JudikaturOGH

2Ob199/99z – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****krankenkasse, *****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei H. P***** Co Gesellschaft mbH, *****, Deutschland, wegen S 753.405,26 sA und Feststellung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 28. Mai 1999, GZ 5 R 46/99w-8, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. § 416 ZPO regelt die beiden ersten Stadien der Entscheidungsrelevanz (Rechberger in Rechberger § 416 ZPO Rz 1, § 426 ZPO Rz 5). Im ersten Stadium war das Erstgericht mit der Abgabe der schriftlichen Abfassung zur Ausfertigung an seinen Zurückweisungsbeschluß gebunden, sodaß es diesen nicht mehr selbst abändern konnte (Instanzschluß); im zweiten Stadium wurde die Entscheidung gegenüber der Klägerin mit der Zustellung insoferne "wirksam", als die Rechtsmittelfrist zu laufen begann; das dritte Stadium betrifft den (bisher nicht erfolgten) Eintritt der Rechtskraft (Rechberger aaO vor § 390 ZPO Rz 20 ff; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1466 ff). Mit dem Instanzschluß gemäß § 416 Abs 2 ZPO war die Erkenntnistätigkeit des Erstgerichts beendet; die nachträgliche Einbringung eines Schriftsatzes war nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der bereits getroffenen Entscheidung herbeizuführen. Daß nach Erlassung des Beschlusses über die Zurückweisung der Klage keine für diesen Beschluß relevante Klagsänderung mehr vorgenommen werden kann, ist dermaßen selbstverständlich, daß eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 528 Abs 1 ZPO) darin nicht zu erblicken ist.

2. Da die nach Erlassung des erstgerichtlichen

Zurückweisungsbeschlusses erfolgte Geltendmachung eines

Absonderungsrechts nach § 157 VersVG für die Überprüfung der

vorinstanzlichen Entscheidungen ohne Bedeutung ist, erübrigt es sich,

auf die Entscheidung 7 Ob 640/95 = RdW 1996, 314 (nur LS) und deren

Verhältnis zu 7 Ob 606/95 = SZ 68/210 näher einzugehen (vgl 2 Ob

196/99h; 2 Ob 197/99f).

3. Gemäß Artikel 4 des österreichisch-deutschen Insolvenzrechtsvertrages BGBl 1985/233 sind die Wirkungen des Konkurses grundsätzlich nach dem Recht des Staates der Konkurseröffnung zu beurteilen (vgl 5 Ob 322/85 = SZ 58/193), dh hier nach deutschem Recht. Da der Konkurs über das Vermögen der Beklagten 1998 eröffnet wurde, ist die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene neue deutsche Insolvenzordnung noch nicht anzuwenden (vgl Artikel 103 EGInsO). Gemäß § 12 dKO (vgl nunmehr § 87 InsO) können Konkursgläubiger ihre Forderungen auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse nur nach Maßgabe der Vorschriften für das Konkursverfahren verfolgen. Der in der von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidung des BGH VersR 1997, 61 erörterte Fall eines Verzichts des Klägers auf Befriedigung aus der Konkursmasse (vgl Jaeger/Henckel, KO9 § 12 Rz 3; Kuhn/Uhlenbruck,

KO11 § 12 Rz 4; Hess, KO5 § 12 Rz 6; vgl auch 6 Ob 542/87 = HS 19.142

= RIS-Justiz RS0064136) liegt hier nicht vor. Abgesehen davon kann

der Gläubiger den Gemeinschuldner persönlich trotz Konkurseröffnung grundsätzlich nur klagen, wenn er seine Konkursforderung zuvor angemeldet und der Gemeinschuldner widersprochen hat (Jaeger/Henckel aaO sowie Vorauflage § 144 Anm 3; BGH VersR 1997, 61; vgl Kuhn/Uhlenbruck aaO Rz 1, 2; Hess aaO Rz 2). Solches hat die Klägerin nicht behauptet. Die Klagsführung war daher auch nach der in Deutschland herrschenden Ansicht (vgl zur neuen Rechtslage Hess, InsO § 87 Rz 2, 9; Eickmann im Heidelberger Kommentar zur InsO § 87 Rz 8) unzulässig. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nicht vor, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs ist, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten (Kodek in Rechberger § 502 ZPO Rz 3 aE).

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