13Os66/99 – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Juni 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Thumb als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexandra R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Feber 1999, GZ 24 Vr 2889/98-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, und des Verteidigers Dr. Richter zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch der Angeklagten R***** und F***** vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung, soweit er Kreditkarten betrifft, und in den Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuld- und Freisprüche enthaltenden Urteil wurden - abweichend von der Anklage - Alexandra R***** des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 15 StGB (II/1 bis 14) und Manfred F***** des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB in einem Fall (II/14) schuldig erkannt. Danach haben sie am 25. Juni 1998, R***** überdies am 16. und 17. Juni 1998 in Innsbruck mit auf unrechtmäßige Bereichung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigte von Unternehmen durch Täuschung über die berechtigte Verwendung von Kreditkarten zur Ausfolgung von Waren verleitet (II/1 bis 12) oder zu verleiten versucht (II/13 und 14), wobei zur Täuschung Kreditkartenbelege mit gefälschten Unterschriften verwendet wurden und der R***** zuzurechnende Schaden 25.000 S übersteigt. Von weiteren Betrugsvorwürfen wurde Manfred F***** ebenso gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wie beide Angeklagte vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung.
Die Staatsanwaltschaft bekämpft diese Freisprüche und die Nichtannahme der Betrugsqualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die nur zum Teil berechtigt ist.
Rechtliche Beurteilung
Eine behauptete Unvollständigkeit (Z 5) der Begründung von Feststellungen, die beim Schuldspruch II zum Unterbleiben einer Annahme gewerbsmäßiger Begehung führten (US 12), wird in der Beschwerde nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Dazu hätte es konkreter Hinweise auf Umstände bedurft, die mit Urteilserwägungen über das Fehlen gewerbsmäßiger Absicht beim Betrug unvereinbar sind und mit Stillschweigen übergangen wurden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 74). Der im Rechtsmittel geforderten "weitreichenden Begründung" steht § 270 Abs 1 Z 5 StPO ("gedrängte Darstellung") entgegen.
Die auf Anwendung des § 148 zweiter Fall StGB zielende Subsumtionsrüge (Z 10) stellt inhaltlich nur einen prozeßordnungswidrigen Angriff auf die Beweiswürdigung dar.
Den Freispruch des Manfred F***** von weiteren Betrugsvorwürfen kritisiert die Staatsanwaltschaft rechtlich (Z 9 lit a) unter Annahme urteilsfremder Sachverhaltselemente, indem eine vom Erstgericht auf der Tatsachenebene verneinte (US 12) psychische Unterstützung der unmittelbaren Täterin durch den Angeklagten zugrundegelegt wird. Damit entspricht auch diese Anfechtung nicht dem Gesetz.
Urkundenunterdrückung (§ 229 Abs 1 StGB) verlangt subjektiv einen Vorsatz auf Verhinderung des Urkundengebrauchs im Rechtsverkehr. Diesbezüglich ist dem Urteil, wie (nur) in Ansehung der Kreditkarten zutreffend gerügt wird (Z 9 lit a), nichts zu entnehmen, obwohl die konstatierte Verwendung der "gestohlenen" Kreditkarten zum Betrug (US 11) Anlaß zu Feststellungen über einen Gebrauchsverhinderungsvorsatz gab und rechtlich echte Konkurrenz des Vergehens nach § 229 Abs 1 StGB mit Betrug möglich ist (ÖJZ-LSK 1998/196). Die Aufhebung dieses einen Freispruchsfaktums (betreffend § 229 StGB) zwingt auch zur Aufhebung des Strafausspruchs, worauf die Staatsanwaltschaft mit ihrer jeweils eine Erhöhung der nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB (bei R***** mit 14 Monaten und bei F***** mit 10 Monaten) verhängten Freiheitsstrafen fordernden Berufung zu verweisen war.
Zur Entscheidung über § 229 StGB wäre zwar - worauf die Generalprokuratur verweist - das Bezirksgericht zuständig (Mayerhofer StPO4 § 288 E 48), dem aber nur eine Strafbefugnis bis zu einem Jahr zusteht (§ 9 Abs 1 Z 1 StPO). Da bei R***** überdies die Voraussetzungen des § 39 StPO vorliegen (s S 17 und 265), muß (zufolge Berufung der Staatsanwaltschaft) erneut das Schöffengericht befaßt werden (§ 13 Abs 2 Z 1 StPO).