10ObS107/99d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Brigitte Augustin (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Stattmann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stefan J*****, Pensionist, *****, Slowakische Republik, vertreten durch Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Februar 1999, GZ 7 Rs 34/99t-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Mai 1998, GZ 10 Cgs 21/98w-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 28. 8. 1997 wies die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Antrag des Klägers vom 19. 6. 1996 auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit mit der Begründung ab, daß die allgemeine Wartezeit nach § 236 ASVG nicht erfüllt sei.
Das Erstgericht wies ein mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage erhobenes Begehren des Klägers auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in gesetzlicher Höhe ab 1. 7. 1996 ab. Der Kläger sei als Musiker tätig gewesen und habe zum Stichtag 1. 7. 1996 insgesamt 70 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in Österreich erworben. Die in der deutschen Rentenversicherung ursprünglich erworbenen 29 Versicherungsmonate seien dem Kläger erstattet worden. Weitere österreichische Versicherungszeiten hätten nicht festgestellt werden können.
In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht darauf, daß mit der Slowakei kein Sozialversicherungsübereinkommen über die wechselseitige Anrechnung von Versicherungszeiten bestehe, sodaß die vom Kläger in der Slowakei erworbenen Versicherungszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Der Kläger erfülle somit nicht die allgemeine Anspruchsvoraussetzung der Wartezeit in der zum Stichtag 1. 7. 1996 geltenden Fassung des ASVG (vgl § 253d Abs 1 Z 1 iVm § 236 Abs 1 Z 2 lit b und Abs 2 Z 3 bzw § 236 Abs 4 Z 1 und 2), weil am Stichtag weder mindestens 180 Beitragsmonate oder insgesamt 300 Versicherungsmonate noch innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag mindestens 120 Versicherungsmonate vorlägen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens (mangelnde Anleitung des in erster Instanz unvertretenen Klägers) und erachtete auch die Tatsachen- und Beweisrüge des Klägers, wonach der Kläger weitere Versicherungsmonate erworben habe, als nicht berechtigt. Eine Rechtsrüge wurde vom Kläger in der Berufung nicht erhoben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. (Angebliche) Mängel erster Instanz (hier: Verletzung der Anleitungspflicht), die bereits in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht jedoch verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN; SSV-NF 7/74 mwN). Im übrigen ist noch darauf hinzuweisen, daß der Kläger auch mit den von ihm in der Berufung zusätzlich geltend gemachten Versicherungszeiten die Wartezeit für die von ihm begehrte Leistung auch nicht annähernd erfüllen würde.
Das Erstgericht hat ausgehend von den von ihm getroffenen und vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen Feststellungen über die vom Kläger in Österreich erworbenen Versicherungszeiten das Klagebegehren in rechtlicher Hinsicht mit der Begründung abgewiesen, daß der Kläger die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen der Wartezeit in der zum Stichtag 1. 7. 1996 geltenden Fassung des ASVG (vgl § 253d Abs 1 Z 1 iVm § 236 Abs 1 Z 2 lit b und Abs 2 Z 3 bzw § 236 Abs 4 Z 1 und 2) nicht erfülle, weil er weder 180 Beitragsmonate, noch insgesamt 300 Versicherungsmonate, noch innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag 120 Versicherungsmonate erworben habe. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht des Erstgerichtes wurde vom Kläger in seiner Berufung nicht in Zweifel gezogen und es hat der Kläger in seiner Berufung auch keine Rechtsrüge erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber eine in der Berufung gänzlich unterlassene Rechtsrüge in der Revision nicht nachgeholt werden (vgl 10 ObS 28/98k; 10 ObS 221/97s; SSV-NF 1/28 uva; Kodek aaO Rz 5 zu § 503). Unabhängig davon, ob somit auf die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache überhaupt inhaltlich einzugehen wäre, könnten diese Ausführungen auch schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie keine Argumente gegen die zutreffende Rechtsansicht des Erstgerichtes über die Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit für die vom Kläger begehrte Leistung gemäß § 253d Abs 1 Z 1 ASVG iVm § 236 Abs 1 Z 2 lit b und Abs 2 Z 3 bzw § 236 Abs 4 Z 1 und 2 ASVG durch den Kläger ins Treffen führen.
Der Revision muß damit ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.