geäußerten Ansicht, um keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsfrage handelt (RIS-Justiz RS0103345).
Das Ersturteil enthält nicht nur Feststellungen über das für die einzelnen medizinischen Fachgebiete gültige Leistungskalkül, sondern auch ein allgemeines Leistungskalkül (S 6 des Ersturteils:
"Zusammenfassend sind dem Kläger leichte und bis zur Hälfte mittelschwere Arbeiten ....."); auch diese Feststellung wurde vom Berufungsgericht übernommen.. Die Entscheidungsgrundlage ist vollständig; es liegen alle für die rechtliche Beurteilung der Sache erforderlichen Feststellungen vor. Die Revisionsausführungen zur Frage, ob die aufgenommenen Beweise hiefür ausreichen oder ob noch ein "Obergutachten" (gemeint: zusammenfassendes Gutachten) einzuholen gewesen wäre, fallen in den Bereich der Mängel- und Beweisrüge (RZ 1990/33). Die Begründetheit der Mängelrüge wurde bereits verneint; eine Beweisrüge kann im Revisionsverfahren nicht mit Erfolg erhoben werden. Fehler, die nämlich unter keinen der im § 503 ZPO erschöpfend aufgezählten Revisionsgründe fallen, können im Revisionsverfahren nicht geltendgemacht werden (Kodek aaO Rz 1 zu § 503; RIS-Justiz RS0042903).
Ob überhaupt bzw ob weitere Sachverständigengutachten eingeholt werden sollen und ob die Parteienvernehmung durchzuführen ist, sind nicht revisible Fragen der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043414, RS0043320, RS0040840), ebenso die Frage, ob die eingeholten Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigen (RIS-Justiz RS0043163).
Aus diesem Grund sind auch die Ausführungen des Revisionswerbers zur behaupteten Aktenwidrigkeit zum Scheitern verurteilt, weil auch insoweit nur der unzulässige Versuch unternommen wird, die nicht revisible Beweiswürdigung und Tatsachengrundlage in Frage zu stellen.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodaß hierauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Aufgrund des festgestellten, zusammenfassenden Leistungskalküls stehen dem keinen Berufschutz genießenden Kläger, auf den im Bereich der begehrten Knappschaftsvollpension für die Frage der Invalidität die allgemein für Arbeiter geltenden Regeln anzuwenden sind, eine ganze Reihe von Verweisungsberufen auf dem allgemeinem Arbeitsmarkt zur Verfügung (§§ 279 Abs 1, 280 ASVG iVm § 255 Abs 3 ASVG; ARD 4.930/14/98). Das Vorliegen einer Invalidität des Klägers wurde daher zu Recht verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.