JudikaturOGH

14Os128/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Leitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Reinhard F***** und Günther S***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 24. April 1998, GZ 16 Vr 281/97-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das in den Punkten I/2 und 4 (Schuldspruch des Reinhard F***** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG) unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Reinhard F***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs 2, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I/1) sowie der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I/2 und 3) und § 33 Abs 2 lit a FinStrG (I/4), Günther S***** - mit den Folgen einer Ahndung durch die Finanzstrafbehörde (§ 53 Abs 4 FinStrG) - des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 11 (zu ergänzen: dritter Fall), 35 Abs 2 FinStrG (II) schuldig erkannt und zu Geld- und Wertersatzstrafen verurteilt. Der Verfall eines für einen bei Reinhard F***** beschlagnahmten Personenkraftwagen erlegten Geldbetrages wurde ausgesprochen.

Darnach haben

I. Reinhard F***** von 1992 bis 15. Dezember 1995

1. vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von (hinsichtlich Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag nicht aufgeschlüsselten) Eingangsabgaben von 2,443.935 S bewirkt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

2. durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen, sohin unter Verletzung der Wahrheits- und Offenlegungspflicht gemäß § 119 BAO vorsätzlich bewirkt, daß Umsatzsteuern für 1992 in der Höhe von

32.500 S, für 1993 in der Höhe von 120.116,67 S und für 1994 in der Höhe von 51.773,33 S verkürzt wurden;

3. durch Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen gemäß § 11 Abs 2 NoVAG, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkt, daß die Normverbrauchsabgabe für 1992 um 19.956,14 S, für 1993 um 73.755,85 S, für 1994 um 204.695,56 S und für 1995 um 366.465 S verkürzt wurde;

4. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 1994 in der Höhe von 239.165 S, für 1995 in der Höhe von 649.814 S und für 1996 in der Höhe von 481.958 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten;

II. Günther S***** zu der "unter I/l dargestellten Tat des Reinhard F*****" dadurch beigetragen, daß er in einem "Werksliefervertrag" bestätigte, einen PKW der Marke Porsche 356 B 2000 GS Carrera 2, Baujahr 1962, im Zollwert von 14.000 US $ gekauft zu haben, während er in Wirklichkeit 1,500.000 S dafür bezahlte, wodurch Eingangsabgaben in der Höhe von 242.930 S (auf US 12 jedoch: 272.684 S) hinterzogen wurden.

Den vom Angeklagten Reinhard F***** (inhaltlich gegen die Schuldspruchfakten I/1 und 3 und die Wertersatzstrafe) aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und 11, vom Angeklagten Günther S***** (II) aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt Berechtigung zu.

Nach den Urteilsannahmen betrieb Reinhard F***** einen Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen und Ersatzteilen, wobei er sich auf "Oldtimer" spezialisierte, die er seit 1990 vorwiegend aus Amerika einführte (US 7). Den Schuldspruchfakten A/1,3 bzw II liegen derartige Importe zugrunde.

Zutreffend relevieren die Angeklagten in ihren Beschwerden einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a bzw 11) darüber, ob die eingeführten Kraftfahrzeuge Sammlungsstücke von historischem Wert waren, weil für solche Objekte kein Zoll und keine Normverbrauchsabgabe zu entrichten sind.

Rechtliche Beurteilung

Nach den Erläuterungen zu der - entgegen den bloß die 1995 verwirklichten Taten bekämpfenden Beschwerden - schon auf die früheren Einfuhren anzuwendenden Kombinierten Nomenklatur (KN) der Europäischen Gemeinschaften zur Code Nr. 9705 00 00 als Auslegungsbehelf für die Einreihung von Kraftfahrzeugen als Sammlungsstücke von geschichtlichem Wert in den Zolltarif unterfielen der Position "Zoologische, botanische, mineralogische oder anatomische Sammmlungsstücke und Sammlungen; Sammlungsstücke von geschichtlichem, archäologischem, paläontologischem, völkerkundlichem oder münzkundlichem Wert" ua auch Kraftfahrzeuge in ihrem Originalzustand ohne wesentliche Änderungen des Fahrgestells, des Steuer- oder Bremssystems, des Motors usw, die 30 Jahre oder älter sind und einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 127 vom 30. April 1996), und zwar im gesamten Tatzeitraum.

Denn schon nach § 1 Abs 3 Zolltarifgesetz 1988 war die Einreihung von Waren in den Zolltarif anläßlich der Ein-, Aus- und Durchfuhr nach der Nomenklatur des Zolltarifs vorzunehmen, die auf dem "Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Kodierung von Waren" vom 14. Juni 1983 beruht, das der Kombinierten Nomenklatur entspricht (Witte, Kommentar zum Zollkodex2 Art 20 RN 7).

Danach ergeben sich für gebrauchte Personenkraftfahrzeuge, die als Sammlerstücke mit historischem Wert zu beurteilen sind, im Vergleich zu solchen herkömmlicher Art deutlich geringere Eingangsabgaben (vgl die Tarifnummern 8703 10 00 und 9705 00 00) und - mangels Anführung der Tarifnummer 9705 00 00 in § 2 Z 2 NoVAG - auch keine Belastung mit der Normverbrauchsabgabe.

Da die Vorschreibung der Normverbrauchsabgabe zur Gänze fraglich ist, leidet das Urteil in seinem Punkt I/3 an Nichtigkeit aus dem Grunde der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

Hingegen haftet den Punkten I/l und II der Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO an, weil die Eingangsabgaben - sieht man wie vorliegend von der Unterscheidung nach den einzelnen Abgabenarten ab - nur der Höhe nach strittig sind.

Da aus den bezeichneten Gründen die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung somit nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlaß bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu verfahren (§§ 285e, 290 Abs 1 StPO), ohne daß auf die weiteren (auch die Wertersatzstrafen betreffenden) Beschwerdepunkte eingegangen werden mußte.

Im zweiten Rechtsgang wird außerdem der Tatbeitrag des Angeklagten S***** präziser zu bezeichnen sein. Nach der im Widerspruch zu den Urteilsgründen (und der Aktenlage) stehenden Spruchfassung hätte dieser Angeklagte zu allen (gewerbsmäßig verübten) Schmuggelakten des Angeklagten F***** beigetragen, indem er die Angabe eines zu geringen Zollwerts von nur 14.000 $ vereinbarte und einen damit übereinstimmenden, als "Werksliefervertrag" bezeichneten Kaufvertrag - den der Angeklagte F***** jedoch tatsächlich nicht verwendete (US 11f) - unterfertigte. Wie stets bei psychischen Tatbeiträgen wird eine strenge Prüfung der Kausalität vorzunehmen sein, bei deren Verneinung der Verdacht der - die Gerichtszuständigkeit nach § 53 Abs 4 FinStrG nicht nach sich ziehenden - Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG bliebe.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Rückverweise