JudikaturOGH

2Ob197/99f – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon.-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Pensionsversicherungsanstalt *****, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Firma H. P***** Co GmbH, *****, Deutschland, wegen S 566.325,16 sA. und Feststellung infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 14. April 1999, GZ 6 R 77/99m-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 4. März 1999, GZ 7 Cg 230/98x-4 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Über das Vermögen der beklagten Partei wurde mit Beschluß des Amtsgerichtes Schwelm/BRD vom 30. 4. 1998 der Konkurs eröffnet.

Mit der am 24. 12. 1998 beim Erstgericht eingelangten "Regreßklage" begehrt die klagende Partei die Zahlung von S 566.325,16 sA. sowie die Feststellung, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, ihr für ihre künftigen Pflichtaufwendungen an Karl P***** wegen des Unfalls vom 17. 8. 1993 im Betrieb der Firma B***** GmbH insoweit Regreß zu leisten, als im Ersatzanspruch des Karl P***** gegen die beklagte Partei ein unter Berücksichtigung eines Eigenverschuldens des Karl P***** von 50 % zu errechnender Deckungsfond gegeben sei.

Sie brachte dazu vor, die beklagte Partei habe der Firma B***** GmbH eine Förderanlage zum Transport von Kalk und Flußspat geliefert. Bei einem Versuch, eine Störung dieser Maschine zu beheben, habe Karl P*****, ein Arbeitnehmer der Firma B***** GmbH schwere Verletzungen erlitten. Karl P***** sei zum Unfallszeitpunkt bei der klagenden Partei pflichtversichert gewesen. Aufgrund der schweren Verletzungen und der hiedurch bedingten Arbeitsunfähigkeit sei Karl P***** sowohl eine Invaliditätspension als auch ein Pflegegeld zuerkannt worden.

Gemäß § 332 ASVG seien die Karl P***** gegen die beklagte Partei zustehenden, der Leistungspflicht der klagenden Partei kongruenten Schadenersatzansprüche auf diese übergegangen, soweit für die von der klagenden Partei erbrachten bzw. noch künftig zu erbringenden Leistungen ein Deckungsfond vorhanden sei. Die Haftung der beklagten Partei ergebe sich insbesondere aus § 5 PHG.

Der Haftpflichtversicherer der beklagten Partei, die G***** Versicherungs-AG habe auch namens der beklagten Partei auf die Erhebung einer Verjährungseinrede bis einschließlich 31. 12. 1998 verzichtet.

Das Erstgericht wies die Klage infolge Konkurseröffnung über das Vermögen der beklagten Partei zurück und hob das bisherige Verfahren als nichtig auf.

Das von der klagenden Partei angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig.

Das Rekursgericht vertrat unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 68/210 die Ansicht, daß bei einer nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner erhobenen, einen Absonderungsanspruch betreffenden Klage der Mangel der Prozeßfähigkeit des Gemeinschuldners durch nachfolgende Benennung des Masseverwalters nicht heilbar sei. Unter Zugrundelegung des Vorbringens in der Klage könne ein Anspruch nach § 6 Abs 3 KO verneint werden. Der in RdW 1996, 314 veröffentlichte Rechtsatz, daß eine Richtigstellung der Parteibezeichnung auf den Masseverwalter zulässig sei, wenn eine Klage im Sinn des § 6 Abs 2 KO unrichtig gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht worden sei, finde im Volltext der Entscheidung 7 Ob 640/95 nicht Deckung.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung zu der hier relevanten Frage fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes aufgehoben und diesem die Einleitung und Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens aufgetragen werde.

Der Revisionsrekurs ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Rekursgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 68/210 ausgeführt hat, ist die Berichtigung der Parteienbezeichnung einer entgegen § 6 Abs 1 KO nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner eingebrachten Klage auf den Masseverwalter im Konkurs des Gemeinschuldners nicht zulässig. Ob eine Berichtigung dann zulässig ist, wenn eine Absonderungsklage vorliegt (7 Ob 640/95 = RdW 1996,

314) braucht hier nicht beurteilt zu werden, weil die klagende Partei in der Klage kein Absonderungsrecht geltend gemacht hat. Gemäß § 157 VersVG (auf welche Bestimmung sich die klagende Partei im Rechtsmittelverfahren stützt) kann der Dritte im Konkurs über das Vermögen des Versicherungsnehmers wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruch abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen.

Dieses "Vorzugsrecht" des Geschädigten, abgesonderte Befriedigung aus

der Entschädigungsforderung zu verlangen, kommt zwar rechtlich einem

Absonderungsrecht gleich (RS 0064068; s auch 7 Ob 144/99y), es wurde

aber in der Klage in keiner Weise geltend gemacht. Es erübrigt sich

daher auf die Entscheidung 7 Ob 640/95 (= RdW 1996, 314) und deren

Verhältnis zu 7 Ob 606/95 (= SZ 68/210) näher einzugehen.

Es werden aber auch im übrigen im Revisionsrekurs der klagenden Partei keine erheblichen Rechtsfragen dargelegt.

Richtig ist zwar, das gemäß Art 4 des österreichisch - deutschen Insolvenzrechtsvertrages BGBl 1985/233 die Wirkungen des Konkurses grundsätzlich nach dem Recht des Staates der Konkurseröffnung zu beurteilen sind (vgl SZ 58/193), das heißt hier nach deutschem Recht. Da der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei 1998 eröffnet wurde, ist die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene neue deutsche Insolvenzordnung noch nicht anzuwenden (vgl Art 103 EGInsO). Gemäß § 12 dKO können Konkursgläubiger ihre Forderung auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse nur nach Maßgabe der Vorschriften für das Konkursverfahren verfolgen. Der Gläubiger kann gegen den Gemeinschuldner grundsätzlich nur klagen, wenn er seine Konkursforderung zuvor angemeldet und der Gemeinschuldner widersprochen hat. Etwas anderes gilt, wenn der Gläubiger auf die Haftung der Masse verzichtet hat (Jaeger/Henckel, KO9 § 12 Rz 3; Kuhn/Uhlenbruck, KO11 § 12 Rz 1 und 4; Hess, KO5 § 12 Rz 2; vgl auch HS 19.142). Weder einen Verzicht noch eine Forderungsanmeldung und eine Bestreitung durch den Gemeinschuldner hat die klagende Partei behauptet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung des BGH VersR 1997, 61. In diesem Fall hatte die Beklagte die sachliche Berechtigung der gegen den Gemeinschuldner geltend gemachten Forderung in umfassender Weise nach Grund und Höhe bereits bestritten; es wurde ausgeführt, es bestehe kein Anhaltspunkt, daß sie einer Anmeldung zur Konkurstabelle nicht ebenso widersprochen hätte. Ein derartiger Widerspruch der beklagten Partei liegt aber hier (noch) nicht vor. Die Klagsführung war daher auch nach der in Deutschland herrschenden Ansicht unzulässig.

Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insoweit nicht vor, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs ist, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 502).

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