JudikaturOGH

14Os9/99 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Leitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Martin Z***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Wiener Bezirk als Finanzstrafbehörde I. Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Juli 1998, GZ 1a Vr 5.878/98-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Mag. Pichl, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Dr. Reif-Breitwieser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, daß die Geldstrafe gemäß § 21 Abs 3 und Abs 4 FinStrG als Zusatzstrafe zu der mit Strafverfügung des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk vom 29. Juli 1997, StrLNr 180/97, ausgesprochenen Geldstrafe verhängt wird.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Dr. Martin Z***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien als selbständiger Rechtsanwalt vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 (bzw 1994) entsprechenden Voranmeldungen eine in unterbliebener Entrichtung gelegene Verkürzung der selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, indem er bei Unterlassung der gebotenen Umsatzsteuervoranmeldungen keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtete, und zwar

1. vom 10. März 1991 bis 10. Feber 1992 für die Monate Jänner bis Dezember 1991 um 261.591 S;

2. vom 10. März 1992 bis 10. Feber 1993 für die Monate Jänner bis Dezember 1992 um 331.991 S;

3. vom 10. März 1993 bis 10. Feber 1994 für die Monate Jänner bis Dezember 1993 um 272.498 S;

4. vom 10. März 1994 bis zum 10. Oktober 1994 für die Monate Jänner bis August 1994 sowie vom 10. Dezember 1994 bis 10.Feber 1995 für die Monate Oktober bis Dezember 1994 um 324.124 S;

5. vom 10. März 1995 bis 10. Feber 1996 für die Monate Jänner bis Dezember 1995 um 328.000 S;

6. vom 10. März 1996 bis 10. April 1996 für die Monate Jänner und Feber 1996 um 54.000 S.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der (zum Teil auch im Rahmen der Rechtsrüge nach Z 9 lit a vertretenen) Beschwerdeauffassung (Z 5) konnte das Erstgericht aus dem fortlaufenden Anfall von Abgabenrückständen während eines rund fünfjährigen Tatzeit- raumes denkrichtig nicht nur das (jeweils Deliktsvollendung nach § 33 Abs 3 lit b FinStrG begründende) Unterbleiben der jeweiligen Abgabenentrichtung, sondern auch die wissentliche Herbeiführung der entsprechenden Abgabenverkürzungen durch den Angeklagten ableiten. Diese Begründung ist auch insofern mängelfrei, als die Tatrichter die Behauptung des Angeklagten, am 15. September 1994 über ein Steuerguthaben verfügt zu haben, ohnedies in ihre Erwägungen miteinbezogen (US 7 und 8). Der damals zugunsten des Angeklagten ausgewiesene Tagessaldo zeigte jedoch mangels Berücksichtigung der erst am 23. September 1994 verbuchten deliktsbegründenden Steuerschuld im vollen Umfang (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG) keinen tatsächlichen Überschuß auf (§ 21 Abs 1 UStG in der damals geltenden Fassung; vgl S 35 ff iVm S 4/Blg./A zu ON 8), weshalb von der behaupteten Aktenwidrigkeit nicht die Rede sein kann. Die Äußerung des Zeugen Andreas N*****, "jetzt" keine kassatechnische Überprüfung vornehmen zu können (S 32), vermag den Beschwerdestandpunkt nicht zu stützen, weil sie sich auf seine im Rahmen der Hauptverhandlung limitierten Möglichkeiten bezog.

Mit der in den Entscheidungsgründen unterlaufenen unrichtigen Wiedergabe des - unter Punkt 1 des Urteilsspruches (US 3) zutreffend angeführten - Verkürzungs- betrages für das Jahr 1991 mit 262.591 S (statt richtig mit 261.591 S) zeigt der Rechsmittelwerber - wie sich aus der anschließend richtigen Anführung des gesamten strafbestimmenden Wertbetrages (1,572.204 S; vgl US 6) unzweifelhaft ergibt - bloß einen Schreibfehler, jedoch keinen formellen Begründungsmangel auf.

Auch die Rechtsrügen versagen.

Mit dem Hinweis auf das Fehlen detaillierter Konstatierungen der Zahllasten und etwaiger Überschüsse für jeden einzelnen Kalendermonat wird kein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) dargetan. Der Beschwerdeführer unterläßt zum einen jegliche Substantiierung seiner Behauptung von Überschüssen und übersieht zum andern (neuerlich) die mit der unterbliebenen Abgabenentrichtung verbundene jeweilige Deliktsvollendung (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG). Spätester Einreichungstag für eine Voranmeldung ist seit Beginn des Jahres 1994 der 15. Tag (früher der 10. Tag) des auf den Voranmeldungszeitraum folgenden übernächsten Monats. Rechtzeitig sind nur innerhalb dieses Zeitraumes erbrachte Leistungen, die aber weder vom Beschwerdeführer dargelegt wurden, noch durch die Aktenlage indiziert sind.

