15Os89/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juli 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Aichinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Helmut Ch***** wegen des Verbrechens der Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 2 StGB AZ 7 E Vr 940/99 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 28. April 1999, AZ 10 Bs 175, 176/99 (= ON 54) in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Helmut Ch***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Helmut Ch***** und drei weitere Beschuldigte wurde beim Landesgericht für Strafsachen Graz Voruntersuchung wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 2 StGB geführt, der der Verdacht zugrunde lag, sie hätten in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter in der Nacht zum 4. April 1999 in Graz insgesamt 14 Eisenbahnwaggons der ÖBB mit verschiedenen Farben besprüht und dadurch einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt. Mittlerweile wurde er mit Urteil vom 11. Juni 1999 wegen §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB in diesem Sinn (jedoch unter Annahme eines 25.000 S, nicht aber 500.000 S übersteigenden Schadens) schuldig erkannt.
Über den Beschwerdeführer wurde am 5. April 1999 die Untersuchungshaft aus den Gründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO verhängt und nach der am 19. April 1999 durchgeführten Haftverhandlung fortgesetzt. Der gegen beide Beschlüsse gerichteten Beschwerde des Genannten gab das Oberlandesgericht Graz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß nicht Folge, sprach aber aus, daß der Tatverdacht nur in Richtung eines 25.000 S - nicht aber 500.000 S - übersteigenden Schadens (§ 126 Abs 1 Z 7 StGB) als dringend anzusehen und lediglich der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr (Z 3 lit b) gegeben sei.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde (ON 64), der Berechtigung nicht zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Mit dem Vorbringen, bei den Beschuldigten seien nur volle Lackdosen, nicht aber solche, die bei der Tat verwendet worden waren, gefunden worden, Helmut Ch***** sei während des Fotografierens der Graffiti durch seine Kollegen im Auto sitzen geblieben, schließlich sei der Zeitraum von nach Mitternacht bis 3.00 Uhr oder 3.30 Uhr Früh für eine Tatausübung durch nur vier Täter zu kurz gewesen, versucht die Beschwerde die Dringlichkeit des Tatverdachts in Frage zu stellen. Dabei vernachlässigt sie die vom Oberlandesgericht aktengetreu dargelegten (Beschlußseite 5 ff), gegen den Beschuldigten sprechenden Umstände und vermag keine Begründungsmängel oder sich aus den Akten ergebende Bedenken (§ 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO) gegen die Annahmen des Gerichtshofs zweiter Instanz aufzuzeigen. Da der Beschuldigte erst mehrere Stunden nach der Tat betreten wurde, kommt dem Umstand, daß bei ihm keine leeren Lackdosen gefunden wurden, die bei der Tat Verwendung fanden, ebenso wenig Bedeutung zu wie jenem, daß er sich nicht am Fotografieren der besprühten Eisenbahnwaggons beteiligte. Warum vier (nach der Verdachtslage der sogenannten "Graffiti-Szene" angehörige) Personen nicht in der Lage sein sollten, die aktenkundigen Besprühungen in einem Zeitraum von mehreren Stunden vorzunehmen, vermag die Beschwerde nicht darzutun und wird damit den Begründungserfordernissen des § 3 Abs 1 GRBG nicht gerecht.
Mangels inhaltlicher Ausführungen zur - nur in einer Zwischenüberschrift (S 238/II) bemängelten - Annahme des Haftgrunds der Tatbegehungsgefahr, ist die Grundrechtsbeschwerde in diesem Umfang einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich (vgl Hager/Holzweber GRBG § 3 E 3).
Soweit die Beschwerde zur Verhältnismäßigkeit der Haft nur auf den der rechtlichen Annahme des Oberlandesgerichtes zum dringenden Tatverdacht entsprechenden Strafrahmen abstellt, übergeht sie einerseits die spezifisch einschlägige Vorverurteilung des Beschuldigten (zu einer mehrmonatigen bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe), aufgrund welcher die Prognose des Oberlandesgerichts, daß - im Fall eines Schuldspruchs - eine "empfindliche unbedingte Sanktion" (und somit auch eine Freiheitsstrafe) zu erwarten sei, denkfehlerfrei ist, andererseits die zum Entscheidungszeitpunkt erst 24-tägige Dauer der Haft.
Der Grundrechtsbeschwerde zuwider setzt sich der angefochtene Beschluß auch mit der Frage allfälliger Substituierbarkeit der Haft durch gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 StPO) eingehend auseinander (Beschlußseite 9 f) und verneint dies ohne Verstoß gegen die Grundsätze der Logik. Das nunmehrige Begehren auf Anordnung vorläufiger Bewährungshilfe vernachlässigt die zum Tatzeitpunkt aufrechte - der Verdachtslage nach erfolglose - Bestellung einer Bewährungshelferin (S 155/II) anläßlich der einschlägigen Vorverurteilung.
Soweit die Grundrechtsbeschwerde schließlich Begründungsmängel der Beschlüsse des Untersuchungsrichters behauptet, ist darauf nicht einzugehen, weil nur der angefochtene Beschluß Gegenstand der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof sein kann (Hager/Holzweber aaO E 8).
Helmut Ch***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.