Soweit die Beschwerde den Vorgang kritisiert, daß die Finanzbehörde bei Ermittlung der Verkürzungsbeträge für 1995 und 1996 einen "Sicherheitszuschlag" von 10 Prozent berücksichtigte (der Sache nach Z 5), ist er auf die logisch und empirisch einwandfreie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu verweisen, wonach die diesbezüglichen Urteilsannahmen daraus abgeleitet wurden, daß der Angeklagte mehrere Gelegenheiten zur Vorlage seiner Unterlagen ungenützt ließ (US 8).

Weiters hat sich das Erstgericht in subjektiver Hinsicht nicht auf die Annahme der Wissentlichkeit des Angeklagten bezüglich der Abgabenhinterziehung beschränkt, sondern überdies ausdrücklich als erwiesen angenommen, daß der Genannte in Ansehung der ihm zur Last liegenden tatbildmäßigen Pflichtverletzungen mit Vorsatz gehandelt hat (US 9).

Mit der Rüge, wonach die ua wegen Verdunkelungsgefahr verhängte Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 3. bis 18. April 1996 den Angeklagten an der rechtzeitigen Umsatzsteuervoranmeldung und -zahlung für den unter Punkt 6 bezeichneten Zeitraum hinderte, wäre im Blick darauf, daß Dr. Z***** nicht während des gesamten Voranmeldungszeitraums in Haft war und überdies (nach den unbestrittenen Depositionen des Zeugen Andreas N*****) auch während der Haft von den Finanzbeamten besucht werden konnte (und - wenn auch möglicherweise während eines anderen Haftabschnitts - tatsächlich besucht wurde; S 31), darzutun gewesen, warum er dessen ungeachtet der in Rede stehenden Verpflichtung nicht nachkommen konnte.

Gleichfalls zu Unrecht reklamiert der Angeklagte schließlich das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes der Selbstanzeige nach § 29 FinStrG (Z 9 lit b) hinsichtlich der ihm zu Punkt 1 zur Last liegenden Abgabenverkürzung für das Jahr 1991. Mangels rechtzeitiger Voranmeldung und Erbrin- gung der betreffenden Umsatzsteuervorauszahlung wurde der angefallene Rückstand zunächst durch Bescheid vom 2. September 1993 mit dem Betrag von 308.000 S festgesetzt und in weiterer Folge aufgrund der dagegen erhobenen Berufung vom 20. Oktober 1993, die mit der bis dahin ausständigen Steuerklärung verbunden war, am 5. Novem- ber 1993 schließlich auf den antragskonformen Betrag von 261.591 S reduziert (S 2 und 3 der Blg./A zu ON 8 iVm den Unterlagen für 1991 im Einkommenssteuerakt ON 4). Die im Rechtsmittelverfahren abgegebene Umsatzsteuererklärung hat als Selbstanzeige im Sinn des § 29 FinStrG schon deshalb keine Straffreiheit zur Folge, weil der Angeklagte die dem Abs 2 leg. cit. genügende Entrichtung der aus der Abgaben- verkürzung resultierenden Beträge unterlassen hat. Die im September 1994 verspätet geleistete (und überdies keinen materiellen Überschuß herbeiführende) Zahlung von 360.000 S vermochte demnach keine strafbefreiende Wirkung zu entfalten.

Damit erweist es sich aber als bedeutungslos, daß Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs 3 FinStrG) gegen den Angeklagten erst am 14. Dezember 1995 vorgenommen worden sind.

Demzufolge war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Dr. Martin Z***** nach §§ 21, 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von 400.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei wertete es den langen Deliktszeitraum als erschwerend; mildernd berücksichtigte es hingegen die finanzbehördliche Unbescholtenheit.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen der Finanzstrafbehörde erster Instanz und der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel der Erhöhung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sowie die Berufung des Angeklagten, der die gänzliche oder teilweise bedingte Nachsicht der Geldstrafe und deren Herabsetzung anstrebt.

Allen Berufungen zuwider hat das Schöffengericht die Strafzumessungstatsachen richtig festgestellt und im Blick auf die Tatsache, daß der Angeklagte seine Tätigkeit als Rechtsanwalt - wenn auch im Zusammenhang mit einem anderen Strafverfahren - beenden mußte, eine angemessene Unrechtsfolge ausgesprochen, wobei der unmittelbare Vollzug der Geldstrafe wegen der Delinquenz über einen längeren Zeitraum spezialpräventiv erforderlich ist.

Den Berufungen war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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